Zum Abschied
– Sie beugte sich am Bahnsteig vor
Und flüsterte ihm was ins Ohr;
Kein Liebesgruß, sie hauchte nur:
«Denk morgen an die Müllabfuhr!»
– Stefan Pölt –
– Es sind so viele Wissenslücken,
Mehr Löcher als solider Grund,
Nur Bruch in kleinen Einzelstücken
Und ab und zu ein Zufallsfund.
Ich kenne weder Ibsens Dramen,
Noch den Geburtsort von Monet
Und auch die vierzehn, fünfzehn Namen
Der Jünger Jesu sind passé.
Mir sagen Nibelungenstrophen
So wenig wie Excalibur,
Auch passe ich bei Philosophen,
Mal abgesehn von Dieter Nuhr.
Selbst Daten kann ich mir nicht merken,
Nicht mal die Gründung der Türkei,
Von Schillers oder Goethes Werken
Ist mir nur eins präsent: Der Schrei.
So bleibe ich wohl wissenslücklich
Und lebe dennoch voll Genuss,
Bin ungebildet, aber glücklich,
Dass man nicht alles wissen muss.
– Stefan Pölt –
– Beim Genuss des Biergebräus
konnte er sich nicht enthalten
und so träumte Vater Zeus
bald von seltsamsten Gestalten.
Vom Zyklopen, der sich preist:
»Räumlich sehe ich recht wenig,
aber, wie es so schön heißt,
unter Blinden bin ich König!«
Auch vom Vogel, der verbrennt
und wie Phoenix aus der Asche
neu ersteigt, was Jesus kennt:
Wiederauferstehungsmasche.
Und von Pegasos, dem Ross,
das geflügelt wie die Worte
mancher Dichter gleich im Tross
aufwärts strebt zur Himmelspforte.
Vater Zeus schlief tief, obgleich
Ungeheuer Feuer sprühten
und aus seinem Schlummerreich
ihn zu wecken sich bemythen.
– Stefan Pölt –
– Im Urlaub fuhr Familie P.
nach Norden mit dem Pkw
und lebte dann in Dänemark
am See im Holzhaus recht autark.
Sie aßen täglich gut und frisch
aus eignem Fang gegrillten Fisch
und außer Störungen durch Mücken
schien die Erholung gut zu glücken.
Am Urlaubsende nach drei Wochen
sind sie zur Heimfahrt aufgebrochen
und endlich nach sehr vielen Staus
erreichen sie das eigne Haus.
Es schmerzt nach langer Fahrt der Nacken,
doch gilt es, Koffer auszupacken
und jede Menge Tragetaschen
verschmutzter Wäsche wegzuwaschen.
«Oh Gott!», ein spitzer Schrei der Mutter.
Die Blumen sind jetzt Trockenfutter,
dafür ist das Parkett gegossen –
ein Fenster war nicht gut verschlossen.
Beim Abarbeiten ihrer Post
bekommen sie fast Schüttelfrost.
Nur Rechnungen sind in den Briefen
und die Erhöhung von Tarifen.
Sie fühlen sich sofort gestresst,
ein Mäusenest besorgt den Rest.
Im Nacken immer noch ganz steif
sind sie schon wieder urlaubsreif.
– Stefan Pölt –
Der Caspar und der Melchior
erreichten Bethlehem noch vor
dem Balthasar, der hatte Blasen
und konnte deshalb nicht so rasen.
Ein vierter wollt nicht huldigen
und ließ sich drum entschuldigen,
doch fehlte den drei Königen
der Wille zu beschönigen.
Sie beichteten im hellen Schein,
es fehle noch der Edelstein
von Phlegmar, denn so hieß der vierte
in Quellen nicht so oft zitierte.
– Stefan Pölt –
– Vor einiger Zeit in 'ner fürchterlich kalten
Dezembernacht eilen drei finstre Gestalten
durchs Land, denn sie müssen bei eisigen Winden
noch schnell einen schützenden Unterschlupf finden.
Der erste, ein Goldiger, zeigt in die Ferne,
dem Weingeist nicht abgeneigt sieht er schon Sterne.
Der zweite, mit ihm in die Wolle geraten,
beweihräuchert sich an den eigenen Taten.
Der Dritte im Bunde, ein mürrischer Alter,
zitiert ständig irgend 'nen Vers aus dem Psalter.
So stapfen sie schimpfend, das Blut schwer in Wallung,
und finden im Schneetreiben endlich 'ne Stallung.
Sie öffnen das Tor, doch da steht schon Gesindel
im Stroh um ein winziges Kindl mit Windel.
Laut fluchen die drei, von dem Anblick vergrätzt:
»O Jessas, Maria und Josef! – Besetzt!«
– Stefan Pölt –
– König Nafets aus Ägypten,
um genau zu sein Gizeh,
suchte lange nach Gelübden
seiner Vorfahrn an Gott Re.
Er und seine Suchtrupps fanden
schließlich Schriften nah der Sphinx.
Nafets hat sie nicht verstanden,
denn er las von rechts nach links.
nehpylgoreiH eid re ßeil murD .
nefürp netrhelegtfirhcS ned nov
– Stefan Pölt –