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 es frisst der teufel in der not 

auch fliegen 



– der teufel frisst ja in der not auch fliegen 

obwohl er mehr auf satansbraten steht 

doch ist der leider gottes nicht zu kriegen 

wenn seine großmutter in urlaub geht 


denn die allein weiß so das fleisch zu braten 

dass es ihr‘m enkel immer wieder schmeckt 

manch andren ist‘s misslungen und missraten 

ins fegefeuer hat er die gesteckt 


wo sie alsdann am eig‘nen leib erfahren 

was eine krosse bratenkruste ist
durchbraten lässt er sie mit haut und haaren 

ein lehrgang den nie eine/r mehr vergisst – 

und frisst derweil bloß fliegen, ausnahmsweise, 

bis seine oma heimkommt von der reise … 



– harzgebirgler –




 

Gleiche Gier für alle!



– Paul Pütter ist vom Wesen her ein Reh,

ein scheues, wie es durch Romane springt

die Bächlein lang, derweil die Lerche singt;

und manchmal hüllt Paul Pütter auch der Schnee


in Jahreszeit und Stillvergnügen ein.

So pulst Paul Pütters Leben vor sich hin.

In seinem Schädel pulsen dick und dünn

die schönen Frauen zu Gesang und Wein,


wenn nach dem Winter ihn der Narrentrieb

zu Frohsinn und Enthemmung ruft, dann platzt

in Pütters Sein ein Knoten, Irrsinn kratzt

die scheue Seele auf … (wie Goethe schrieb:


Zum Rosenmontag juckt‘s in Zahn und Finger,

es schrumpft der brave Mann zum Lustmaulschlinger.) 



– tordilo –


 


Schneewittchens

Rosenmontag



– Frau Schmidtchen geht zum Karneval als Flittchen.

Frau Schmidtchen ist ein Ausbund an Moral

normalerweise dort im Zillertal,

wo man sie kennt als Zillertalschneewittchen,


das couragiert den Zillertaler Kerlen

den Weisel gibt, wenn diese sie umgurren,

dann hört man Schmidtchens Kicherkatzenknurren:

Sie werfe vor die Säue keine Perlen,


es sei denn …! (Und es ist im Karneval,

dass im Schneewittchen seltne Säfte gären,

die rosenmontags ihm das Herz beschweren,

dann pfeift Schneewittchen hörbar auf Moral.)


Dann haut‘s Frau Schmidtchens Haltung in den Keller,

ihr schwillt ein Giergesicht plus Lustpropeller.




– tordilo –



 


Damals, im Ennigloher Dom


( Sonett )


Ich freute mich auf seine Krönungsfeier  

Der Chor, er pumpte rhythmisch Backen auf

Ließ dann den Tönen deformiert den Lauf

Auf der Empore grinsten Friedensgeier

 

Die Krone kam aus Blech und Silberdrähten

Hereingebracht von Pfarrers Haushaltsmagd

Und wie sie dann: „Hier is dat Dingen“, sagt

Hört man mich leise herzzerreißend beten

 

Kniescheiben schabten über kalte Stufen

Und Weihrauch küsste wärmend mein Gesicht

Ich fühlte Eisbefall an meinen Hufen

 

Das Krönchen strahlte frech im Sonnenlicht

Man schob ihn aus dem Dom, auf gold‘nen Kufen

Ihm war es recht, schon wegen seiner Gicht



 – Volker Teodorczyk –

 




Mal wieder nur 

ein Tag vorbei 



– Mal wieder nur ein Tag vorbei getan
Was man von mir erwartet schleich ich um
Mich selbst herum wie eine Katze krumm
Um eine Schale voller Lebertran


In mir schreit alles geh doch endlich fort
Such etwas das dich hoch zur Sonne hebt
Mit dir im Küssen durch den Himmel schwebt
Aus deiner Jugend kennst du noch den Ort

Da auf dem Tisch lockt Lachs auf Vollkornbrot
Gefühle kommen und vergehen schnell
Wer weiß ob Neues nicht ein neuer Tod

Nur ist und draußen wird es langsam hell
Mal wieder steht am Ende nur das Wort
Doch für ein paar Sekunden flog ich fort



– Aron Manfeld –


 


Sommerschnee



 – Rasiere mich und trinke schwarzen Tee.

