Saharasand




Gerad, als man Saharasand

in Tini B's Samara fand,

erhob sich wie von Zauberhand

ein gelbes Stückle Theraband

und flog zum Niagararand,

wo einsam ein Ferrari stand,

in dem sich Jan mit Tini wand,

schlang sich um die Revolverhand

von John (dem mit dem Sonnenbrand)

und schnippste sie mit Sachverstand

nach vorn, zurück und umanand,

bis dass der Schuft im Schwarzgewand

krakeelend in der Schlucht verschwand.



 – Andrea M. Fruehauf –





 


the big tiny 



– Nachts fallen Sterne ins Meer 

weiß nicht wer sie wirft, wer sie fängt 

und dass es mich meerwärts drängt 

gezeitenlängs, die Nacht wiegt schwer 


Bin ich die, die wartend am Saum 

sich in den Elementen fand 

treibendes Zeitgut verloren im Sand 

zerriebener Sterne – im Zwischenraum 



– Morphea –



 


Wenn der Schornstein raucht





Ick bin een orjinales Schwerjewicht,

Naturbelassen, im Jeruch vaführend,

Die Sehnsucht scheuer Seelen schürend

Nach Mann. Und ick verleugne nicht


Mein loderndes Verlangen, wenn een Weib

Mir jradezu entjegenkommt und haucht:

«Nimm mir und leg mir hin!» Denn raucht

Der Schornstein überm Haus, und ihren Leib


Seh ick im Rauch zum Anjebot vawirbeln,

Und weil die Kontenanz nicht weiter stört,

Darf mir det Weib im Oberstübchen zwirbeln

Und ick een Mann sein, wie et sich jehört.



 – Joe Fliederstein –



 


akt absurdum



Der Morgen rekelt sich auf der Leiste.
In mürrischen Falten die Gardine darunter
hängt noch etwas durch. Sie mag den
alten Stänkerer Helios ohnehin nicht.

Expressionistisches Stillleben in der Küche:
Mülleimer (schnarcht mit offenem Maul) vor
Geschirr im Spülbecken (cubism in action).
In der Ecke Fett-flennende Kacheln ...

Vorsichtig taste ich mich durchs Kunstwerk.
Das perfekte Perpeptuum inmobile, lautlos wie ein
toter-Pharaonen-Traum! (Bloß gut, dass der Hacken-
Specht über mir heute ohrenscheinlich frei hat.)

Planung ist der halbe Sonntag. Der Tisch wartet
geduldig auf den ersten Kaffeefleck. Ich kenne
Erbarmen. Nach dem dritten Pott ein Entschluss:
Ich werde endlich ein Gedicht von dir schreiben.

Ob es dich wirklich gibt?



 – Dirk Tilsner –





Unterwegs



– Der Tod ist heute wundersamer Laune.

Er schreitet summend über warme Hügel,

Am Hut ein Sträußchen flüsternder Alraune,

Verdreht sich kurz vor eines Steines Spiegel

Und putzt verschmitzt mit munterem Geraune

Dem nächsten Engel einfach so die Flügel.


Des Nächtens hielt er Ernte, welche Wonne!

Er schnitt und mähte, löschte ein paar Kerzen,

Vergatterte die beinerne Kolonne

Wie aufgeräumt, um hie und da zu scherzen.

Er fächelt sich ein Wölkchen vor die Sonne

Und ruht ein wenig, pflegt die alten Schmerzen.


Zum Abschied winkt er einmal noch den Linden.

Sie rauschen leise, ohne je zu klagen,

Und sehen ihn im nahen Wald verschwinden.

Schon bald ertönt sein emsig lautes Schlagen.

Er eilt sich, um aufs Neue zu befinden

Und lässt den Wind die Kunde weiter tragen.



