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August 30, 2025

 


Der Maler



 – Der gleiche Strand, die gleiche Stelle,

ein Pinsel taucht in Meeresblau,

erfasst den Schwung der nächsten Welle,

das Licht ist gut, die Luft ist lau.


Ein leeres Blatt, die gleiche Stelle,

im klaren Wintersonnenlicht

verändert sich nun jede Welle

und somit auch des Malers Sicht.



 – Heike –


August 15, 2025



Fremde in der Nacht



 – Gelb verrußt sind die Laternen,

und ihr Schein reicht bis zum Riss,

straßenblind und ungewiss

suchen Schatten nach den Sternen.


Jeder Horizont taucht unter

in ein unbekanntes Land,

Fremde reichen sich die Hand

über Straßen und darunter.


Jemand sucht die letzte Liebe

auf dem Weg zur Mitternacht,

überm alten Bahnhofsschacht,

wie im lauten Weltgeschiebe.


Grau gekachelt sind die Wände,

marmorlos und bilderblind.

Menschen suchen, wie sie sind,

einfach ein paar warme Hände.



 – Heike –



Juli 27, 2025




Der Dirigent des Schlafes



 – Es klingt Musik, wie ein Zerreißen

zum atonalen Klang der Welten,

wenn Geigensaiten reißen, spleißen

und Trommeln hämmern, schelten

fast wie bei einer Schlacht.


Leg nun die Hast auf eine Wiese

und fühle Beben und das Weiche,

im Moos zu einer frischen Brise,

Musikmagie der Himmelsreiche

ist in dir eine Pracht.


Und das Orchester sucht nach Noten –

der Dirigent wirkt fast verlegen,

er will noch um sein Schicksal loten

und ahnt den Schlaf, was für ein Segen

alleine mit der Macht.


Nun legt er seinen Taktstock nieder

und sieht die Notenblätter fliegen,

noch rebellieren Sänger Lieder,

ein Xylophon zerbricht, bleibt liegen,

dann schläft der Maestro sacht.



 – Heike –




👉  Eine kurze Interpretation des Gedichts von  – sufnus –


Du hast mich mit diesem prachtvollen Gedicht ja schon längst gewonnen.

Ein bisschen lasse ich die Zeilen aber noch in mir schwingen, bevor ich mich weitergehend äußere. Es gibt da noch ein paar Spannungslinien, bei denen ich noch nicht genau weiß, ob ich die ganz besonders mag und daher unter Bewunderungsschutz stellen möchte oder doch lieber noch etwas «entspannt» sehen wollen würden könnte.

Manchmal braucht das Lesen eines Gedichts so viel Zeit wie das Schreiben. Und das ist eigentlich immer ein sehr gutes Zeichen für das betroffene Werk. 


– sufnus –



Juli 14, 2025



Der Himmel 

ist noch unbeschrieben



Der Himmel ist noch unbeschrieben

im nächsten Morgen zukunftsleicht

und heute ist sie hiergeblieben,

der Tag verneigt sich, Ziel erreicht.


Die Menschen sind so unvollkommen

am Abend, der sich nicht erklärt

ein Tag durch Wimpern und verschwommen

die Nacht beginnend und bewährt.


Im Dunkel hat der Himmel Frieden

und draußen wird nun langsam klar:

Wie reduziert und abgeschieden

ist auf der Welt die Menschenschar.


Der Morgen wird erneut begonnen,

als Mensch der viele Farben mag -

die Wissbegier hat nun gewonnen

für den Moment und jeden Tag.



 – Heike –




Eine Interpretation des Gedichts von – sufnus –


«Warum ist das Gedicht schön? – Ich weiß es nicht.

Warum finden wir manche Erscheinungen dieser unvollkommenen Welt schön, und warum finden wir dabei ganz unterschiedliche Dinge schön oder unterscheiden uns untereinander im Schön- oder Nichtschönfinden der gleichen Dinge? (Ich finde Schnirkelschnecken schön. Das fängt schon mit dem wunderbaren Namen an. Wir brauchen unbedingt Schnirkelschneckengedichte! Doch andere mögen das ganz anders sehen.)

