Posts mit dem Label Sonett werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Sonett werden angezeigt. Alle Posts anzeigen


Mal wieder nur 

ein Tag vorbei 



– Mal wieder nur ein Tag vorbei getan
Was man von mir erwartet schleich ich um
Mich selbst herum wie eine Katze krumm
Um eine Schale voller Lebertran


In mir schreit alles geh doch endlich fort
Such etwas das dich hoch zur Sonne hebt
Mit dir im Küssen durch den Himmel schwebt
Aus deiner Jugend kennst du noch den Ort

Da auf dem Tisch lockt Lachs auf Vollkornbrot
Gefühle kommen und vergehen schnell
Wer weiß ob Neues nicht ein neuer Tod

Nur ist und draußen wird es langsam hell
Mal wieder steht am Ende nur das Wort
Doch für ein paar Sekunden flog ich fort



– Aron Manfeld –


 


Sommerschnee



 – Rasiere mich und trinke schwarzen Tee.

Zwei Tauben kämpfen draußen um den Platz,

Genau wie wir es taten, ferner Schatz:

Am Ende war die Liebe Sommerschnee.


Die Kissen riechen immer noch nach dir,

Nach Kirschbaum, der auf Meereswiesen wächst …

In dich hineingetaucht bin ich, verhext

Von deiner kalten Wärme, schien es mir


Als sei die Welt nur für uns beide da …

Obwohl: In Wirklichkeit ist das nicht wahr!

Du warst für mich doch bloß nur zum Gebrauch!


Auch wenn mein Mund seit Tagen trocken ist …

Den Spiegel trifft mein Zigarettenrauch.

Ob du wohl wieder deinen Exmann küsst?



 – Aron Manfeld –



 


… sieben Jahre später



 – Die Stümpfe schwarz, sie gleichen Leichensteinen 

Auf einem Grabfeld in Verlassenheit.
Die Toten selbst beklagen stumm ihr Leid,
Als Spukgestalten mit verkohlten Beinen. 

Nur zögernd macht sich wieder Farbe breit. 

Die Blüten hier und dort, so will es scheinen, 

Wird irgendwann ein grüner Teppich einen. 

Die alte Weberin, sie lässt sich Zeit. 


Der neue Wald, er wird vom Wind getragen, 

Im Schoß der Asche sachte Stöße wagen, 

Bis eines Tages erste Blätter winken. 

Dann wird er sich gebären und in Kreisen 


Die unzählbaren Wunder in ihm speisen 

Und schließlich Licht in seinen Wipfeln trinken. 



 – Dirk Tilsner –




Det iss der Lebenssinn 



– Die Ilse sagt, der Victor iss nich helle, 

Die Ilse sagt, der Victor iss mein Held, 

Ick bin halt uff Jesundheit einjestellt, 

Und oben rum ham andre ooch ne Delle. 


Mir iss der Kopp nur jut zum Haarewaschen, 

Die Ilse mach ick glücklich mitm Rest, 

Ick halt mir anner juten Laune fest, 

Denn darf det Ilseken am Victor naschen 


In unsra Laube, sonntags, bis et scheppert, 

Da wird keen Firlefanz zusammjeleppert, 

Da jehts, wies jehn soll, inne Rinne rin, 


So wie det Leben ehm spielt im Sonntagstrotte, 

Und sind die Manneskräfte denn beim liebn Jotte, 

Sagt Ilseken, det iss der Lebenssinn. 



– Joe Fliederstein –



 


Neue Bahnen 



 – «Es gibt ein Vorbild, das mein Werk befeuert», 

So hör ich manchen jungen Dichter sprechen. 

«Ich will ihm folgen, statt mit ihm zu brechen. 

Wenn das gelingt, hab ich genug erneuert.» 


Um solche Dichter mach ich einen Bogen. 

Denn steht beim Schreiben nur das Alte Pate, 

Entstehen haufenweise Plagiate –
Ums Schöpferische werden wir betrogen. 

So nett Gedichte alter Meister klingen,
Sie nachzuahmen kann’s doch wohl nicht bringen – 
Das sei an dieser Stelle klar beteuert. 


Sei mutig, Dichter, und zerschlag die Formen 

Und lache Hohn den hergebrachten Normen: 

Sonette schreiben ist total bescheuert. 



