Dezember 17, 2024

 


Fortgegangen



Er mag nicht mehr, er mag die Nächte nicht,

des Totenvogels elendiges Wimmern,

dies Grinsen, dies verfluchte Mondgesicht

im Aug des Sees, sein bitterböses Schimmern.

 

Was will ich hier, er weint ein wenig, fegt

den unberührten Schnee mit bloßen Händen

vom Eis, die Scholle, die ihn schwankend trägt,

erbietet sich ein letztes Mal zu wenden.  

So halt doch ein! Er träumt von seinem Weib!

 

Der blinzelt, lacht, den spröden Bart voll Reif,

und formt den Mund zu winterblauem Staunen.

Ein Fischlein spricht zu ihm, ein Silberraunen

kriecht tröstend in sein Herz, in seinen Leib

und wiegt das Schilf, in dem die Dommel schreit.



 – Andrea M. Fruehauf –



Dezember 16, 2024

 


Wiedersehen



 – Nach dreißig Jahren treffen wir uns wieder.

Ich staune, was aus dir geworden ist!

Du wirkst auf mich so saturiert und bieder;

Mir war erst gar nicht klar, dass du das bist!


Und du erzählst mir viel! Ich höre,

Du hast jetzt Kinder, Frau, ein großes Haus.

Bei einer Bank, da machtest du Karriere

Und lebst, sagst du, in Saus und Braus.


Vor dreißig Jahren warst du voller Ideale,

Voll Wagemut und voll Elan!

Jetzt scheinst du abgedriftet ins Banale.

Dass du nicht glücklich bist, sieht man dir an.


Es ist schon spät. Ich muss jetzt gehen.

Du schaust mich an mit einem Hundeblick

Und fragst, ob wir uns wiedersehen.

Als wir uns trennen, schau ich nicht zurück.



– Fritz Pfeiffer –



Dezember 15, 2024



Der erkältete Omnibus 


( Kindergedicht )

 – Ein Omnibus ist müde
und stellt sich vor ein Haus,
er schiebt die Türen leise zu
und löscht die Lampen aus.

Er ist schon eingeschlafen,
ein Schild sagt gute Nacht,
da hat im Haus der kleine Klaus
ein Fenster aufgemacht.

Er schüttet kaltes Wasser
dem Omnibus aufs Dach,
der Omnibus kriegt einen Schreck,
und davon wird er wach.

Der kleine Klaus am Fenster
gießt Wasser immer mehr,
der Omnibus erkältet sich,
das Fieber plagt ihn sehr.

Der kleine Klaus holt Tücher
und geht zum Omnibus
und reibt ihn ab und drückt ihm auf
die Scheibe einen Kuss.
    
«Jetzt darf ich dich behalten,
du bist gesund gemacht!»
Und hopplahopp, der kleine Klaus
steigt ein und hupt und lacht.

Der Omnibus soll fahren,
und müde ist er doch,
er fährt – und plötzlich fährt er quer,
hängt fest in einem Loch.

Der kleine Klaus muss laufen,
die Augen gehn ihm zu,
er kommt nach Haus zurück und fällt
ins Bett mit Hemd und Schuh.


– Peter Welk –


 


Meins



 – Der Himmel ist mein Intimus
Das Ufer Almanach
Mein Hund ein Freund ein Zerberus
Mein Mantel Schlafgemach

Die Flasche ist mein Heizkamin
Mein Deo ist der Wind
Die Wolken sind mein Baldachin
Der treue Floh mein Kind

Das Pflaster ist mein Kanapee
Die Tonne ist mein Koch
Mein Arzt ist von der Heilsarmee
Der Frost mein stetes Joch

Heut riechts nach Zimt und heißem Wein
Und du schaust vorwurfsvoll
Nun lauf schon Jago
Lauf allein
Ich hab die Schnauze voll



Andrea M. Fruehauf



Dezember 14, 2024



Abschiedsgebet

für Georg Kreisler 


(2013)



 – Lieber Gott, er wird nun zu dir kommen,

Wenn er Glück hat, lässt du ihn auch rein,

Warnen solltest du die andern Frommen,

Denn er wird kein Bagatellfall sein.


Wenn er kommt, verhülle deine Engel,

Lass die rosa Wolken eingepackt,

Nimm den Neuen väterlich am Gängel

Und verbiet‘ ihm den Dreivierteltakt.


Unten hat er sich enorm verschwendet,

Niemand sah ihn schief im Leben stehn,

Immer hat er sich dem Witz verpfändet,

Und zur Beichte ließ er and‘re gehn.


Lass ihn spüren, dass der Ernst des Lebens

Nunmehr auch für ihn beginnen wird,

Sag ihm deutlich, dass er nun vergebens

Sich aufs Leichtgepäck besinnen wird.


Wenn es sein muss, lieber Gott, verbinde

Ihm die Augen vor dem ew‘gen Glück,

Dass er möglichst bald zur Reife finde,

Und dann, bitte, schick ihn uns zurück!



 – Peter Welk –



Dezember 13, 2024

 


Das Jahr 

neigt sich dem Ende zu



 – Das Jahr neigt sich dem Ende zu,

die Felder legen sich zur Ruh

von Flocken sanft bedecket,


da hast wohl, frecher Winter, Du

gar hurtig Schnee und Frost im Nu

aus tiefem Schlaf erwecket.


Die Nacht erstarrt in kaltem Blau,

die Feldmaus träumt in ihrem Bau

von Bucheckern mit Schleifen,


und ich bin kurz vor Gaggenau

der Grund für einen Megastau

mit meinen Sommerreifen.



 – Rudolf Anton Fichtl –



Dezember 12, 2024



Orchesterprobe 

 

– Ta-ta-ta-ta, Tata-tumm, Flütotat
Zipolatum Violimanti! CAPITO?

AHA!
Flütomanti, Violitat, Tata-tumm?

Oh, no, no, no!
Ta-ta-ta-ta, Tata-tumm, Flütotat
Zipolatum Violimanti! BASTA!!

OHO!
Flütolatum, Tata-manti, Zipolat?

No, no, no, no, no!!!!!!!!!!
Ta-ta-ta-ta, Tata-tumm, Flütotat
Zipolatum Violimanti! O.K?

YESS!
Zipolatum, Flütomanti, Violitat?

Njet, njet, njet!
Ta-ta-ta-ta, Tata-tumm, Flütotat
Zipolatum Violimanti! VERSTANDEN?

HARASCHO!
Violitati, Flipomanti, Zipfelumi?

Nein, nein ,nein!
Ta-ta-ta-ta, Tata-tumm, Flütotat
Zipolatum Violimanti! KAPIERT?

HÄ?

DILETTANTEN
BANAUSEN!
IDIOTEN!

Piep?


– niemand –