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 gesetzt


– hören >>


 – Füße gesetzt

nicht laufen

nicht gehen oder gar rennen

auch nicht gleich beide Füße


einen Fuß zaghaft gesetzt

mit den Zehenspitzen den Grund ausloten

dann mit dem ganzen Fuß spüren

und dann

erst dann Gewicht darauf geben


nicht alles

damit das Gleichgewicht bleibt

vielleicht auch der Rückzug?


Was ist es nur

das uns am Lostanzen hindert?



 – Silvia Kuhn –



 


Aktentasche im Regen



– An der Bushaltestelle steht ein Mann.

Heute regnet es.

Der Mann trägt eine Aktentasche.

In der Aktentasche ist es trocken und warm.

Der Bus hat Verspätung.

Der Regen wird immer stärker.

Der Mann ist auf dem Heimweg von der Arbeit.

In der Aktentasche sind wichtige Dokumente

und ein Teddybär.

Der Teddybär heißt Willi.

Er ist schon 42 Jahre alt.



– sufnus –


 


in der B-Ebene



 – in der B-Ebene
hängt noch die ganze
stinkende Hitze
eines am Ende
hysterischen Sommers
der jetzt
sein letztes Aufgebot
auf Bahnsteigen versammelt:
erschöpfte Trägerinnen
von Trägerhemdchen
und Radfahrer
die ihren Rädern
eine U-Bahn-Fahrt spendieren


– Christian Fechtner –



 


Rosa Elefanten



Ist das hier

die Realität??


Gestern

hätte ich es

vielleicht noch gewusst,

aber heute


ist da ein Loch,

wo gestern noch

die Zimmerdecke war


und anstatt Wolken

wandern rosa Elefanten

über den Himmel.


– – –


Ist das hier

echt??


Ich hoffe nicht.


Denn Leute zerfallen

vor meinen Augen

zu Scherbenhaufen,


während sie mir Vorträge

über die eigene

Unzerbrechlichkeit halten


und draußen

an den Bahngleisen


knien sie massenweise

auf den Schienen,


um heranrasende Züge

anzubeten.


– – –


Ist das hier

die Wirklichkeit??


Was soll ich sagen?


Gestern

hätte ich es

vielleicht noch gewusst,


aber heute …?


Hört bitte auf zu fragen,


ich weiß es

doch auch nicht!



 – klaatu – 







 willst was schreiben



willst was schreiben

huschpfuschswouuuuush!

so im musenabwesenheitsschreibdringlichkeitsdrang

schnapsidee das (weißt du doch)

kommt ja eh nix dabei raus

außer heißdampfhohlgeschossrohrkrepierern

fliegenschissaufpapieranmutungen

reimkeimbefreites intellektverquastes

freifahrtsversscheinblahblah

besser

du lässt es sein



 – Claudia Neubacher – 



 


entfügt


 – hören –


 – Der Wind zerschneidet meine Glieder

spielt mit ihnen zeitenverloren

klimpert, musiziert

 

Es liegt noch immer

Apfelduft auf den Wegen

gereift im Rückwärtsblick

 

Stadteinwärts fließt ein Strom

aus Leibern – unzerschnitten

 

Am Abend füge ich mich ineinander

und folge euch – nicht

nicht mehr



 – Silvia Kuhn –



 


verneint


– hören –


 – Ich habe mein Nein verschönt

aus der Ecke geborgen

ziviltauglich gestimmt

es ist nicht laut

es ist nicht leise

es übt sich noch

neben dem Ja

im Stehen

im Zumirstehen



 – Silvia Kuhn –



 


aus dem Papierkorb



 – aus dem Papierkorb
ein plötzliches
beklemmendes Geräusch
als wühlte dort
unter verrotzten Papiertaschentüchern
leeren Tabakpackungen
und zerknüllten Notizzetteln
unsichtbar
ein riesenhaftes Insekt


(oder eine Spinne
die borstig braun
nach oben drängt
um die Schreibtischplatte zu entern
und mit kleinen
unvorhersehbaren Bewegungen
den Schrecken
direkt ins Herz zu pflanzen)



 – Christian Fechtner –





haltestelle



hier wartet jeder für sich

der bus fährt
seit tagen nicht mehr
doch wir bleiben uns fremd

nur morgens
lächeln wir und
werden freunde auf zeit

wenn der jüngste die brötchen bringt



 – Jörg Schaffelhofer –



 


collage - gähnende himmel



 – orchideenwälder wachsen

an den ufern des überflusses

gegen die fließrichtung

und den goldfischen wird

das wasser zu seicht


auf der anderen seite geloben

bienenfresser besserung

in ihren nestern

und proletarisch ruiniert ein igel

den abendfrieden


sonnenuntergangsstimmung überall

die glühwürmchen im ausstand

und der überfluss fließt träge in die nacht

immer in der hoffnung

auf herabstürzende sterne


aber nur ein paar rosa wölkchen

verziehen sich in richtung westen



 – charlotte van der mele –