Von einem Hasen
Morgens, lange vor halb sieben,
Morgens, lange vor halb sieben,
Lieber Jesus,
wenn du nächstens, wie alljährlich,
neu erscheinst zur großen Feier
der Gebete, falsch und ehrlich,
Völlerei und bunter Eier,
der Erneuerung der Säfte
und des Lichts in Herzbereichen,
dann vergeude deine Kräfte
statt an uns – an deinesgleichen!
Ja, an einem wie den einen
mit der blonden Endzeit-Tolle,
den Jongleur (mit kurzen Beinen)
in der Action-Dauerrolle,
jenen ich-weiß-alles-Brüller,
Spieglein-an-der-Wand-Versteher,
Bärenbinder, Taschenfüller,
Edeldieb und Nebelkräher.
Preise ihn und seine Rache
an den nimmersatten Maden,
dass er alles(!) besser mache
als du selbst, von Gottes Gnaden.
Will er dann mit dir verhandeln,
um die Jünger auszurauben,
lass ihn übers Wasser wandeln
und ganz fest in seinem Glauben.
Wenn er endlich aufsteigt – bitte
bitte in Gewittermitte …
– Dirk Tilsner –
– Herr Pott, als er die Welt betrat,
War fertig hergestellt und tat
Die Umgestaltung allen Seins
Als nichtig ab: «Das ist nicht meins,
Ich will die Welt nicht umgestalten,
Ich will sie, wie sie ist, behalten.
Und was ich bin, will ich nicht ändern,
Was soll ich denn in andern Ländern,
Ich will nicht denken und verreisen,
Ich bleibe einfach auf den Gleisen,
Wie sie das Schicksal ausgelegt.»
Herr Pott hat sich nie mehr bewegt.
Er war nie krank, war nie gesund,
Und so wie er, war auch sein Hund,
Nie hat er sich etwas gefragt,
Nie aber und vielleicht gesagt,
Die andern Menschen nahm er hin
Als irgendetwas mittendrin
Im Dasein. Und ansonsten wähnte
Er sich am Leben. Aß. Und gähnte.
Und als er dann gestorben ist,
Hat niemand den Herrn Pott vermisst,
Er starb vergreist für sich allein
Und wurde sterbend noch zu Stein.
Und lebt jetzt weiter, eingewettert
Als Gartenzwerg, salatumblättert.
– Peter Welk –
– Dies erogene Brummen
Des Zwölfzylinder V
Lässt demütig verstummen:
Ein Traum metallic-blau.
In Chrom gehüllte Felgen
Mit Schlappen: 30 Zoll.
Welch ehrfürchtiges Schwelgen,
Mit einem Wort nur: Toll.
Der Spoiler küsst die Straße
Bei offenem Verdeck
Und – Gipfel der Ekstase –
Blondine im Gepäck.
– Es war einmal ein Krokodil,
Das lebte irgendwo
In Afrika am Nil, gleichviel,
Vielleicht sogar am Po.
Und eines Tages kam ein Leu
Zum Krokodil und sprach:
«Ich bin ein Leu und wasserscheu,
Und das bedrückt mich, ach!»
Das Krokodil zog ein Gesicht
Und sprach: «Das Wasser tut
Mir gut, ich fürcht das Wasser nicht.»
Dann kroch es in die Flut
Und schob sich einer Nilkuh zu,
Der Leu hat sich gestreckt,
Denn Lust auf eben diese Kuh
War auch in ihm geweckt.
Das Krokodil schlang mit Genuss,
Hat lange dran geschlemmt,
Den Kuhschwanz hat der große Fluss
Am Leu vorbeigeschwemmt.
Der rief die Löwengötter an,
Die Erde hat gebebt:
«Wer nicht ins Wasser gehen kann,
Der hat umsonst gelebt!»
Er sah dem Schwanz entsagend nach,
Wie der im Nil verschwand,
Zog heimwärts in die Wüste, ach,
Starb wasserscheu im Sand.
– Peter Welk –
– Wenn ich den Urzeithai erwähne,
so weine ich stets eine Träne.
Nur Wirbel noch und große Zähne
sind von ihm übrig, und vom Mahl
(er fraß am liebsten Bartenwal)
nur Knochen, die er nicht zerriss,
mit einer Spur von seinem Biss.
Er schwamm vergnügt in warmen Meeren
mit seinem hundert Tonnen schweren,
doch schlanken Leib, und beim Vermehren
kam oft ein süßes Zwillingspaar
(die Schwangerschaft ging fast ein Jahr),
das dann im Kinderstübchen saß,
damit kein Elternteil es fraß.
Die Babys, die vier Meter maßen,
weil sie als Föten Föten aßen,
verloren Zähne und vergaßen
es gleich, weil schon ein neuer kam
(ein Wechsel, der kein Ende nahm).
Die Zahnfee strich bei jedem Hai
rund 40000mal vorbei.
Ich würde alles darum geben,
die Tiere wieder zu beleben.
Für sie ein Flachmeer auszuheben,
wär mein Pläsir. Ich baute stolz
(aus Panzerglas und Ebenholz)
für sie, zur Aussicht auch nicht dumm,
ein Miozän-Aquarium …
– gummibaum –