Am Ende
der bewohnten Welt
– Christian Fechtner –
– Es sind so viele Wissenslücken,
Mehr Löcher als solider Grund,
Nur Bruch in kleinen Einzelstücken
Und ab und zu ein Zufallsfund.
Ich kenne weder Ibsens Dramen,
Noch den Geburtsort von Monet
Und auch die vierzehn, fünfzehn Namen
Der Jünger Jesu sind passé.
Mir sagen Nibelungenstrophen
So wenig wie Excalibur,
Auch passe ich bei Philosophen,
Mal abgesehn von Dieter Nuhr.
Selbst Daten kann ich mir nicht merken,
Nicht mal die Gründung der Türkei,
Von Schillers oder Goethes Werken
Ist mir nur eins präsent: Der Schrei.
So bleibe ich wohl wissenslücklich
Und lebe dennoch voll Genuss,
Bin ungebildet, aber glücklich,
Dass man nicht alles wissen muss.
– Stefan Pölt –
Der Ascher quillt über, Hermine,
die Tage des Narren sind tot.
Der Qualm schwängert Luft und Gardine,
in Ohnmacht fällt grad eine Spinne -
auch mich haut der Tag aus dem Lot.
In Armen des Spirit gefangen,
erschien sie mir rosig die Welt,
am Montag. Heut starb mein Verlangen
nach ihr, sie erfüllt mich mit Bangen -
ihr Antlitz scheint grausam entstellt.
Ich weiß nicht, was soll das bedeuten,
dass ich derart unmutig bin -
noch gestern per DU mit den Leuten,
die sich, so wie ich, närrisch freuten,
seh ich keinen Sinn heut mehr drin.
Mir ist nach Versinken im Bette,
nach Weltflucht, nach Tiefschlaf und Ruh.
Zur Zeit jedoch, in dieser Stätte,
bin ich noch mit Kopfschmerztablette
und Bismarck, dem Hering, per DU.
– niemand –
– der teufel frisst ja in der not auch fliegen
obwohl er mehr auf satansbraten steht
doch ist der leider gottes nicht zu kriegen
wenn seine großmutter in urlaub geht
denn die allein weiß so das fleisch zu braten
dass es ihr‘m enkel immer wieder schmeckt
manch andren ist‘s misslungen und missraten
ins fegefeuer hat er die gesteckt
wo sie alsdann am eig‘nen leib erfahren
ein lehrgang den nie eine/r mehr vergisst –
und frisst derweil bloß fliegen, ausnahmsweise,
bis seine oma heimkommt von der reise …
– harzgebirgler –
– Paul Pütter ist vom Wesen her ein Reh,
ein scheues, wie es durch Romane springt
die Bächlein lang, derweil die Lerche singt;
und manchmal hüllt Paul Pütter auch der Schnee
in Jahreszeit und Stillvergnügen ein.
So pulst Paul Pütters Leben vor sich hin.
In seinem Schädel pulsen dick und dünn
die schönen Frauen zu Gesang und Wein,
wenn nach dem Winter ihn der Narrentrieb
zu Frohsinn und Enthemmung ruft, dann platzt
in Pütters Sein ein Knoten, Irrsinn kratzt
die scheue Seele auf … (wie Goethe schrieb:
Zum Rosenmontag juckt‘s in Zahn und Finger,
es schrumpft der brave Mann zum Lustmaulschlinger.)
– Frau Schmidtchen geht zum Karneval als Flittchen.
Frau Schmidtchen ist ein Ausbund an Moral
normalerweise dort im Zillertal,
wo man sie kennt als Zillertalschneewittchen,
das couragiert den Zillertaler Kerlen
den Weisel gibt, wenn diese sie umgurren,
dann hört man Schmidtchens Kicherkatzenknurren:
Sie werfe vor die Säue keine Perlen,
es sei denn …! (Und es ist im Karneval,
dass im Schneewittchen seltne Säfte gären,
die rosenmontags ihm das Herz beschweren,
dann pfeift Schneewittchen hörbar auf Moral.)
Dann haut‘s Frau Schmidtchens Haltung in den Keller,
ihr schwillt ein Giergesicht plus Lustpropeller.
– tordilo –