Mut zur Lücke 



– Es sind so viele Wissenslücken, 

Mehr Löcher als solider Grund, 

Nur Bruch in kleinen Einzelstücken 

Und ab und zu ein Zufallsfund. 


Ich kenne weder Ibsens Dramen, 

Noch den Geburtsort von Monet 

Und auch die vierzehn, fünfzehn Namen 

Der Jünger Jesu sind passé. 


Mir sagen Nibelungenstrophen 

So wenig wie Excalibur, 

Auch passe ich bei Philosophen, 

Mal abgesehn von Dieter Nuhr. 


Selbst Daten kann ich mir nicht merken, 

Nicht mal die Gründung der Türkei, 

Von Schillers oder Goethes Werken 

Ist mir nur eins präsent: Der Schrei. 


So bleibe ich wohl wissenslücklich 

Und lebe dennoch voll Genuss, 

Bin ungebildet, aber glücklich, 

Dass man nicht alles wissen muss. 



– Stefan Pölt –



 


Lascher Mittwoch



Der Ascher quillt über, Hermine,

die Tage des Narren sind tot.

Der Qualm schwängert Luft und Gardine,

in Ohnmacht fällt grad eine Spinne -

auch mich haut der Tag aus dem Lot.


In Armen des Spirit gefangen,

erschien sie mir rosig die Welt,

am Montag. Heut starb mein Verlangen

nach ihr, sie erfüllt mich mit Bangen -

ihr Antlitz scheint grausam entstellt.


Ich weiß nicht, was soll das bedeuten,

dass ich derart unmutig bin -

noch gestern per DU mit den Leuten,

die sich, so wie ich, närrisch freuten,

seh ich keinen Sinn heut mehr drin.


Mir ist nach Versinken im Bette,

nach Weltflucht, nach Tiefschlaf und Ruh.

Zur Zeit jedoch, in dieser Stätte,

bin ich noch mit Kopfschmerztablette

und Bismarck, dem Hering, per DU.



 – niemand –





 es frisst der teufel in der not 

auch fliegen 



– der teufel frisst ja in der not auch fliegen 

obwohl er mehr auf satansbraten steht 

doch ist der leider gottes nicht zu kriegen 

wenn seine großmutter in urlaub geht 


denn die allein weiß so das fleisch zu braten 

dass es ihr‘m enkel immer wieder schmeckt 

manch andren ist‘s misslungen und missraten 

ins fegefeuer hat er die gesteckt 


wo sie alsdann am eig‘nen leib erfahren 

was eine krosse bratenkruste ist
durchbraten lässt er sie mit haut und haaren 

ein lehrgang den nie eine/r mehr vergisst – 

und frisst derweil bloß fliegen, ausnahmsweise, 

bis seine oma heimkommt von der reise … 



– harzgebirgler –




 

Gleiche Gier für alle!



– Paul Pütter ist vom Wesen her ein Reh,

ein scheues, wie es durch Romane springt

die Bächlein lang, derweil die Lerche singt;

und manchmal hüllt Paul Pütter auch der Schnee


in Jahreszeit und Stillvergnügen ein.

So pulst Paul Pütters Leben vor sich hin.

In seinem Schädel pulsen dick und dünn

die schönen Frauen zu Gesang und Wein,


wenn nach dem Winter ihn der Narrentrieb

zu Frohsinn und Enthemmung ruft, dann platzt

in Pütters Sein ein Knoten, Irrsinn kratzt

die scheue Seele auf … (wie Goethe schrieb:


Zum Rosenmontag juckt‘s in Zahn und Finger,

es schrumpft der brave Mann zum Lustmaulschlinger.) 



– tordilo –


 


Schneewittchens

Rosenmontag



– Frau Schmidtchen geht zum Karneval als Flittchen.

Frau Schmidtchen ist ein Ausbund an Moral

normalerweise dort im Zillertal,

wo man sie kennt als Zillertalschneewittchen,


das couragiert den Zillertaler Kerlen

den Weisel gibt, wenn diese sie umgurren,

dann hört man Schmidtchens Kicherkatzenknurren:

Sie werfe vor die Säue keine Perlen,


es sei denn …! (Und es ist im Karneval,

dass im Schneewittchen seltne Säfte gären,

die rosenmontags ihm das Herz beschweren,

dann pfeift Schneewittchen hörbar auf Moral.)


Dann haut‘s Frau Schmidtchens Haltung in den Keller,

ihr schwillt ein Giergesicht plus Lustpropeller.




– tordilo –





Spätlicht



 – Südwindbesiegelt ist unser Schlaf

ein Hirtenfragment kaum

lerchenschlaglang


Unsere Herden entweiden sich

am himmelgrünen Rand


Die Fremden der Häuser

Kindheitstransit

sieh doch nur


Wir zetteln die Sterne an

sind kleine Rufzeichen


Durch unsere Stimmen wandert der Mond



 – sufnus –



 


März



Der Wind pfeift rau, die Pappel zittert,

ein Specht, der fällt, Gehirn erschüttert.

Schad, grad war er aufs „Klopf“ noch stolz,

doch härter als sein Kopf ist Holz.


Die Sonne sucht die Welt zu küssen

und erntet Unmut der Narzissen –

sie schauen müde aus der Wäsche.

Welch kalter Kuss klagt eine Esche,


und spricht in Richtung weißer Birken:

Sie denkt, sie könnte hitzig wirken.

Die ist so blass, man glaubt gleich fälltse

vom Himmel. Ja, betont die Stelze,


die nah am Rand vom Weiher geht,

an dem ein Reiher bleiern steht,

den es nach Frosches Schenkeln giert.

Letztendlich bleibt er angeschmiert –

das Fröschlein lässt sich nicht stibitzen,

zeigt ihm nur, wo die Locken sitzen.


Ein Schneeglöckchen übt auf der Bimmel,

und über dem müht sich der Himmel

sein  blaues Band noch fix zu hissen –

das will vom Flattern kaum was wissen.


Ein Königsblau sei wohl sein Ziel –

hierzu brauchts Zeit


bis zum April!



– niemand –