So der Plan 



Was werde ich nicht alles machen, 

Wenn ich erst mal gestorben bin! 

Mir kommen da schon tausend Sachen, 

Die noch zu tun sind, in den Sinn. 


Der Tod entbindet mich von Pflichten, 

Dann hab ich endlich Zeit am Stück 

Zum Lesen, Faulenzen und Dichten – 

Ruft mich die Pflicht, ruf ich zurück: 


Ich bin für keinen zu erreichen 

Und mache nur noch, was ich will! 

Das ist der Vorteil von uns Leichen – 

Für uns stehn alle Uhren still. 



– Stefan Pölt –







Fado-Abend



der unscheinbare herr dort auf dem stuhl – 

sieh nur die finger (!) zupfen
staunen in den saal 
irgendjemand räuspert sich umsonst
die stille siegt
nun spannt sich alles auf
in ihrer brust
es zittern
lid und lippen im akkord
verharrt der puls
ein letztes mal
aus ihrem innern steigt bestimmend eine erste 
woge moll ... darauf die zweite ... dritte (wuchtig jetzt)
dann reißt ein strom
aus abschied und erinnerung
das publikum ins meer
der weichen trauer
... kalt und fremd jeder Ort ...
später singt sie überkommt
sie wieder sehnen nach 
dem duft von salz und kardamom
an seinem hals
am nebentisch die dame wischt sich eine träne 
die letzte woge bricht
applaus 


– Dirk Tilsner – 





Am Meer 



– Das letzte Haus liegt hinter uns. Dem Knick 

Der Straße folgend sind wir bald im Grünen. 

Auf krummen Pfaden geht es durch die Dünen, 

Dann weitet sich auf einmal unser Blick. 


Da liegt der Strand, gestreckt und menschenleer, 

Die See ist grau, nur in der Ferne blasser. 

Wir stapfen vorwärts, stehen jetzt am Wasser 

Und schauen auf das wildbewegte Meer. 


Da hebt sich eine Woge aus der Rinne 

Und baut sich auf und nähert sich dem Strand, 

Und brausend schwillt sie an, betäubt die Sinne 

Und steht vor uns als eine große graue Wand, 


Hält ein Momentchen inne –
Und bricht dann und schlägt donnernd auf den Sand. 



– Martin Möllerkies –



 





Sirenengesang



 Liebster Herbert, manchmal träume

Ich entschlossen vor mich hin:

Dass ich Herrenwäsche säume,

Dass sich mir die Kellerräume 

Deines Daseins öffnen mögen,

Dass wir dort zusammenzögen

Wie die Siebenschläferpärchen

In den alten Liebesmärchen,

Dass ein Kellereckchen heimelt,

Dass sich ein Gedichtchen reimelt,

Und du liest die lieben Zeilen,

Und du musst dich nicht beeilen,

Kannst in Ruhe mich bedichten

Und derweil die Dinge richten,

Die da noch zu richten wären,

Wenn wir uns im Ungefähren 

Nackt und unsichtbar verlören,

Ach, ich will es nicht beschwören,

Doch, ich ahn’ es, das Verpackte 

Schön ist‘s, schöner ist das Nackte,

Denn ich sah sie in Gedanken

Oft in Nacktheit: Deine schlanken

Herrenbeine neben meinen

Und mit meinen sich vereinen.

Herbert, pst! Das leicht Gesagte

Ist das besser nie Gewagte,

Weil: Mein Vater will den Fritz,

Der zwar schon den Alterssitz

Eingenommen hat, jedoch

Pfeift er auf dem letzten Loch.

Wenn er mir auch nicht gefällt,

Sitzt der Fritz doch auf dem Geld,

Und ich könnt ihn bald begraben

Und so die Millionen haben …


Du nimmst unterdessen dir 

die dicke Liese,

Denkst an mich, Geliebter, 

und entjungferst diese …



– Joe Fliederstein –



 


Verweht 



– Der Wind schwingt sich rauschend und schwer über Ähren, 

Legt Schneisen, den stechenden Grannen zum Hohn. 

Die schönste der Schönen zum Tanz zu begehren 

Zerzaust er Kamille und schlafenden Mohn. 


Schon trudelt er, hat sie alsbald auch gefunden, 

Verharrt eine Weile und dreht sich zum Spiel 

Um Taillen und Blättchen und reißt unumwunden 

Ihr blauendes Leuchten vom bebenden Stiel. 


Da lacht er und wirft sie in duftigem Bogen 

Ins wogende Feld. Wie von Seufzern gezogen, 

Versinkt sie, für immer verschwunden und tot. 


Vom Toben ermüdet, befiehlt er sich pustend
Ein Wölkchen zum Kissen und schnarcht ewig hustend 
Und hat jenes Seufzen schon lange verweht. 



– Andrea M. Fruehauf –



 


Hilfsmittel 



– Der Schwimmer Karl-Jochen aus Brücken 

Bekraulte erregt Britneys Rücken
Dies sah ihr Freund Heinz
Ein Boxer aus Mainz
Nun schwimmt der Karl-Jochen mit Krücken 



– Volker Teodorczyk –




 


Astern 



 Astern – schwälende Tage – 

Moment mal, ich hab‘ da ‘ne Frage: 


Was wollen Sie uns da erzählen? 

Dass Tage schwälen können? Schwälen? 


Wie kann man solche Wörter wählen? 

Das Wort, das gibt’s doch gar nicht: schwälen! 


Sie sollten Leser nicht so quälen 

Mit Wörtern wie besagtem Schwälen! 


Wenn Sie uns fragten, wir empfählen: 

Verzichten Sie komplett aufs Schwälen! 


Was sagen Sie? Das ist von Benn? 

Ach, schwälen ist von Benn. Na denn. 



– Martin Möllerkies –