November 13, 2025



Dem Herbstmädchen



 – In mir sind immer noch die Zaubertage

Die Tage als wir zeitlos um uns schwebten 

Es waren Tage wo wir uns erlebten 

Ein kleines Märchen Zeit der zarten Sage


Im dunklen Herbst kroch Kälte durch die Steine

Bei Tee und Keks im schönen Kerzenlichte

Liebmutig las ich Dir ins Ohr Gedichte

Aus Aron Manfelds Werk und auch von Heine


Das Küssen schmeckte süß nach Schokotrauben

Die Augen glänzten hell noch ohne Tränen 

Ein Leben lang mit Dir so war mein Glauben


Zum Winter lief ich fort im kalten Morgen 

Zur Freiheit und dem Abenteuersehnen 

Zurück zur Einsamkeit und ihren Sorgen



– Aron Mansfeld –



November 12, 2025



Kastanien



  – sobald der große Maler
durch die Parkanlagen zog
fielen sie
noch heimlicher als Neuschnee über Nacht
in unser Reich ein: als zerstreutes Heer
rundbäuchiger Wichtel, die alle Wege belagerten

nur wenige drangen
bis in die Festungen der Neuzeit vor
o weh! in jämmerlichem Zustand
ohne Panzer, der an Morgenstern erinnerte
wir halfen ihnen wieder auf die Beine
und polierten Helm und Harnisch bis sie glänzten wie
unsere Stiefel am Nikolaustag

so bewachten sie noch wochenlang
Regal und Fensterbrett

wir aber, selbst edle Ritter, dachten stets zuerst
an Reh und Kitz im Winter
war doch ein voller Sack so kostbar fast
wie eine Ladung Seide und ergab durchaus
drei Tafeln Schokolade



– Dirk Tilsner –



November 11, 2025



Empfindlich



Keiner trägt auf Bora Bora

Badewäsche aus Angora,

außer Tante Theodora –

von Geburt an thermophil.

 

Und so kriegt sich am Atolle

ihr Gemahl, der Onkel Bolle,

mit der Gattin in die Wolle

über Bademodenstil.



– Stefan Pölt –





Unmut der Baumfrauen



 – Die Köpfe schon fast licht

stehn alle dicht an dicht

als ob da etwas

zu besprechen wäre


Vielleicht ein Pläuschchen

über Wald-Frisöre

und deren fragwürdige Zunft?


Entgegen der Vernunft

ließ man sich gestern Strähnchen färben

von einem derben Lümmel


Heut hört vom hohen Himmel

man Vögel lästern:

Vorbei ihr Waldes-Schwestern

ist wohl das Träumen


Die Haarpracht schwindet

je mehr es windet –

bald ist sie hin


Macht wenig Sinn

sich aufzubäumen!



– niemand –



November 10, 2025



Distelherz



– Wir haben über dich gesprochen.

Aus deinem Blatt

Stacheln und Dornen entfernt,

damit wir dich nicht mehr

fürchten müssen,

wenn du blühst.


Wir haben über dich geschwiegen.

Aus deiner Mitte

die Blüte gerissen für unsere Vase.

Ein Lichtspiel aus Asche gedreht

um deine Wurzeln.


Ohne fragen zu müssen,

wovor du dich schützt.



– ubertas –



November 09, 2025



Und wenn es schließlich



 – Und wenn es schließlich kalt und leis im Dunkeln,

ein schützend Flackern zünd ich in dir an.

Erblühen lass ich’s, bringe es zum Funkeln,

so stark, so kraftvoll wie nur ich es kann.


Ein Jahr lang warte ich auf diese Zeit,

wart ich darauf, dir dieses Licht zu schenken,

um Glück und Zuversicht und Heiterkeit

mit guten Wünschen in dein Herz zu lenken.


Lass mich dich sanft nun wärmen im Erhellen.

Verspür das Gute, was still in uns wohnt.

All finstres Denken soll daran zerschellen.

Zurück bleibt, wofür sich das Leben lohnt.


Nur kurz scheine ich stark und voll in dir.

Verweilen wird ein Glühen, ein Erinnern,

das anderntags dir zeigt: Ich bin noch hier.

Lass stetig meine Quelle in dir schimmern.



– Marcus Sommerstange –



November 08, 2025



In freier Wildbahn



– Ein Bär und eine Tigerin,

die knüpften zarte Bande

und wandelten - ein Herz, ein Sinn -

durch fabelhafte Lande.


Schon bald hat Nachwuchs im Revier

die Liaison gesegnet.

Sei folglich auf der Hut, wenn dir

ein Bärtiger begegnet …



– Cornelius –