See-Tanka (für R.)
Ein Herz Ostseestrand
Lichtvermehrt im Wolkenriff
Dünen streichen Sträucher weiß
Im Sandschein leuchtet Frieden
Gräser wiegen nichts allein
– Ubertas –
Ruft die Oma hoch zum Dino:
Hallo, du auf meinem Schornstein,
Komm doch runter und erzähl mir,
Wo du hergekommen bist!
Ruft der Dino: Weißt du, Oma,
Ich bin überhaupt nicht hier,
Bin kein grünes Dinotier,
Das auf deinem Schornstein hockt,
Bin vielleicht nur ein Gedanke,
Nur ein Bild aus alten Zeiten,
Das der Rauch aus deinem Schornstein
In die Luft für dich gemalt hat,
Guck noch mal ums Schornsteineck,
Hallo, Oma, und bin weg.
– Peter Welk –
– Sternblüth war zurück metastasiert
im lunatischen Lymphpark
das stille Kind beim Nähen
Zeremoniengewänder flüchtiger Wunder
So mancher bleibt abends ohne Befund
doch Sternblüth umfasste
mutational landscapes
großer onkologischer Schönheit
Darum saß sie da
glaubte an die Stimmen der Eltern
die längst viel freundlicher waren als früher
räumte die Fenster zur Nachbarschaft leer
verschwieg das meiste
belauschte die Amseln
begann sich zu lösen
– sufnus –
Es war einmal ein Elefant,
Der kam in einen Laden
Und sprach: «Ich möcht, ich möcht so gern
Im Porzellane baden!»
«Ein Bad», sprach die Verkäuferin,
«das nehmen Sie am besten
Dort zwischen Meißen zweite Wahl
Und Nymphenburger Resten.»
Der Elefant bedankte sich
Und ging zu den Regalen,
Er warf die ihm benannten um,
Dann trat er in die Schalen
Und Schüsseln, dass es Scherben gab,
Ganz wundervoll zerstampfte,
Darinnen nahm er dann ein Bad,
Dass es bis Meißen dampfte.
Und als er aus dem Bade stieg,
Gewaschen und erfrischet,
Da hat er die Verkäuferin
(sie war ja noch im Laden drin)
Am Blusenknopf erwischet:
«Sie!» sprach er, «Sie verstehen mei-
ne Porzellanneurose,
Doch darf die nie ans Tageslicht!
Was sag’ ich! Schon als Nachtgedicht
Verschweigen wir die Chose!»
Dann ging der Elefant hinaus
Und ward nicht mehr gesehen …
Zwei Fragezeichen blieben lang
Mit unverhohlnem Fragedrang
Am Ladenfenster stehen.
– Peter Welk –
ich im mittelpunkt
einer großen traurigkeit
um mich herum und keine
konnte mich erklären nur
war ich nicht anlass
oder grund
denn
der lavendel trieb
seine sehnsucht in mich
nach hitze und süden
nach einer wahrheit
die schön ist
und
nicht ich bin
anlass oder grund
nur transparent genug
– charlotte van der mele –
Oma schimpfde frieor immor:
Mädl! Schäl dn Schporschl dinnor!
Un, de Schaln, die mussde waschn!
Du du ja nüschd vorhär naschn,
kochn muss das Zeusch, das deure,
allweil roh hads blaue Säure!
Schbäder dad dann unsre Muddor
Schnidzl broden, mid viel Buddor.
Vader, schonn in Filzbandoffeln,
schmiss nor Salz off de Gardoffeln -
Ferdisch war das Sonndachsessen.
Aaach, das wersch wo nie vorgessn.
Nur de Schaln warn noch am Kochn,
wie als wärs ä Rindorknochn.
Das entwässord ohne Schwidzn!
dadn Omas Oochn blidzn:
Vonnem Mund voll Sporschlbriehe
seechsde wie ne Herde Giehe.
– Andrea M. Fruehauf –