Zwei Tauben kämpfen draußen um den Platz,

Genau wie wir es taten, ferner Schatz:

Am Ende war die Liebe Sommerschnee.


Die Kissen riechen immer noch nach dir,

Nach Kirschbaum, der auf Meereswiesen wächst …

In dich hineingetaucht bin ich, verhext

Von deiner kalten Wärme, schien es mir


Als sei die Welt nur für uns beide da …

Obwohl: In Wirklichkeit ist das nicht wahr!

Du warst für mich doch bloß nur zum Gebrauch!


Auch wenn mein Mund seit Tagen trocken ist …

Den Spiegel trifft mein Zigarettenrauch.

Ob du wohl wieder deinen Exmann küsst?



 – Aron Manfeld –



 


… sieben Jahre später



 – Die Stümpfe schwarz, sie gleichen Leichensteinen 

Auf einem Grabfeld in Verlassenheit.
Die Toten selbst beklagen stumm ihr Leid,
Als Spukgestalten mit verkohlten Beinen. 

Nur zögernd macht sich wieder Farbe breit. 

Die Blüten hier und dort, so will es scheinen, 

Wird irgendwann ein grüner Teppich einen. 

Die alte Weberin, sie lässt sich Zeit. 


Der neue Wald, er wird vom Wind getragen, 

Im Schoß der Asche sachte Stöße wagen, 

Bis eines Tages erste Blätter winken. 

Dann wird er sich gebären und in Kreisen 


Die unzählbaren Wunder in ihm speisen 

Und schließlich Licht in seinen Wipfeln trinken. 



 – Dirk Tilsner –




Det iss der Lebenssinn 



– Die Ilse sagt, der Victor iss nich helle, 

Die Ilse sagt, der Victor iss mein Held, 

Ick bin halt uff Jesundheit einjestellt, 

Und oben rum ham andre ooch ne Delle. 


Mir iss der Kopp nur jut zum Haarewaschen, 

Die Ilse mach ick glücklich mitm Rest, 

Ick halt mir anner juten Laune fest, 

Denn darf det Ilseken am Victor naschen 


In unsra Laube, sonntags, bis et scheppert, 

Da wird keen Firlefanz zusammjeleppert, 

Da jehts, wies jehn soll, inne Rinne rin, 


So wie det Leben ehm spielt im Sonntagstrotte, 

Und sind die Manneskräfte denn beim liebn Jotte, 

Sagt Ilseken, det iss der Lebenssinn. 



– Joe Fliederstein –



 


Neue Bahnen 



 – «Es gibt ein Vorbild, das mein Werk befeuert», 

So hör ich manchen jungen Dichter sprechen. 

«Ich will ihm folgen, statt mit ihm zu brechen. 

Wenn das gelingt, hab ich genug erneuert.» 


Um solche Dichter mach ich einen Bogen. 

Denn steht beim Schreiben nur das Alte Pate, 

Entstehen haufenweise Plagiate –
Ums Schöpferische werden wir betrogen. 

So nett Gedichte alter Meister klingen,
Sie nachzuahmen kann’s doch wohl nicht bringen – 
Das sei an dieser Stelle klar beteuert. 


Sei mutig, Dichter, und zerschlag die Formen 

Und lache Hohn den hergebrachten Normen: 

Sonette schreiben ist total bescheuert. 



 – Martin Möllerkies – 





Nordish by nature 



 – am Morgen zogen rotmelierte Streifen 

und ostwärts hob sich Sonne aus der Flut 

das Licht des Tages folgte einer kurzen Glut 

ein letztes Mal nach diesem Meer zu greifen 


den Augen bietet sich ein Möwentreiben 

als würden sie im heißen Wind der Sonne 

mit ihren Schnäbeln ungestümer Wonne 

den Tag verschiebend sich an Wolken reiben 


die Nacht changiert im Lichtermeer aus Strahlen 

und Venus folgt der Scheinbarkeit der Welt 

die langsam in der Dunkelheit zerfällt 


sie würde mit der Nacht den Mond bezahlen 

als Morgenstern sich in den Himmel malen 

die Möwen haben einen neuen Tag bestellt 



– Morphea –