 – Martin Möllerkies – 





Nordish by nature 



 – am Morgen zogen rotmelierte Streifen 

und ostwärts hob sich Sonne aus der Flut 

das Licht des Tages folgte einer kurzen Glut 

ein letztes Mal nach diesem Meer zu greifen 


den Augen bietet sich ein Möwentreiben 

als würden sie im heißen Wind der Sonne 

mit ihren Schnäbeln ungestümer Wonne 

den Tag verschiebend sich an Wolken reiben 


die Nacht changiert im Lichtermeer aus Strahlen 

und Venus folgt der Scheinbarkeit der Welt 

die langsam in der Dunkelheit zerfällt 


sie würde mit der Nacht den Mond bezahlen 

als Morgenstern sich in den Himmel malen 

die Möwen haben einen neuen Tag bestellt 



– Morphea –



 


Krimskrams 



 – Im Wesentlichen hast du, was du brauchst,
Vor allem, wenn du nicht der Jüngste bist.
Dein Hausstand wirkt komplett und trotzdem kaufst 
Du manchmal dies und das, was du vermisst. 


Ein großer Anteil Mist ist wohl dabei, 

Wie du im Lauf der Jahre registrierst. 

Dein Hab und Gut enthält halt allerlei 

Objekte, die du ständig ignorierst. 


Sie lagern teils im Schrank und teils in Kisten. 

Sporadisch räumst du auf, um das, was stört, 

Fein säuberlich und gründlich auszumisten. 


An andren Tagen suchst du ganz beflissen 

Ein Teil, das dir seit eh und je gehört,
Und findest nichts. Du hast es weggeschmissen. 



– Didi.Costaire –



 


Was bleibt 



– Was wird von mir und dieser Sehnsucht bleiben, 

Wo doch so vieles ungelesen steht?
Was nützt es, meine Seele aufzureiben, 
Wenn niemand auf die Suche nach mir geht? 


Mit Eifer hab ich um das Wort gerungen, 

Von Metrik und Kadenzen oft geplagt; 

Hab Regen, Tod und Teufel gern besungen; 

All das, was mir mein armes Herz gesagt. 


Zum Dichten ist der Mensch nun mal geboren. 

Er schreibt, er leidet, lacht und weint und trinkt. 

Und küsst ihm Καλλιόπη auf die Ohren, 

Verrät sie nicht, ob Hohn, ob Ehre winkt. 


Drum lach ich nur und lass euch Spötter schwafeln – 

Im Himmel werde ich mit Goethe tafeln. 



– Andrea M. Fruehauf 





Am Meer 



– Das letzte Haus liegt hinter uns. Dem Knick 

Der Straße folgend sind wir bald im Grünen. 

Auf krummen Pfaden geht es durch die Dünen, 

Dann weitet sich auf einmal unser Blick. 


Da liegt der Strand, gestreckt und menschenleer, 

Die See ist grau, nur in der Ferne blasser. 

Wir stapfen vorwärts, stehen jetzt am Wasser 

Und schauen auf das wildbewegte Meer. 


Da hebt sich eine Woge aus der Rinne 

Und baut sich auf und nähert sich dem Strand, 

Und brausend schwillt sie an, betäubt die Sinne 

Und steht vor uns als eine große graue Wand, 


Hält ein Momentchen inne –
Und bricht dann und schlägt donnernd auf den Sand. 



– Martin Möllerkies –



 

 


Verweht 



– Der Wind schwingt sich rauschend und schwer über Ähren, 

Legt Schneisen, den stechenden Grannen zum Hohn. 

Die schönste der Schönen zum Tanz zu begehren 

Zerzaust er Kamille und schlafenden Mohn. 


Schon trudelt er, hat sie alsbald auch gefunden, 

Verharrt eine Weile und dreht sich zum Spiel 

Um Taillen und Blättchen und reißt unumwunden 

Ihr blauendes Leuchten vom bebenden Stiel. 


Da lacht er und wirft sie in duftigem Bogen 

Ins wogende Feld. Wie von Seufzern gezogen, 

Versinkt sie, für immer verschwunden und tot. 


Vom Toben ermüdet, befiehlt er sich pustend
Ein Wölkchen zum Kissen und schnarcht ewig hustend 
Und hat jenes Seufzen schon lange verweht. 



– Andrea M. Fruehauf –