Mai 15, 2025

 


im mittelpunkt



ich im mittelpunkt

einer großen traurigkeit

um mich herum und keine

konnte mich erklären nur

war ich nicht anlass

oder grund

denn

der lavendel trieb

seine sehnsucht in mich

nach hitze und süden

nach einer wahrheit

die schön ist

und

nicht ich bin

anlass oder grund

nur transparent genug



 – charlotte van der mele –

Mai 14, 2025

 


Vonnem Sporschl


– hören >>


Oma schimpfde frieor immor:

Mädl! Schäl dn Schporschl dinnor!

Un, de Schaln, die mussde waschn!

Du du ja nüschd vorhär naschn,

kochn muss das Zeusch, das deure,

allweil roh hads blaue Säure!

 

Schbäder dad dann unsre Muddor

Schnidzl broden, mid viel Buddor.

Vader, schonn in Filzbandoffeln,

schmiss nor Salz off de Gardoffeln -

Ferdisch war das Sonndachsessen.

Aaach, das wersch wo nie vorgessn.

 

Nur de Schaln warn noch am Kochn,

wie als wärs ä Rindorknochn.

Das entwässord ohne Schwidzn!

dadn Omas Oochn blidzn:

Vonnem Mund voll Sporschlbriehe

seechsde wie ne Herde Giehe.



 – Andrea M. Fruehauf –




Mai 13, 2025

 


Ich schätze, du bist da



 – Kein Interesse

pictures Bilder framing

No comment

kein Kommentar commodore

In den Kopf

geschossen

full metal jackets

beschissener Abende

Blumensträuße

altern kippen

Wasserflowers

behandeln Beulen

Sonne scheint

gott



– Ubertas –



Mai 11, 2025




Kuhgedanke




Auf der Alm ein Mädchen lächelt,

Und ihr Mädchenlächeln fächelt

Einer jungfräulichen Kuh

Einen Kuhgedanken zu:

 

Wenn ich auch so lächeln täte,

– denkt die Kuh – und es beträte

Just ein Stier die Alm und säh es,

Lieber Kuhgott, dann geschäh es!



 – Peter Welk –

  (Grafik: Sabine Tschierschky)

Mai 10, 2025

 


die länder 

auf deinen fingerkuppen



 – lithosphären aus zärtlichkeit,

die sich unter lichtkuppeln

der erinnerung dehnen und verweigern.


dein daumen: ein reich

aus wüstenzeichen und moosalphabeten

liebe. als hitzeflimmern


ich taste mich durch

glaziale dörfer deiner handlinien,

überquere grenzen, die

mir nachgehen wie schafe


(hier: die wärme deiner greifbewegung,

die erste form des einlassens –)


aus den fingerbeeren sickert

das salz der meere,

die einst unsere namen trugen

in ein neues azur.


im zeigefinger

eine südliche provinz,

und jeder pfad, begehbare abschiede unter schwalben.


dein mittelfinger trägt

die ruinen meiner stolzesten städte

ich wohne noch dort, als mythos,


(und doch: dein lachen, das manchmal

wie ein visum wirkt)


an deinem ringfinger

wächst eine schweigsame regierung aus licht,

deren gesetze nur im traum verlesen werden


verbrieft nicht auf papier,

sondern in der wechselwärme

zwischen hauch und haut


ein kodex aus atmung,

die nie besitz behauptet

nur duldung –

auf gläserner schwelle


und wenn dein finger zittert

kehrt ein land zurück,


im kleinen finger

ein zeltlager aus schnee,

der schneefall flüstert dort: «komm zu spät,

aber komm»


(dann: deine hand auf meiner,

der abruf aller topographien in einem tastmoment)


und so wandere ich

tagelang durch deine linien,

ohne zu wissen, wo du endest


und nenne dich welt.



 – seefeldmaren –



 


Winternachlass



 – Die Bäume, die auf beiden Seiten

den unscheinbaren Fluss begleiten,

und ersten Frühlingsschimmer zeigen,

sind wie bewimpelt an den Zweigen.


Dort flattern Tücher und Papiere

als ob sich jemand kostümiere,

und Plastikplanen, Windeltüten

weit besser kleideten als Blüten.       


Von nah betrachtet sind die Schätze

nur eitel Müll, und die Gesetze,

nach denen sie hinaufgetragen,

ein Streich aus nassen Wintertagen: 


Der Fluss brach aus im Dauerregen

und schleppte Raub von allen Wegen

zuletzt noch bis in höchste Zweige -

Erst dann ging seine Kraft zur Neige … 



alternativ:



Der Winter schickte Guss auf Guss,

und ungehalten sprang der Fluss

aus seinem Bett und griff vom Rand,

was immer er an Unrat fand.


Dann stieg er in die nackten Kronen

der Weiden, die am Ufer wohnen

und hängte alles in die Zweige. –

Danach ging ihm die Kraft zur Neige.


Im Frühling wollten Weidenkätzchen

hinaus an ihre Blütenplätzchen,

und sahen, auf den Ästen brüten

jetzt Zeitungen und Plastiktüten.


Und dachten augenblicks, es handle,

da sich ja auch das Klima wandle,

um eine dieser Mutationen,

die auch die Vögel nicht verschonen …



– gummibaum –