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Mai 09, 2025



windweg nachhaus



 – Wind weht

ein paar Strähnen

aus meinem Lächeln –

wie Fingerspitzen

Harfe spielen.


Die Straße atmet flach,

die Laternen noch zu müde

für Licht.

Ich denke mir Schritte

wie kleine Versprechen,

die ich niemandem schulde.


Ein Auto rollt vorbei,

trägt ein Lied auf seiner Stoßstange

und einen Streit auf dem Rücksitz.

Ich nehme nur die Melodie mit.

Sie passt zu mir

wie ein Schatten,

der mich freiwillig begleitet.


Zuhause liegt

noch das halbe Gedicht

auf dem Küchenstuhl,

und der andere Teil

läuft barfuß durch den Hof

und lässt sich

sonnig vergessen.


Ich bin

nicht angekommen.

Bin nur hier.



 – Max von der Heydt –



Mai 07, 2025



 Bushaltestelle



 – Die Tropfen treffen das Plexiglas,

klingeln wie Münzen auf leerem Boden,

schlagen Takte,

die niemand zählt,

außer vielleicht der Wind,

der zwischen den Häusern die Zeit verliert.


Die Straße glänzt,

nicht schön,

nicht sauber,

nur: nass und ehrlich,

mit Pfützen, die wie zu große Augen blicken,

stumm,

offen,

müde.


Ich sitze auf der Bank,

das Holz unter mir gibt nach,

aufgesogen vom Regen,

nicht mehr hart,

nur noch schwer.


Meine Jacke klebt an den Ellenbogen,

meine Beine angewinkelt,

Schuhe aufgesogen vom Wasser,

die Socken ein nasser Film an der Haut,

und ich atme durch den Kragen,

weil die Luft da wärmer ist.


Die Welt riecht nach nassem Teer,

nach Rost in den Dachrinnen,

nach zerquetschtem Laub,

nach feuchter Haut und

den fernen Essensgerüchen

einer Küche,

die ich nie betreten werde.


Lichter von Autos in der Ferne —

nicht hell, nicht schnell,

nur verschwommene Blasen aus Gelb und Rot,

zerlaufend wie alte Träume.


Keine Autos kommen hier vorbei.

Kein Mensch.

Nur das Summen der Laterne,

dieses matte, sirrende Klingen,

als hätte auch das Licht vergessen, wofür es brennt.


Der Regen kitzelt die Haut durch die Stoffschichten,

sickert zwischen die Fasern,

zieht Linien über den Rücken

und malt Muster,

die niemand sieht.


Meine Hände in Taschen,

zu klein für Kälte,

zu leer für Träume.


Und irgendwo dazwischen –

zwischen Tropfen und Dunkel,

zwischen dem feuchten Herzschlag des Bodens

und dem müden Puls in meinem Hals –

ist ein Frieden,

so still,

dass selbst die Traurigkeit

leiser atmet.


Kein Moment für Helden.

Kein Film wird ihn je drehen.

Kein Lied wird ihn je summen.


Aber ich sitze hier,

inmitten von nichts,

inmitten von allem,

im Herzschlag der Nacht.


Und glaube:

Vielleicht reicht das.

Vielleicht reicht genau das.



 – Max von der Heydt –