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Bauwaise 



 – Wie ich da in meinem Nest 

sitze, in die Bemme beiße, 

kommt ein Sturm (aus Budapest), 

rüttelt mich beziehungsweise 

an dem Haus, im Gegensinn 

wanken Ziegel, danken leise 

ab und segeln sonstwohin, 

Fenster, Türen – braune, weiße 

springen fort! O welche Not, 

selbst der teure, seltsam heiße 

Kandelaber stellt sich tot! 

Alles wackelt, Schrank und Fach, 

Fluten tropfen eimerweise 

durch das offne Schindeldach, 

Balken stürzen, eine Schneise 

der Verwüstung ist mein Heim, 

das ich grad in eignem Schweiße 

bauen ließ. Am Bahngeleise. 


Himmelherrgottnochmal Scheiße! 



 – Andrea M. Fruehauf –



 


SonnTag 



 – Der Tag ist still, ein offnes Buch 

für Schmetterling und Biene, 

die Sonne webt ihr heißes Tuch 

mit wolkenloser Miene. 


Ein Rabe krächzt, er wär bereit 

den Wetterhahn zu drehen, 

und Glocken läuten, nur die Zeit, 

sie weigert sich zu gehen. 



 – Andrea M. Fruehauf –



 


Die Letzte



 – Der Morgen dräut, mein Schädel brummt

und schmerzt im Übermaße,

mein Mund ist taub, ein Tierchen summt

um meine müde Nase.

 

Ich hole aus – das blöde Vieh

entfleuchte wohl ins Zimmer – 

und schlage mir mit Energie

aufs Maul. Es kommt noch schlimmer!

 

Nun heb ich mich ins Waagerecht

und seh auf der Toilette:

Am Spiegel hängt mein Folterknecht

und putzt sich die Facette.

 

Mein Handtuch saust, das Glas zerschellt,

und ich bin Ach! zerschunden.

Die Fliege? Bleibt auf dieser Welt

und leider auch verschwunden.

 

Der Mokka röchelt, ich hab Zeit

und streck am Tisch die Glieder,

da schwirrt das Untier, kampfbereit,

auf meine schweren Lider.

 

Ich schrecke auf, der Kaffee mit,

und tünch mir Hemd und Hose,

die Fliege kreist als Satellit

um meine Zuckerdose.

 

Gleich setzt sie sich! Ich atme nicht,

vorm Auge weiße Blitze –

der Tisch, der nun zusammenbricht,

schlägt mir ans Kinn! Na, Spitze!

 

Der Morgen dräut, mein Schädel brummt

und schmerzt im Übermaße,

der Mund ist taub, ein Tierchen summt

um meine müde Nase …



– Andrea M. Fruehauf –


 

 


Was bleibt 



– Was wird von mir und dieser Sehnsucht bleiben, 

Wo doch so vieles ungelesen steht?
Was nützt es, meine Seele aufzureiben, 
Wenn niemand auf die Suche nach mir geht? 


Mit Eifer hab ich um das Wort gerungen, 

Von Metrik und Kadenzen oft geplagt; 

Hab Regen, Tod und Teufel gern besungen; 

All das, was mir mein armes Herz gesagt. 


Zum Dichten ist der Mensch nun mal geboren. 

Er schreibt, er leidet, lacht und weint und trinkt. 

Und küsst ihm Καλλιόπη auf die Ohren, 

Verrät sie nicht, ob Hohn, ob Ehre winkt. 


Drum lach ich nur und lass euch Spötter schwafeln – 

Im Himmel werde ich mit Goethe tafeln. 



– Andrea M. Fruehauf 



 


Verweht 



– Der Wind schwingt sich rauschend und schwer über Ähren, 

Legt Schneisen, den stechenden Grannen zum Hohn. 

Die schönste der Schönen zum Tanz zu begehren 

Zerzaust er Kamille und schlafenden Mohn. 


Schon trudelt er, hat sie alsbald auch gefunden, 

Verharrt eine Weile und dreht sich zum Spiel 

Um Taillen und Blättchen und reißt unumwunden 

Ihr blauendes Leuchten vom bebenden Stiel. 


Da lacht er und wirft sie in duftigem Bogen 

Ins wogende Feld. Wie von Seufzern gezogen, 

Versinkt sie, für immer verschwunden und tot. 


Vom Toben ermüdet, befiehlt er sich pustend
Ein Wölkchen zum Kissen und schnarcht ewig hustend 
Und hat jenes Seufzen schon lange verweht. 



– Andrea M. Fruehauf –



 


Der Gewissenlose



So ganz ohne Gewissen
hat mich ein Floh gebissen,
gerad ins Schulterblatt.
Dort kann ich mich nicht jucken,
noch nicht mal so weit gucken,
ich bin gleich pappesatt!

Mit gramverzerrten Blicken
verbring ich meinen Rücken
zum alten Vertiko.
Ich reibe Rumpf und Mieder
am Holze auf und nieder
und stöhne Ah! und Oh!

Den linken Schulterflügel
schmückt bald ein arger Hügel,
der groß ist wie ein Hut.
Schon spüre ich ein Kribbeln:
Das Biest fängt an zu trippeln!
Ich atme nicht. Vor Wut!

Gerade will ichs packen,
da springts von meinem Nacken
dem Bello auf den Arsch:
«Oh, magst du Hundekuchen?
Und Nachbars Wuff besuchen?
Jetzt lauf schon, Bello! Marsch!»


– Andrea M. Fruehauf –



 


Iterare 



Vom Nebel verhangene Zinnen, der Morgen 

Greint mit den Krähen, das Licht ziert sich kühl, 

Die Wege im Park sind vom Warten geronnen, 

Wie wahllos verstreut dämmern Träume im Gras. 


Die Nymphe am Brunnen beginnt sich zu räkeln, 

Nur einen Lidschlag lang seh ich ihr Herz, 

Ein Vögelchen wispert, es müsse bald ziehen, 

Und wieder versilbert ein Spinnweb mein Haar. 



– Andrea M. Fruehauf – 





 Luftikus



– Heut will er wohl behaglich figurieren,

ein Wölkchen hier und da aquarellieren,

bis er mit einem Streich den Weizen kämmt.

Hell lachend wirft der wildgewordne Schlingel

mit nichts als einem Morgensonnenkringel

und küsst mir Herz und Schultern ungehemmt.



– Andrea M. Fruehauf –



 


Duftig 



 – Es zwitschert und bimmelt 

Und duftet und wimmelt 

In mir
Auf der Wiese
So lang hab ich diese 

Vergnügen vermisst 

Wie süße Allüren 

Zum Nichtstun verführen 

Der Lenz mich umschwärmt 

Und mit Blütenstaub küsst 



 – Andrea M. Fruehauf – 





 Feierabendfaktor 



– Ich verlasse den Käfig

auf der Höhe

baumbeschnürte Weite

Schwalben malen fedrige Ellipsen in

kamillegesättigte

Luft

meine Lunge pumpt

Schönheit in verbrauchtes Blut

und in mein Herz

stehlen sich seltsam verliebte Triller

zeitlos

wartet die Katze im Blütengrün

Ich steige

wieder in den Käfig



– Andrea M. Fruehauf –





Hunger


– Zuckerschneckchen Marmelinde,
kühl mal ab! Und zwar geschwinde!
Noch vor Tag und Taille messen
wirst du fort sein. Aufgefressen.



– Andrea M. Fruehauf –