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Fortgegangen



Er mag nicht mehr, er mag die Nächte nicht,

des Totenvogels elendiges Wimmern,

dies Grinsen, dies verfluchte Mondgesicht

im Aug des Sees, sein bitterböses Schimmern.

 

Was will ich hier, er weint ein wenig, fegt

den unberührten Schnee mit bloßen Händen

vom Eis, die Scholle, die ihn schwankend trägt,

erbietet sich ein letztes Mal zu wenden.  

So halt doch ein! Er träumt von seinem Weib!

 

Der blinzelt, lacht, den spröden Bart voll Reif,

und formt den Mund zu winterblauem Staunen.

Ein Fischlein spricht zu ihm, ein Silberraunen

kriecht tröstend in sein Herz, in seinen Leib

und wiegt das Schilf, in dem die Dommel schreit.



 – Andrea M. Fruehauf –



 


Meins



 – Der Himmel ist mein Intimus
Das Ufer Almanach
Mein Hund ein Freund ein Zerberus
Mein Mantel Schlafgemach

Die Flasche ist mein Heizkamin
Mein Deo ist der Wind
Die Wolken sind mein Baldachin
Der treue Floh mein Kind

Das Pflaster ist mein Kanapee
Die Tonne ist mein Koch
Mein Arzt ist von der Heilsarmee
Der Frost mein stetes Joch

Heut riechts nach Zimt und heißem Wein
Und du schaust vorwurfsvoll
Nun lauf schon Jago
Lauf allein
Ich hab die Schnauze voll



Andrea M. Fruehauf





Erinnerung



 – Ein kleines Kästchen, voll mit Schmuck und Tand,
geborgen zwischen Staub und Dunkelheit,
berührt mich wie mit warmer, weicher Hand.
Verwoben von Dekaden Schläfrigkeit
entweichen Träume aus dem alten Land,
umhüllen mich in weher Köstlichkeit,
erinnern mich an Werte, an Bestand
und Weihnachtsmärchen aus der Kinderzeit.



 – Andrea M. Fruehauf –



 


Melonancholisches 



 – Leben möcht ich, statt in Sachsen, 

dort, wo die Melonen wachsen. 

Morgens gäbs schon himmelssüße 

Honigmarmelonenspieße, 

mittags Cantalouperoulade, 

nachmittags in Marinade 

eingelegte Piel de sapo, 

hinterrücks und als da capo 

küsste mich ein Nara-Hase 

galiageil auf Mund und Nase,
führ mich mit dem Obsttransporter 
in die Kneipe, um supporter,
nur mit ihm, für wenig Kohle, 
Wassereismelonenbowle 

auszuschlürfen, heimzugehen,
um mir dabei zuzusehen,
wie ich mich als reifes Weibchen, 
sozusagen Stück um Scheibchen, 

auf dem Silbertisch drapierte … 

Ach, wenn mir das einmal nur passierte! 



 – Andrea M. Fruehauf –



 


Bis dass …



 – Nur einmal noch will ich die Amsel hören 

und Regen, wie er sommers leise rauscht. 

Bringt Maienblumen, dass sie mich betören 

und blauen Wind, der mir ein Wölkchen bauscht. 


Und mag mich keines dieser Wunder halten, 

kein Schwanensang auf spiegelglatter See, 

dann soll die Brise weiße Tauben falten, 

bis dass sie innehält: Aloha ‘Oe. 



 – Andrea M. Fruehauf –



 


Luftgestricktes



Die Wiese kitzelt. Schier verzückt 

schau ich in meinen Himmel, 

dort segeln Wesen, luftgestrickt 

von rechts nach links: Ein Schimmel 


mit Lockenschwanz, ein Schaf im Bett, 

ein Gartenzwerg am Spaten,
das Matterhorn, ein Fischkotelett 
und plustrige Primaten. 


Mit einem Male ist mir so, 

als säße da ein Alter, 

der weise flüstert: «Ultimo 

bin ich Dein Leibverwalter! 


Und dann schwebst Du im Himmelsblau – 

als Sahneklecks, Libelle,
als Federboa, Meerjungfrau
und Wilhelms Karavelle!» 

Ich wache auf, der Mond ist nah. 

Er lacht, als würd er wissen:
Ein Wiesentraum strickt hie und da 
auch mal ein Wolkenkissen. 



 – Andrea M. Fruehauf –





Spätjahr



 – Nebel senkt sich Ahnung führt
Kranichformationen
Laub errötet ihm gebührt
Dies seit Jahrmillionen

Zwielicht trägt den Moderhauch
Frisch gepflügter Erde
Feuer loht nach altem Brauch
Heimwärts zieht die Herde



– Andrea M. Fruehauf –



 


Sommerregen



 – Siehst du, wie die Wolken dräuen,
scheinbar ruhn, sich nicht bewegen,
wie auf Federn Schweres tragen?
Bald schon wird ein Sommerregen
Dich und mich im Heu vertäuen.

Kannst du schon die Brise fühlen,
seltsam leicht, wie Schwalben fliegen,
wenn sie kreisend Mücken jagen?
Lass den Hut im Grase liegen
und den Wind dein Mütchen kühlen!

Komm, wir wolln einander spüren,
zeitlos, nur zur Liebe taugen,
bis wir uns nach draußen wagen,
Du mit nichts als hellen Augen,
ich im Kleid aus Perlenschnüren.



 – Andrea M. Fruehauf –