Durch die Blume
– Am Waldweg steht ein Veilchen.
Ich habe mich gebückt
und es nach einem Weilchen
aus Liebe nicht gepflückt.
Ich wollte es nicht brechen.
Wo hell die Quelle fließt,
da mag es für mich sprechen,
wenn du es blühen siehst.
– Cornelius –
– da sitzt ein siebenkern
auf meiner fensterbank
und starrt mich fest
mit sieben augen an
schon gestern fragte ich
mich was so stank
es ist das nest
welches so fürchterlich
odöhrt mir widerfährt
als eins der grausamsten
dieses geschick:
es mieft
es sifft und trieft
von sattem rattensaft
sonnengekocht
wie hat er das geschafft
der kleine süße
siebenkern die zu
erwischen beinah
hätt ich ihn gemocht
– Claudia Neubacher –
(Kindergedicht)
Eine Ringelnatter ringelt
sich aus einem Busch,
eine Mäusefrau hockt blinzelnd
vor dem Busch und, husch,
ist die Natter weggeringelt,
und die Mausfrau guckt
dahin, dorthin, baumhoch guckt sie,
hat da was gezuckt?
Hat da nur ein Ast gewackelt?
Wars ein schneller Wind,
der ein Blatt zum Tanzen brachte?
Hallo, Natter, sind
Sie da oben, Sie, Frau Ringel?
Mausfrau guckt und quiekt –
Ringelnatter schlängelt leise,
Leise hin zum Wasserloch …
… Maus guckt immer noch.
– Peter Welk –
– Am Rand der Wiese hält der Boden Licht,
das jenen stand, die heimlich sich verrieben,
in Räumen, wo sich Formen kaum verschrieben,
bereit zum Wuchs, doch ohne Angesicht.
Und Träume gehen wortlos durch das Feld,
sie tauchen auf und legen sich in Kreise -
ihr Lauf verharrt in Blatt und Blüten, leise,
die etwas tragen, das sich nicht mehr stellt.
Sie dachten, welkend sei ihr letztes Streben,
doch jetzt, im Aufbruch, reißen sie sich weit:
gefranste Kelche voller Dunkelheit
und Schwärme, die im Kuss des Schlafes leben.
– seefeldmaren –
(Schüttelreime)
– Mein Kind, hör deine Mutter weise lallen:
Du sollst zum Traualtare leise wallen.
An unsern Ufern sind zum Bersten Esten,
darum erwähle nicht den Ersten Besten.
Wenn übers weite Meer die Kelten segeln,
dann gehen sie vermutlich selten kegeln.
Drum pflanze niemals eines Kelten Samen,
weil die zur Reife hier sehr selten kamen.
Ein Jüngling muss mit alten Schweden ringen,
sonst darf er keine großen Reden schwingen.
Doch kann ein Held im heilgen Lande siegen,
darf niemals rastend er im Sande liegen?
Wohl ihm, spricht er dereinst im Hünengrabe:
"Wie schön, dass ich ein Grab im Grünen habe."
Getrost ins Totenreich dann reist er. Geigen
begleiten ihn zu holder Geister Reigen.
Dann liegts an dir, das Haupt dir kahl zu scheren,
die Stube mit dem schönsten Schal zu kehren.
Verzage nicht, fehlt dir der weiche Gleiter -
denn mit dem nächsten geht das Gleiche weiter.
Wenn deine Augen trüb in Tränen schwimmen,
so kannst du dich beim Bad mit Schwänen trimmen.
Nur solltest du dich keiner Norne zeigen,
sie könnte nämlich leicht zum Zorne neigen.
Die Zeit kann freilich alle Wunden heilen,
doch darfst du nicht zu oft bei Hunden weilen.
Man kann ja nicht von allen Rüden sagen,
dass ihre Schweife stets nach Süden ragen.
– Cornelius –
– Vor ein paar Milliarden Jahren,
als wir alle jünger waren,
schlief in einer sternenklaren
Nacht ein Lurch.
Keiner ahnte – in der Szene
zogen in ihm ein paar Gene
ihre Umgestaltungspläne
knallhart durch.
Immer nur in Schlamm und Gräben,
das war nichts, es musste eben
noch ein bessres Leben geben
als ein solches.
So sind wir, in Teilaspekten,
nur die Folge von versteckten,
urzeitlichen Gendefekten
eines Molches.
– Stefan Pölt –