Sommer
bleibt in Sicht
– niemand –
– Entschuldigung mein liebster Herz-
gedanke kann es sein
dass Ihnen eben dieser Kuss
entfallen ist?
Er ist von Ah bis Oh
so seifenblasenschön
ein Leichtsinnsschaum er schwimmt
sogar in Milch ich schwörs
Auf seiner feuchten Wiese können
auch Schnurrbartträger barfuß laufen
sein Spiegelbild um Mitternacht
ist vogelgrün er stellt die Uhren auf
noch mal noch mal und
Machen wir die Augen zu
dann schließen sich die Aufzugstüren
mit einem leisen: Bing!
(das Erdgeschoss kann warten Babe
wir fahren nochmal in den zwölften Stock)
– sufnus –
– Denn wir Schafe sehen euch entgegen,
Sehn euch langsam auf uns zu bewegen,
Denken euch verjagt aus euern Herden,
Sehn euch, näher kommend, Schafe werden.
Unser Darwin sieht in seiner Denkerstube
Eure Art sogar im Umkehrschube,
Sieht euch Schafe werden und dann Hasen,
Sieht als Frösche euch beim Backenblasen,
Schließlich Würmer werden oder Quallen
Und am Ende euch zu Staub zerfallen.
Wir hingegen, wachend und im Schlafe,
Sehn euch, näher kommend, noch als Schafe,
Und als solche seid ihr uns willkommen
Und ins neue Dasein aufgenommen.
Hieß das alte Dasein Dauerkrise,
Liegt das Glück im neuen auf der Wiese,
Also lasst es uns beblöken und beträumen,
Und das alte lasst uns aus den Hirnen räumen.
– Peter Welk –
(Fotografie Marion Reckow-Memmert)
– Die Frau im Penthouse vis-à-vis
mit Fenstern ohne Jalousie,
die immer so verpennt aussieht,
wenn sie die Betten neu bezieht,
schlief heute wieder mal bis zehn.
Die sollte früher schlafen gehn,
dann käm sie morgens eher raus
und auch mal öfter aus dem Haus.
Jetzt liest sie auf der Couch ein Buch,
am Abend kriegt sie meist Besuch
und immer von nem andren Mann –
ich seh mir das schon länger an.
Nach außen dringt dann rotes Licht,
woher das kommt, erkenn ich nicht,
die Innenwände sind zu dick
und hindern mich am freien Blick.
Ich nehme später noch gewahr,
wie sie geduscht mit nassem Haar,
nur in ein Handtuch eingehüllt,
sich noch ein Gläschen Wein einfüllt.
Dann nimmt sie, wie fast jeden Tag,
– Stefan Pölt –
– Ein Mann, er friert, ist depressiv
Die Hände nass, die Augen tief
Er bittet und verschränkt die Hände
Um Zyankali für sein Ende
Der Apotheker scheint verwirrt
Er hat grad Windeln einsortiert
«Das gibt’s so laut Verordnung nicht!»
Da hält der Mann ein Bild ins Licht
Es zeigt das Antlitz seiner Frau
Der Apotheker schaut genau,
Die Schrankwand auf, sie läuft auf Schienen:
«Ja mit Rezept, da geb‘ ich‘s Ihnen!»
– Volker Teodorczyk –
(Salzburg)
– Die Geige im Arkadenbogen,
das Saxophon am Platz davor,
ein Puppenspiel, von Hand gezogen,
auf Treppen singt ein Frauenchor.
Da schwingen wunderbare Stimmen,
verebben, heben wieder an,
und auf dem freien Platz erklimmen
sie gar den Hang zur Feste dann.
Die Stadt lässt Notenklänge fächeln,
Musik für kleinen Obolus.
Du schenkst den Groschen und ein Lächeln
auch Spielern ohne Musenkuss.
– Ingo Baumgartner –