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August 08, 2025

 


OP überstanden – 

Patient am Leben


– hören >>>


 – Ich danke schön. Die guten Wünsche salben

Das reparierte Herz. Es pumpt schon wieder fast

Wie einst im Mai. Der Blick zieht mit den Schwalben

Irgendwohin ins Blaue, ja, der ganze Kerl

Streckt sich schon wieder, und die Sinne kleben

Am neuen Leben.

 

Was, bitte, fang ich mit dem neuen Leben an?

Bin ich noch ganz der Alte? Ist die Welt noch rund?

Mir fehlen immerhin fast dreizehn Pfund,

An mir ist sozusagen kaum noch etwas dran.

 

Ich geh mit kleinen Schritten durch die Welt.

Die großen Schritte muss ich mir verkneifen;

Solang die Lungen noch Proteste pfeifen,

Bin ich auf halbe Schlagzahl eingestellt.

Ich geh mit kleinen Schritten hin zu einem Hund

Und setz mich neben ihn.

Der Hund ist bunt

In einen Strickpullover eingezwängt,

Die Sonne sengt, der Hund verschenkt

Ein Nasenstubsen, und er denkt.


Es denkt der Hund: Der Mensch da neben mir

Ist insofern ein sorgenfreies Tier,

Als er pullovermäßig in der Mittagshitze,

In der ich schwitzend ihm zur Seite sitze,

Sich das Gestrickte runterreißen könnte

Und in den nächsten Gulli schmeißen könnte.

Ich kann das nicht, ich bin gestraft,

Als Hund und höheres Geschöpf versklavt.

 

Das denkt der Hund. – Ich denke an die Jahre,

Die ich noch habe, nämlich fünfzehn garantiert.

Und plötzlich seh ich mich zerfallen,

Ich seh mich nach dem Leben krallen,

Ich seh mich strickpullovermäßg etabliert

Im Zimmer bei den Alten, und die Haare,

Die ich noch zählen kann, die fliegen auf

Im Abendwind zum Himmel rauf,

Ich ende schließlich irgendwie versklavt

am Fenster hockend

Und wütend gegen alles Lebensschöne bockend.


Da spricht der Hund: «Hör einfach auf zu denken,

Du könntest mir ein Eis mit Sahne schenken!»



 – Peter Welk –



August 02, 2025

 


Nach der OP


– hören >>>



 – Da bin ich doch tatsächlich auferstanden!

Im Ernst, ich hab nicht wirklich dran geglaubt.

Noch steh ich schief und bin nur als Entwurf vorhanden,

Doch hat man meine Teile so verschraubt,

Dass irgendeine Art von Mensch zum schönen Schluss

Aus dem Verschraubten werden muss.

 

Ich war ganz nah am himmlischen Geschehen,

Sie haben sich da oben sehr bemüht,

Sie ließen mich durch Schokoladenwälder gehen,

Die Engel waren auf Verlangen nackt zu sehen,

Mein totgeglaubter Kaktus hat geblüht,

Rundum in allem und um alles ruhte

Das Gute.

 

Sie brachten einen Spiegel, und ich sah mich:

Was war ich doch für eine Lichtgestalt!

Das Gute hatte sich mir in den Blick gekrallt,

Ein Herz aus Gold war mir nun um die Brust geschnallt,

Sie führten mich zu einem Tümpel, und ich hüpfte

Ins Wasser, und ein Wasserengel schlüpfte

Mir zwischen Beinen, Armen und ich weiß nicht was

Hindurch, der rief und lächelte,

Indem er Wasser fächelte:

Die Finger, Alter, lass von Raum und Zeit,

Auf gehts in die Unendlichkeit!

Nee! 


Wollt ich nicht!

Mir stand nach Endlichem der Sinn.

Zurück ins Endliche – das wars, worauf ich spitzte.

Ich schob dem Wasserengel eine Welle hin,

Auf dass er irritiert ins Weite flitzte.

Ich hörte die Doktoren Worte wägen,

Und mir ihr Monogramm ins Brustbein sägen …

Dann bin ich aufgewacht

Und hab gedacht:

Da ist noch eine letzte Runde drin!

Ich hob das Kinn

Und hör die Schwester sagen: «Menschenskind,

Schön, dass Sie wieder unten angekommen sind!»



