Juni 23, 2025

 


grün aber in dunkel



 – du liebst das dunkle grün

so sagte meine freundin

als ich von dir erzählte

wie sehr ich dich noch liebe

wie sehr ich dich vermisse

noch immer nach den jahren


und ich

ich weiß dass ich

mit windmühlflügeln kämpfe

du willst mich nicht

glaubst du


doch ich

ich weiß genau

dass du dich täuschst

ja ich liebe dunkles grün



– charlotte van der mele 



Juni 22, 2025

 


Endspurt



 – Fliederstein erwartet ohrenbrausend,

Was ihm unaufhaltsam näherrückt:

Seinen letzten Gang durch ein Jahrtausend,

Das der Nachbar neulich als «geglückt,

wenn Gott will!» am Stammtisch präsentierte

– in der Runde prostete man Lob –

Fliederstein sah jäh den Tod. Und stierte

In ein Loch, vor das ihn jemand schob.


Als geglückt die Dinge zu begreifen,

Das vermag er mühelos im Traum,

Träumend kann er sich aus Häuten streifen,

Fällt im Traum als Schmetterling vom Baum,

Der die Zeiten schwerelos durchtaumelt,

Aus Vergangnem Honig zieht und an

Buntgemalten Zukunftsfäden baumelt

Und in allem sich vergessen kann.


Träumen aber, wenn das Leben endet?

Wenn die Zeit in sich zusammenfällt?

Ist ein Gott da, der dann Zeichen sendet?

Kommt Gelächter aus der Götterwelt?

Ist ein nie gedachter Himmel offen?

Fliederstein stiert in das Loch, bemüht,

Auf das Unerwartbare zu hoffen:

Dass aus seinem Tod ein Anfang blüht.



 – Peter Welk –



Juni 21, 2025

 


Füchse und das Licht



 – Taschenlampen leuchten in den Nächten,

Tritte flüstern auf den weichen Wegen,

Träume ziehen lautlos und verwegen

über Blätter nach den dunklen Mächten.


Füchse schleichen schlau durch alte Wälder.

Wer kann gelbe Lichterkegel fangen

und auf Pfaden an das Ziel gelangen

über Flüsse, Wiesen, Steine, Felder?


Bei der fernen Lampe wohnt ein Leben,

und es wandern Füchse in den Träumen,

die Geschichten in ihr Flackern weben.


Alte Orte wirken so verschlafen -

längst vergessen, nah den alten Bäumen

ahnen wir, wo wir uns damals trafen.



– Heike –


Juni 20, 2025

 


Dauerbrenner



 – du warst einmal hier

zwischen rabenfedern

eisblumen

sahst durch fensterscheiben

vogelschwärme dem winter nahen

vorher


du warst einmal hier

zwischen gänseblumenkränzen

kornblumen

sahst auf oberlichtern

schmetterlinge dem sommer zutanzen

hinterher


du bist einmal hier

inmitten des guten

des schlechten

siehst mit deinen augen

jetzt so schön

aus


– ubertas –



Juni 19, 2025



Erdbestattung 

oder Krematorium?



 – Bald kommt mein letzter Tag auf Erden,

Da treiben mich doch Fragen um:

Soll's eine Erdbestattung werden?

Will ich ins Krematorium?


So Flammen sind mir nicht geheuer!

Klar bin ich tot, ich weiß, ich weiß …

Trotzdem: Ich möchte nicht ins Feuer,

Das ist mir einfach viel zu heiß!


Zudem: Weil ich mich schlecht ernähre,

Bin ich wahrscheinlich voll Chemie!

Die flöge in die Atmosphäre,

Das wäre ziemlich schlecht für die.


Ich weiß, was ich viel lieber hätte:

Ich wünsche mir ein Erdengrab.

'Ne schlichte Friedhofsruhestätte,

Wo ich dann ewig Ruhe hab'.


Nur nachts um 12, zur Geisterstunde,

Wenn schauerlich das Käuzchen ruft,

Dreh' ich vielleicht 'ne kleine Runde

Mit andern aus der Nachbargruft. 



 – Fritz Pfeiffer –



Juni 18, 2025



 Lieder der Kreuzung



 – Hinter der Kreuzung

Wo Schwestern Lieder schreiben

Beim verlassenen Heim

Wo Kinder unter Betten warten


Die Zeit der Paläste vorüber

Alles zerbrach

Damit Neues entsteht

Wo Mütter Lieder suchen


Verloren gingen Geschichten

In eisblauen Nächten

Als Väter Herzen brachen

Im Wahnsinn


Manche starben

Andere blieben hier

Um an leeren Gleisen nach

Vergessenen Liedern zu suchen


Während dunkel die Züge ruhen

Wo Tote mit Sternen jonglieren

Um zu Liedern zu werden

Lieder der Kreuzung



– Max Neumann –



Juni 17, 2025



( Grafik © Petrus3743 Wikipedia )


Der Satz des T


Ein Kreis umschlang mit ganzer Weite

ein Dreieck an der längsten Seite,

und die noch freie Ecke spürte,

sobald auch sie den Kreis berührte,


wo immer sie dies zärtlich tat,

im Schenkelzwickel neunzig Grad.

Da stutzte Thales von Milet

und rief: «Jetzt weiß ich, wie es geht!»



– gummibaum –