Ich kann aber wenigstens eine Stelle benennen, an der ich beim Lesen gedacht habe «Wie schön!» – und mit dem Aufrufen dieser Stelle kommt gleich das nächste Fragezeichen daher: Mein Schönempfinden wurde nämlich von der ersten Zeile der zweiten Strophe wachgekitzelt und das ist doch ein gar wunderlicher Befund, denn eigentlich liefert diese Zeile in gewisser Weise bloß einen ziemlichen Allgemeinplatz ab. So ganz kann ich mir meine Lesefreude an dieser Stelle auch noch nicht erklären, aber ich glaube, es hängt mit den Zeilen davor und danach zusammen.

Zunächst ist nämlich, so allgemeinplätzlich die Rekognsozierung menschlicher Unvollkommenheit sein mag, ist dieses Statement in dem konkreten Gedicht ein sehr clever gesetzter «Themenwechsel» im Vergleich zu dem zu gleichen Teilen ernsten wie vorsichtig-optimistischen Ton der ersten Strophe. Außerdem ist der Satz ja durch den Zeilenwechsel nur unterbrochen aber nicht beendet worden: Die Menschen sind ja nicht im ganz Grundsätzlichen unvollkommen, sondern sie sind es im Zusammenhang mit (nächste Zeile) einem «Abend, der sich nicht erklärt» und – kann das Zufall sein?! – ab dieser Zeile verweigert sich das Gedicht auf so sanfte wie nachdrückliche Weise einer völligen sprachlichen Durchschaubarkeit. Schon unter einem nicht «selbsterklärenden» Abend kann man sich nicht so recht etwas vorstellen, und in den Zeilen 3 und 4 der zweiten Strophe löst sich auch die Grammatik beinahe auf – mit höchster Not kann man sich hier noch durchfinden, aber die Satzbezüge sind hier, nicht zuletzt durch den Wegfall einer Zeichensetzung, geradezu «verschwommen» wie durch «Wimpern betrachtet». Das ist in seiner Gesamtheit schon sehr spannend – aber damit käme ich eigentlich eher zu dem obigen Zweitpunkt der Interessanz. Ich denke, den habe ich hiermit tatsächlich schonmal vertiefend angetippt. Bei der Schönheitsfrage erklärt sich der Kommentator für weitgehend gescheitert. 


ps: Zu dem «Interessant-Punkt» nur noch ganz kurz nachgetragen: Da springt ja eigentlich das Ausrufezeichen schon in der ersten Strophe senkrecht in die Höhe, weil listigerweise offengelassen wird, wer mit dem «sie» in der dritten Zeile gemeint ist und was das «hiergeblieben» meinen könnte. Bei letztgenanntem Stichwort weht mich sogar kurz die Frage an, ob hier ganz existentiell das «am Leben bleiben» gemeint ist, und dann bekommt der Text plötzlich ein Erschütterungspotential, das hinter den formal so kundig gefügten Zeilen leicht verborgen bleiben könnte. Es bleibt dann auch letztlich ein uneindeutiger Fall. Offen für viele Auslegungen. Kein Wunder, dass ich mich so freue.»


– sufnus –


Juli 06, 2025

 


Im Wind



 – Du kannst nicht vor dir selber fliehen

und nimmst dich mit auf fernen Wegen,

wie Wolken übers Wasser ziehen,

mal weiß und manchmal voller Regen.


Die Luft ist voll von ihrem Knistern,

sie türmt sich bis zum Wolkenbauschen,

du hörst die Wellen leise wispern,

bist frei und möchtest niemals tauschen.


Und auf den Meeren fliegen Schiffe,

sie ziehen mit dir in die Weite,

umfahren Lande, steile Riffe.


Du suchst nach deiner andren Seite,

erlebst die Schönheit, hörst das Klagen -

auf das dich viele Morgen tragen!



 – Heike –



Juni 21, 2025

 


Füchse und das Licht



 – Taschenlampen leuchten in den Nächten,

Tritte flüstern auf den weichen Wegen,

Träume ziehen lautlos und verwegen

über Blätter nach den dunklen Mächten.


Füchse schleichen schlau durch alte Wälder.

Wer kann gelbe Lichterkegel fangen

und auf Pfaden an das Ziel gelangen

über Flüsse, Wiesen, Steine, Felder?


Bei der fernen Lampe wohnt ein Leben,

und es wandern Füchse in den Träumen,

die Geschichten in ihr Flackern weben.


Alte Orte wirken so verschlafen -

längst vergessen, nah den alten Bäumen

ahnen wir, wo wir uns damals trafen.



– Heike –