– Andrea M. Fruehauf –



 


Am Ende 

der bewohnten Welt



 – vor einer weißen Hausfront
schiebt ein halbglatziger Mann mittleren Alters
einen leeren Rollstuhl
durch den Regen


quer über den Bürgersteig
parkt ein Elektroroller
herausfordernd
als suche er Streit



– Christian Fechtner –







 Mut zur Lücke 



– Es sind so viele Wissenslücken, 

Mehr Löcher als solider Grund, 

Nur Bruch in kleinen Einzelstücken 

Und ab und zu ein Zufallsfund. 


Ich kenne weder Ibsens Dramen, 

Noch den Geburtsort von Monet 

Und auch die vierzehn, fünfzehn Namen 

Der Jünger Jesu sind passé. 


Mir sagen Nibelungenstrophen 

So wenig wie Excalibur, 

Auch passe ich bei Philosophen, 

Mal abgesehn von Dieter Nuhr. 


Selbst Daten kann ich mir nicht merken, 

Nicht mal die Gründung der Türkei, 

Von Schillers oder Goethes Werken 

Ist mir nur eins präsent: Der Schrei. 


So bleibe ich wohl wissenslücklich 

Und lebe dennoch voll Genuss, 

Bin ungebildet, aber glücklich, 

Dass man nicht alles wissen muss. 



– Stefan Pölt –



 


Lascher Mittwoch



Der Ascher quillt über, Hermine,

die Tage des Narren sind tot.

Der Qualm schwängert Luft und Gardine,

in Ohnmacht fällt grad eine Spinne -

auch mich haut der Tag aus dem Lot.


In Armen des Spirit gefangen,

erschien sie mir rosig die Welt,

am Montag. Heut starb mein Verlangen

nach ihr, sie erfüllt mich mit Bangen -

ihr Antlitz scheint grausam entstellt.


Ich weiß nicht, was soll das bedeuten,

dass ich derart unmutig bin -

noch gestern per DU mit den Leuten,

die sich, so wie ich, närrisch freuten,

seh ich keinen Sinn heut mehr drin.


Mir ist nach Versinken im Bette,

nach Weltflucht, nach Tiefschlaf und Ruh.

Zur Zeit jedoch, in dieser Stätte,

bin ich noch mit Kopfschmerztablette

und Bismarck, dem Hering, per DU.



 – niemand –





 es frisst der teufel in der not 

auch fliegen 



– der teufel frisst ja in der not auch fliegen 

obwohl er mehr auf satansbraten steht 

doch ist der leider gottes nicht zu kriegen 

wenn seine großmutter in urlaub geht 


denn die allein weiß so das fleisch zu braten 

dass es ihr‘m enkel immer wieder schmeckt 

manch andren ist‘s misslungen und missraten 

ins fegefeuer hat er die gesteckt 


wo sie alsdann am eig‘nen leib erfahren 

was eine krosse bratenkruste ist
durchbraten lässt er sie mit haut und haaren 

ein lehrgang den nie eine/r mehr vergisst – 

und frisst derweil bloß fliegen, ausnahmsweise, 

bis seine oma heimkommt von der reise … 



– harzgebirgler –




 

Gleiche Gier für alle!



– Paul Pütter ist vom Wesen her ein Reh,

ein scheues, wie es durch Romane springt

die Bächlein lang, derweil die Lerche singt;

und manchmal hüllt Paul Pütter auch der Schnee


in Jahreszeit und Stillvergnügen ein.

So pulst Paul Pütters Leben vor sich hin.

In seinem Schädel pulsen dick und dünn

die schönen Frauen zu Gesang und Wein,


wenn nach dem Winter ihn der Narrentrieb

zu Frohsinn und Enthemmung ruft, dann platzt

in Pütters Sein ein Knoten, Irrsinn kratzt

die scheue Seele auf … (wie Goethe schrieb:


Zum Rosenmontag juckt‘s in Zahn und Finger,

es schrumpft der brave Mann zum Lustmaulschlinger.) 



– tordilo –