– Peter Welk –



Juli 17, 2025



Möppelbömm





 – Entschuldigung, ich heiße Möppelbömm.

Sie heißen, wetten?, nicht so. Mein Problem

Ist gar nicht mal mein Name, vielmehr wohne

Ich armes Schwein in häuslichem Verbund

Zusammen mit Pauline, einem Hund,

Ich wohne lärmgestört und unbequem.


Sie sehens selbst: Es treibt mich auf die Treppe,

Wenn sich die Bestie in der Luft zerreißt,

Sie kläfft mich an, als hätt ich ihr ins Fressen

Was weiß ich, Rattengift gemischt,

Hätt ihr eins übern Latz gewischt,

Ein böser Geist hat mich mit der verschweißt.


Ich heiße Möppelbömm, und von Natur

Bin ich ein ausgesprochen stilles Tier,

In meinen Augen spiegelt sich die Ruhe,

Ich dämmre gern im Schatten einer Truhe,

Mir ist die Sanftmut um den Bart geförkelt,

Ich halt den Schwanz in Eleganz geschnörkelt,

Doch wenn die Bestie naht, jawoll, vajess ick mir!



 – Peter Welk –



Juli 12, 2025



Aufschwung




 – Fliederstein beschließt an einem kalten

Samstagabend, sich in seinen alten     

Brockhaus, zwanzigbändig, einzublättern,

Aus Alltäglichkeiten fortzuklettern,

 

Zu vergessen, dass er an Migräne leidet,

Dass der Nachbar ihm den Goldfisch neidet,

Um sich am Geschriebnen hochzuhangeln,

Dorthin, wo die Genien tingeltangeln.

 

Und er blättert heftig sich hinein in Einsteins

Blau umwölktes Traumgespinst des Einsseins

Mit den Dingen, welche hinter allen Dingen

Sich zum Kosmischen zusammenzwingen.

 

Auch von Cäsar, der am Limes schlendert,

Welten durchzählt und die Augen rändert,

Lässt der Blätternde sich gern umgaukeln

Und in fernere Gefilde schaukeln.

 

Als aus Samstagabend – Nacht geworden,     

Trifft sich Fliederstein mit Hunnenhorden,

Baut gedanklich eine Zeitentreppe,

Rückwärts führend via Hunnensteppe,

 

Und dort lässt er sich, umringt von allen

Hunnen, auf den Steppenboden fallen,

Ganz und gar erschöpft vom Weltenwenden

Und beschließt, als Hunnengott zu enden.



 – Peter Welk –



Juli 01, 2025



Vor der OP




 – Schon morgen lieg ich unterm Messer.

Vorangemeldet himmelhoch.

In vierzehn Tagen, weiß der Teufel, gehts mir besser,

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Vielleicht

Werd ich wie weggeweht einfach verschwinden

Über den Winden.

 

Als Mensch war ich gelegentlich ein Knüller,

So immerhin sah ich mich selbst.

Ich seh den Teufel mit gezücktem Füller,

Er schreibt mich in sein Ofenbüchlein ein –

In vierzehn Tagen

könnt ich durch die Ofentür geschoben sein.

 Lebt erst mal wohl, ihr Glücklichen hier unten,

Ich hab den Sommer hinter mir.

Er zählte ohnehin nicht zu den bunten,

Die letzten grauen Tage gönn ich euch.

Und schreibt die Zeitung vom Chirurgenstreich

In einem gut geführten Hospital,

Dann, bitte, denkt an mich, dann war ich mal.

Dann, bitte, möcht ich nicht, dass irgendwo ein Stein

Mit eingekratztem Datum steht, der kostet nur.

Auch nicht ein Kreuz aus schlichtem Holz

vom Sonderangebot.

Besuche nicht erwünscht! – Ich lass euch eine Spur,

Versprochen. Irgendwie bin ich dann tot

Und abgedriftet hinters Abendrot.


Und manchmal morgens, wenn die Brötchen duften,

Wenn schon die Leute

in Gedanken um die Wette schuften,

Dann guck ich in den Tag und guck auf euch.

Vielleicht als Kröte

Mit Lust auf nichts als bisschen Morgenröte.



 – Peter Welk –