Überfordert
Während andere am Morgen
für drei kleine Kinder sorgen
und dann sieben Runden joggen,
suche ich zwei gleiche Socken.
– Stefan Pölt –
– Vor ein paar Milliarden Jahren,
als wir alle jünger waren,
schlief in einer sternenklaren
Nacht ein Lurch.
Keiner ahnte – in der Szene
zogen in ihm ein paar Gene
ihre Umgestaltungspläne
knallhart durch.
Immer nur in Schlamm und Gräben,
das war nichts, es musste eben
noch ein bessres Leben geben
als ein solches.
So sind wir, in Teilaspekten,
nur die Folge von versteckten,
urzeitlichen Gendefekten
eines Molches.
– Stefan Pölt –
– Welch Hink hat diesen Most verfasst?
Ein Text, der voller Strehler fotzt,
in dem kein Ort zum wandern passt,
dem Geist im Truff wohl abgesotzt.
Wer schrieb nur dieses Patschquamphlet
im Spiele eines Stottgedichts?
Komplett verdrechselt und verweht –
hier stimmt ja hirn und vonten nichts!
– Stefan Pölt –
– Vor dem Küstenstrich Mallorcas
herrschte Panik, als zwei Orcas
sich den Badegästen zeigten.
Meeresforscher aber neigten
bei dem Anblick mehr zu Thesen
von der Sanftmut dieser Wesen.
Zum Beweis mit Foto ließen
sie sich tauchend zu den Riesen
auf den Meeresgrund hinunter.
Freundlich winkend, froh und munter
wurden Ozeanologen
in den Schlund hineingezogen.
– Stefan Pölt –
– Es sind so viele Wissenslücken,
Mehr Löcher als solider Grund,
Nur Bruch in kleinen Einzelstücken
Und ab und zu ein Zufallsfund.
Ich kenne weder Ibsens Dramen,
Noch den Geburtsort von Monet
Und auch die vierzehn, fünfzehn Namen
Der Jünger Jesu sind passé.
Mir sagen Nibelungenstrophen
So wenig wie Excalibur,
Auch passe ich bei Philosophen,
Mal abgesehn von Dieter Nuhr.
Selbst Daten kann ich mir nicht merken,
Nicht mal die Gründung der Türkei,
Von Schillers oder Goethes Werken
Ist mir nur eins präsent: Der Schrei.
So bleibe ich wohl wissenslücklich
Und lebe dennoch voll Genuss,
Bin ungebildet, aber glücklich,
Dass man nicht alles wissen muss.
– Stefan Pölt –
– Beim Genuss des Biergebräus
konnte er sich nicht enthalten
und so träumte Vater Zeus
bald von seltsamsten Gestalten.
Vom Zyklopen, der sich preist:
»Räumlich sehe ich recht wenig,
aber, wie es so schön heißt,
unter Blinden bin ich König!«
Auch vom Vogel, der verbrennt
und wie Phoenix aus der Asche
neu ersteigt, was Jesus kennt:
Wiederauferstehungsmasche.
Und von Pegasos, dem Ross,
das geflügelt wie die Worte
mancher Dichter gleich im Tross
aufwärts strebt zur Himmelspforte.
Vater Zeus schlief tief, obgleich
Ungeheuer Feuer sprühten
und aus seinem Schlummerreich
ihn zu wecken sich bemythen.
– Stefan Pölt –
– Im Urlaub fuhr Familie P.
nach Norden mit dem Pkw
und lebte dann in Dänemark
am See im Holzhaus recht autark.
Sie aßen täglich gut und frisch
aus eignem Fang gegrillten Fisch
und außer Störungen durch Mücken
schien die Erholung gut zu glücken.
Am Urlaubsende nach drei Wochen
sind sie zur Heimfahrt aufgebrochen
und endlich nach sehr vielen Staus
erreichen sie das eigne Haus.
Es schmerzt nach langer Fahrt der Nacken,
doch gilt es, Koffer auszupacken
und jede Menge Tragetaschen
verschmutzter Wäsche wegzuwaschen.
«Oh Gott!», ein spitzer Schrei der Mutter.
Die Blumen sind jetzt Trockenfutter,
dafür ist das Parkett gegossen –
ein Fenster war nicht gut verschlossen.
Beim Abarbeiten ihrer Post
bekommen sie fast Schüttelfrost.
Nur Rechnungen sind in den Briefen
und die Erhöhung von Tarifen.
Sie fühlen sich sofort gestresst,
ein Mäusenest besorgt den Rest.
Im Nacken immer noch ganz steif
sind sie schon wieder urlaubsreif.
– Stefan Pölt –