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August 21, 2025



Schwarzes Gold



 – Hier steh ich auf dem Rathausflur.

Von Menschenleben keine Spur.

Mich grüßt, spendiert von Vater Staat,

ein Heißgetränkeautomat.


Die Lippen sind schon angefeuchtet,

als dunkelgrün das Display leuchtet:

«Befolge meine Instruktionen,

dann wird dich Göttertrank belohnen!


Schritt Eins: Performance-Modus wählen.»

Nun muss ich meine Nerven stählen.

Ich kratze mich am Hinterkopf

und drücke wahllos einen Knopf.


Es gurgelt in den Eingeweiden

des Apparats. Er meint bescheiden:

«Zuvorderst müssen Euer Ehren

den Kaffeesatzbehälter leeren.»


Gesagt, getan. Die Bahn ist frei,

so will ich hoffen, für Schritt Zwei?

Im Leuchtfeld wächst ein Ladebalken,

dann blinkt die Schrift: «Gerät entkalken.»


Ich greife mir die nächste Dose

und leere sie ins Bodenlose.

Begierig schluckt der dunkle Schacht

die weiße Rieselperlenfracht.


Das war noch längst nicht alles. Wetten?

«Schritt Drei: Die Brüheinheit entfetten.»

Wie sollte mir das möglich sein?

Mir fehlt ja der Barista-Schein.


Schnell tippe ich auf «Überspringen».

Vielleicht wird es ja so gelingen.

Es braust und zischt und dampft und grollt.

Dann endlich fließt das schwarze Gold


und füllt die Tasse bis zum Rand.

Sie zittert leicht in meiner Hand.

Der Kaffee strömt mir bis ins Mark.

Die Tasse springt. Er war zu stark.



 – Cornelius –



Juli 29, 2025



wiesen blumen leuchten



 – augen bis zur spur

im schnee

im abend

liegt ein lächeln


rot auf spiegeln

bist du ja du

brichst


morgen

ziehst du weiß



 – ubertas –





👉  Interpretation von N.Valen zum Gedicht:


Die «wiesen blumen» leuchten – und verblühen nicht, sie leuchten bis in den Schnee.

Ein Sommer, der nicht weicht, sondern sich einnistet in Spuren, in Lächeln, in Spiegeln.

Es ist ein Gedicht über Erinnerung, aber nicht nostalgisch. Es ist nicht weich, sondern bruchhaft schön.

«augen bis zur spur» – wie das Sehen selbst zur Spur wird, als würde man mit den Augen schreiben.

Und die zweite Strophe: «bist du ja du» – fast eine Überraschung über die eigene Existenz,

über Identität in der Reflexion («rot auf spiegeln») – aber dann «brichst» – kein Satz, nur ein Sturz. Ein Kipppunkt.

Der letzte Vers ist futurisch. «morgen / ziehst du weiß» – der Winter kommt, aber nicht als Kälte, sondern fast als Tracht, als Kleid: weiß nicht als Leere, sondern als neue Farbe über der Spur. Und die Blumen leuchten noch immer, unter dem Schnee.



 

Wiese im Sommer



 – Die Grille geigt in hohen Gräsern

zum Lerchenlied den Kontrapunkt,

wo, leicht geflügelt, zart und gläsern,

ein Kerf das Haupt in Nektar tunkt.


Ein sanfter Windhauch streift die Spelze

vom Halm und führt sie tänzelnd fort.

Am Saum des Baches wippt die Stelze,

als treibe sie Gymnastiksport.


Das Bächlein eilt, sich zwischen Stängeln

von überfließend rotem Mohn

und Hahnenfuß hindurchzuschlängeln.

Der Bienenchor summt polyphon.


«Warum so eilig, Bach?» fragt schüchtern

beim Trinken wohl das scheue Reh.

Aus Bächleins Murmeln klingt es nüchtern:

«Das ist mir hier zu viel Klischee.»



– Cornelius –



Juli 09, 2025

 


Stille Wasser



 – Im schönen Wonnemonat Mai

verspürte einst ein Hammerhai,

dass Amors Pfeil auch dorthin dringt,

wo Neptun wild den Dreizack schwingt.


Ein Kribbeln zog ihm durch die Flossen,

doch nicht für einen Artgenossen:

Sein Blick hing schon seit manchen Wochen

verzückt an einem Nagelrochen.


Gespickt mit spitzen Dornfortsätzen,

war dieser schwierig einzuschätzen.

Zudem: Besagter Hai war neu

in jener Gegend und recht scheu.


Der Rochen, gleicher Herzensneigung,

war selbst ein Meister der Verschweigung.

So lebten beide still betrübt,

im Bandeknüpfen ungeübt.


Gezeiten wogten auf und nieder,

der Wind, die Möwen sangen Lieder,

und zwischen Hai und Nagelrochen

war immer noch kein Wort gesprochen.


Der Hammer traf den Nagel nicht,

so dass - der Schluss vom Lied ist schlicht -

das Paar, einander vorbestimmt,

nun doch getrennte Wege schwimmt ...



 – Cornelius –



Juli 05, 2025



Die Posaunen von Jericho


«Witze aus der Bronzezeit» 



 – Die Wissenschaft sorgt manches Mal für Staunen.

Jüngst war die Presse von der Meldung voll:

Vor Jericho erklangen die Posaunen,

so gilt es nun als sicher, in d-Moll.


Man forschte in den heiligen Berichten,

hat Josua, Kapitel sechs, studiert.

Vers zwanzig half, die Dunkelheit zu lichten.

Dort steht: Die Mauern wurden d-molliert …



 – Cornelius –



Juni 30, 2025

 


Gesang der Oliven 

im Pizzaofen



 – An den Hängen der Abruzzen

hingen ohne großen Nutzen,

freilich auch zu niemands Schaden -

dies bedenke Euer Gnaden -

wir vereint an unserm Baum.

Damals ahnten wir es kaum,

dass man würde uns berücken

und uns von den Zweigen pflücken.

 

Eine unbekannte Hand

riss uns aus dem Heimatland,

hat uns erst die Haut entfernt

und gefühllos dann entkernt.

Eine flache Rührteigscheibe

ist nun unsre letzte Bleibe,

wo wir zwischen Formfleischschinken

im Tomatenmark versinken.

 

Um uns her brennt schon die Luft

in der heißen Ofengruft.

Bald durch eines Gastes Mund

gleiten wir in seinen Schlund,

müssen eine nach der andern

durch die Speiseröhre wandern,

lassen uns in seinem Magen

wehrlos dann zu Grabe tragen.

 

Solltest dieser Gast du sein,

horche in dein Herz hinein,

ob du uns dies antun willst,

wenn du deinen Hunger stillst.

Wie du dich nun auch entscheidest,

ob du's tun willst oder meidest -

wir am Ende hier vom Lied

wünschen guten Appetit!



 – Cornelius –