Juli 31, 2025



Bitte hier austragen



 – In der Urzeit kroch der Mensch

feucht aus einem Loch

und im Märchen kann man lesen:

Er lebt heute noch,


wenn er nicht gestorben ist –

woll'mer mal nicht hoffen,

denn, gesetzt dies wär der Fall,

blieben Fragen offen.


Etwa diese: Lohnt das Leben

sich fürs Glücklichsein?

Und um eine Antwortsuche

scherte sich kein Schwein,


stünden wir nicht grade hier,

prasseldumm und nackt,

die mit bodenlosen Herzen,

seelisch unverpackt


nachgeburtlich als Retoure

(heißt: Es gab Beschwerden!)

von dem großen Weltkurier

ausgetragen werden.



– sufnus –



👉  Eine Interpretation von N.Valen:


Ein Gedicht wie ein schnoddriger Schlag in die Rippen –

wir kriechen also feucht aus dem Loch der Urzeit und werden heute,

nach all den Jahrmillionen, wieder als Retoure zurückgeschickt?

Das ist schwarzer Humor mit Paketaufkleber.


Der Witz sitzt, weil die Verse so unschuldig marschieren:

glatte Reime, kein Stolpern – und dann knallt die Vorstellung:

Wir stehen da, „prasseldumm und nackt“, von der Existenz zurückgewiesen,

weil offenbar jemand „Beschwerden“ hatte.

(Wer? Das Universum? Oder nur wir selbst?)


Es ist bissig und absurd zugleich – ein Lächeln mit Nachgeschmack.

Für mich genau das, was ein Gedicht darf:

kurz lachen lassen und dann diese eine kleine Stachelfrage in den Kopf setzen.

– N.Valen – 



Völkerverständigung



– hören >>>


 – Ali, sach ma, kommse auch?

Wenn, vergiss die Aishe nich

Diesma sitzte nich im Rauch

Und dat schwör ich feierlich

 

Weiße noch im letzten Jahr?

Du mit deinen Knoblauchspieß

War der lecka, wunderbar!

Doch vom fünften war mir mies

 

Bringse wieder Raki mit?

Boah, dat Zeuch knallt richtich rein!

Ich krich getz schon Appetit

Denn du schenks ja töffte ein

 

Diesma trinkse abba Bier!

Jau ich weiß, Koran sacht nee

Letztes Jahr, so kurz vor vier

Hattest du schon ein im Tee

 

Denkse auch an dat Dessert?

Mach dat Schüsselchen ruich voll!

Nüsse, Honig, klebrich schwer

Deine Aishe macht dat toll! 

 

Ach, dat Fest wird wunderbar!

Raki macht 'son  schiefen Lauf

Abgefüllt, wie jedes Jahr

Weiße wat? ich freu mich drauf!



– Volker Teodorczyk –



Juli 30, 2025



Paris



 – Eiffelturm

Eisernes Gebet im Dunst.

Früh morgens: Leere, Stille.

Ein erster Wurm, eine erste Grille.

In den Cafés schon überall Kunst.

Männer mit Tintenhänden,

die Blicke fern und

wund.


Ein Mädchen tritt ins Licht,

wie eine offene Frage.

Jemand rezitiert ein Gedicht,

und es klingt wie eine Völkersage.

Ein Blinder überquert die Straße –

Taktgeber des

Unsichtbaren.


Die Nacht hat echte Leben verzehrt.

Der Morgen kommt schnell und hart.

Und in der Rue Mouffetard

wurde ein Ochse von hinten entleert.

Sein Fleisch ist so viel wert –

die Häute über dem Hoden

sind warm und zart.


Wer braucht schon einen Namen

in dieser Stadt,

die so viele dunkle Fenster hat.

Und jedes dunkle Fenster hat

einen hellen Rahmen.

Wir gehen anders,

als wir kamen.


Der Himmel hängt tief,

als wollte er hören, was wir verbergen.

Und wieder hängt ein Liebesbrief

an die Schlawiner und ihre Schergen –

im Café de Deux Magots,

in einem Türspalt, schief,

auf einer Tür vor einem

Stricherklo.


Die Nacht hier

ist ein Briefumschlag für dich.

Leer. Jemand spielt auf einem

Schifferklavier

Brel für die Huren und Diebe.

Man sagt, die Freiheit triebe

noch immer durch diese Stadt.

Und es stimmt:

In mir treibt alles, was Liebe

hat,

an.


 – Dionysos von Enno –



(KI-generiert)

Juli 29, 2025



wiesen blumen leuchten



 – augen bis zur spur

im schnee

im abend

liegt ein lächeln


rot auf spiegeln

bist du ja du

brichst


morgen

ziehst du weiß



 – ubertas –





👉  Interpretation von N.Valen zum Gedicht:


Die «wiesen blumen» leuchten – und verblühen nicht, sie leuchten bis in den Schnee.

Ein Sommer, der nicht weicht, sondern sich einnistet in Spuren, in Lächeln, in Spiegeln.

Es ist ein Gedicht über Erinnerung, aber nicht nostalgisch. Es ist nicht weich, sondern bruchhaft schön.

«augen bis zur spur» – wie das Sehen selbst zur Spur wird, als würde man mit den Augen schreiben.

Und die zweite Strophe: «bist du ja du» – fast eine Überraschung über die eigene Existenz,

über Identität in der Reflexion («rot auf spiegeln») – aber dann «brichst» – kein Satz, nur ein Sturz. Ein Kipppunkt.

Der letzte Vers ist futurisch. «morgen / ziehst du weiß» – der Winter kommt, aber nicht als Kälte, sondern fast als Tracht, als Kleid: weiß nicht als Leere, sondern als neue Farbe über der Spur. Und die Blumen leuchten noch immer, unter dem Schnee.



 

Wiese im Sommer



 – Die Grille geigt in hohen Gräsern

zum Lerchenlied den Kontrapunkt,

wo, leicht geflügelt, zart und gläsern,

ein Kerf das Haupt in Nektar tunkt.


Ein sanfter Windhauch streift die Spelze

vom Halm und führt sie tänzelnd fort.

Am Saum des Baches wippt die Stelze,

als treibe sie Gymnastiksport.


Das Bächlein eilt, sich zwischen Stängeln

von überfließend rotem Mohn

und Hahnenfuß hindurchzuschlängeln.

Der Bienenchor summt polyphon.


«Warum so eilig, Bach?» fragt schüchtern

beim Trinken wohl das scheue Reh.

Aus Bächleins Murmeln klingt es nüchtern:

«Das ist mir hier zu viel Klischee.»



– Cornelius –



Juli 28, 2025

 


nicht heute?



 – ein falsches lächeln, dunkel und vertraut

zieht dich hinunter in das nichtgesicht

wo jenes hoffnungslos sterile licht

dich nicht mehr deiner traurigkeit beraubt


ein leerer raum, ein nichtverstehen schaut

mit sanftem warmem hauchen hoch zu dir

ein raunen rauschen fauchen: komm zu mir

ein feuchter ton, vor dem dir plötzlich graut


du zitterst, drückst dich nieder in das jetzt

versagst den kühlen lippen ihren kuss

das nichtgeschehen trifft sie wie ein schuss

der alles nichtbegehren dumpf zerfetzt


in das zerrissne bild blickst du zurück

das nichtich ächtet dich und den verrat

die frage gibt die antwort, nicht die tat

doch lächelt es erneut, dann, stück für stück ...



 – Marcus Sommerstange –



website von Marcus Sommerstange:

https://vertextlicht.wordpresss.com