Februar 27, 2025


Die deutschsprachige Lyrik übt sich seit 1945 in strenger Askese. Sie verzichtet nicht nur auf den Endreim, darüber hinaus entsagt sie dem Rhythmus, jeglichem Versmaß und hat schließlich auch Großbuchstaben und Satzzeichen im Wesentlichen eliminiert. 

Wie unschwer zu erkennen, ist mein untenstehendes lyrisches Machwerk den formalen Anforderungen an ein hochkarätiges zeitgenössisches Gedicht spielend gewachsen. 

Dennoch habe ich mich aus wirtschaftlichen Erwägungen entschlossen, wenngleich mir dies den Vorwurf künstlerischer Rückwärtsgewandtheit einbringen dürfte, meine Mitmenschen ausschließlich mit poetischer Kost in Reimform und Versmaß zu beglücken. 

Da zudem auch nur der geringste Hauch von Betroffenheitslyrik halbwegs erquicklichen Verkaufszahlen massiv im Wege stehen dürfte, habe ich mich inhaltlich der Satire, der Groteske, dem Nonsens – kurzum dem komischen Gedicht  verschrieben. 


– Rudolf Anton Fichtl –




seerosenblätterdeklinationen 



trübe rahmige spinatbrühe / bodensicht 

ung ist / grün ist grün / ist 

bodenseh sicht wie / blattspinat 

grün
ist trübe brühe / in
seenot ist / brühe in sehnot
see not
rose blühe
rosenbrühe
wie spinat
isst p o
p e
y e
seerosenblatt? 


 


 Dreivierteltaktgeträller 

an Wieverfastelovend



 – Du hast im Nabelnest gepuhlt,

Du süßes kleines Schwein,

Und hast gesagt: Wir wollen ganz

Besonders zärtlich sein. 


Und deine Nase war gespitzt,

Du süßes kleines Schwein,

Den Mond hat jemand fortgehängt,

Wir waren ganz allein.


Du hast dich mir bekannt gemacht,

Du süßes kleines Schwein,

Für ewiger als Ewigkeit

Und höllenhundsgemein.


Und andern Kerlen hast du‘s auch,

Du süßes kleines Schwein,

So lass mich denn für Donnerstag

Vorangemeldet sein.



 – tordillo –





   Wasserwerkers Traum



Ich träume einen Wünscheltraum

der ist zehn Mondraketen tief

den fülle ich mit Weißem Hai

und Schokosladenspeisecrème


Dann kunterbunterpurzel ich

huschhusch ins Weidenkörbchen fein

von meinem schönsten Tauchballon

spiel fangen mit dem Bluppbluppwind


Und geh den Dingen auf den Grund

und mit dem Mördermuschelkoch

da würze ich das Wasser süß

das heut aus deiner Leitung kommt



    – sufnus –



Februar 26, 2025

 


Mittagsschatten



– Mittagsschatten
auf dem äußeren Fenstersims:
Inseln aus Vogelscheiße
in einem dunkelroten Meer
und die silberne Reise eines schmalen Insekts
bis ans plötzliche Ende der Welt



– Christian Fechtner –





 feuersalamander; 

du und ich



 – in deinem blick der duft

der letzten nacht noch immer

satt von dir das prickeln fühlen

wundgeküsst bis unter die haut

brennt das feuer folgen meine

fingerspitzen deinen spuren

gezogen über berg und tal durch

unsre wälder ein keuchen

im dickicht ein seufzen

wie eine lichtung

ein rascheln im feuchten laub

salamandern gleich gleiten

auf zu neuen gewässern



 – Claudia Neubacher –



Februar 25, 2025



 Naturell



Bin ein Alpharüde

mit nem dicken Fell

arbeite rigide

sauber und reell

habe Attitüde

bin gewieft und hell

immer grundsolide

und besonders schnell

müde



 – Didi.Costaire – 



Februar 24, 2025



 Der Blinddarm



– Ich steh am Rand von meinem Grabe,
Weil ich noch einen Blinddarm habe.
Der hat sich jetzt entzündet!

«Es bleibt nur eines: Die OP!
Sonst tut dir bald kein Zahn mehr weh!»
Hat mir der Arzt verkündet.

Doch ich, ich denke mir im Stillen:
Der will sich nur die Taschen füllen!
Ich geh' nicht unters Messer.

Ich hab mich mit dem Arzt verkracht
Und flugs mich aus dem Staub gemacht.
Jetzt geht's mir wieder besser!


– Fritz Pfeiffer –