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und du liegst wach



 – und du liegst wach

im dunkeln hängst

fest in den gedanken

und längst vergangnen zeiten

fragst dich warum

das grübeln hab ich damals

nicht hätt ich doch nur

und wäre ich doch schon

in jungen jahren ich

gewesen mir selbst

mehr freund und rat


so liegst du wach

du weißt es sind die falschen fragen

(zeitlebens lebt sich lebenszeit

stets dir entgegen

lehrt dich erst zeit

dich selbst zu lieben)

und fühlst zugleich

es muss so sein

das nie-ganz-ankommen

bei dir


noch beinah wach

im kreisen deines innern

greift schon ein dämmern

dir ins denken hebt sie

ans licht – die träume

der kommenden tage



 – claudia neubacher –





 feuersalamander; 

du und ich



 – in deinem blick der duft

der letzten nacht noch immer

satt von dir das prickeln fühlen

wundgeküsst bis unter die haut

brennt das feuer folgen meine

fingerspitzen deinen spuren

gezogen über berg und tal durch

unsre wälder ein keuchen

im dickicht ein seufzen

wie eine lichtung

ein rascheln im feuchten laub

salamandern gleich gleiten

auf zu neuen gewässern



 – Claudia Neubacher –



 


Weihnachtswunder



 – Es schwebt ein Pottwal überm Wald.

Ich frage mich: ist ihm nicht kalt?

Dann sag ich mir: was bin ich dumm!

Der schwimmt auch im Polarmeer rum,


gewärmt von einer fetten Schicht.

Da stört ein bisschen Kälte nicht. 

Doch warum fliegt er überm Tann

zur Weihnachtszeit? Was treibt ihn an?


So blass wie einstmals Moby Dick?

Ein Engelswal? Ein Zaubertrick?

Und weil das herrlich surreal ist,

erscheint dazu die Borealis.


Doch halt! Dort zieht ein heller Stern

mit langem Schweif am Himmel fern!

Mein weißer Wal zwinkert mir zu,

schlägt mit der Fluke, hält drauf zu.


Gefolgt von einer kleinen Flunder.

Die Weihnachtszeit ist voller Wunder!



 – Claudia Neubacher –



 


Werden und Vergeh‘n 


( Kyrielle )


 – Wenn Abendrot den Berg behaucht,

die Watteschäfchen rotbebaucht

im letzten Blau am Himmel stehn:

ein Spiel von Werden und Vergeh'n.


Vom grauen Acker blick ich hoch:

wie lange wärmt die Sonne noch?

Bald kann ich meinen Atem seh'n,

gewebt ins Werden und Vergeh'n.


Der Weinschwärmer liegt längst verpuppt,

die Tannenzapfen kahlgeschuppt;

sie zeigen an, dass wir uns dreh'n

im Kreis von Werden und Vergeh'n. 


Schon bald hat Winterschnee verdrängt, 

was Herbst mit Füllhorn ausgeschenkt.

Und aus den Wipfeln rufen Kräh'n

ihr Lied von Werden und Vergeh'n.


Den Kranichen ist's einerlei,

wie jedes Jahr zieh'n sie vorbei.

Wohin sie auch die Winde weh'n,

stets heißt es: werden und vergeh'n.



 – Claudia Neubacher –



 


In da Scheun 


(ein Weihnachtslied)


I

– foid gaunz socht

koide procht

stüh bein mondnschein

weißes tuach so fein

deckt de wies'n ein

grod erwocht

's kindal locht

in da scheun


II

hirtn stumm

schaugn si um

leicht gaunz hö a stern

und vo noh und fern

eil'n sogleich se gern

hin zan stoi

wo sie oi

si tan gfrein


III

dass da christ

kemman ist

der die wöhd befreit

boid vo sorgn und leid

und as herz werd weit

weu ma waas

oiss wiad guad

in der scheun


IV (Coda)

nie mehr sorgn und leid

und as herz werd weit

durt bein kind

bei da nocht

in da scheun



– Claudia Neubacher –





Sonett mit 

Enschambemong

 

(so manchen Lyrikforengesellen gewidmet)


– Sehr gerne schreib ich mit Enschambemong
Gedichte, denn dann flutschen alle Zeilen
so supi ineinander. Zum Verweilen
solln Leser gar nicht kommen. Am Plafong

der Dichtkunst wird gekratzt, wenn im Kartong
es rappelt, dass es kracht. Und beim Zerteilen
von Sätzen muss ich oft recht dolle feilen.
Das soll man bloß nicht sehn. Ein Komplimong

bekomm ich allerdings nicht oft geschrieben.
Hab sie vermutlich alle aufgerieben,
indem ich wähl echt schwierige Metaphern

und spar auch nicht mit coolen Inversionen.
Es kann nun mal hoch oben der nur thronen,
der mehr kann als der Rest an Lyrik-Raffern.


– Claudia Neubacher –






 dunst erhebt sich 

aus den wäldern



 – dunst erhebt sich aus den wäldern

krähen schreiten auf den feldern

jedes blättchen wippt und tropft

regengüsse gingen über

wald und ackerkrume nieder

hör nur – meister specht – er klopft


klopft an tiefgefurchter rinde

dass er fette Larven finde

eh‘ er suchend weiterfliegt

tropfen fallen aus den wipfeln

prallen ab von tannenzipfeln

bis sich jeder grashalm biegt


voll von wasserperlenketten

feuersalamander retten

sich indem sie bergwärts zieh‘n

kleine bächlein gluckern leise

schneiden schneisen auf der reise

und die waldameisen flieh‘n


nasse himbeersträucher schwanken

dicke weinbergschnecken zanken

viel zu langsam dass wir‘s seh‘n

rote gummistiefel schmatzen

springkrautsamenkapseln platzen

dort am wegrand wo wir geh‘n


hör – der wind bringt neues rauschen

sieh wie sich die blätter bauschen

da – der nächste regenguss!

schön ist so ein wald im regen

und auch nicht ein grund weswegen

man jetzt heimwärts gehen muss


 also stapf ich noch ein stückchen

sammle hier und da ein glückchen

ach - wie ist's hier draußen fein!

ist es wahr? kommt da die sonne?

komplettiert die wanderwonne?

sag - was könnte schöner sein!



 – claudia neubacher –