Sonntag



Des Tages Atem geht so feucht

lässt diesen Park verhangen wirken

zwei Birken stehen fast entblößt

eine Kastanie döst am Rand

des Weges liegt ein Flaschenpfand

und hofft

dass jemand ihn erkennt

acht Cent für ein entleertes Glas

das ist schon was

wenn man sie braucht


Der Müllbehälter raucht noch Kippen

den warmen Lippen grad entrissen

ein Dutzend andrer

weggeschmissen

umlagern sein Metallic-Grau


Die Frau mit Hund blickt

leicht verstohlen

sollte das Exkrement sie holen

das sich zu einem Häufchen türmt?


Ein Jogger stürmt auf leisen Sohlen

als gält es Fitness zu beweisen

zwei Meisen

speisen altes Brot

danach entfleucht die eine Meise


des Tages Atem geht noch feucht

ich steig aufs Rad


und drehe Kreise



 – niemand –



 




Von Schaf zu Schaf



– Manchmal guckt er in den Spiegel,

Meistens guckt ein Mensch zurück,

Meistens ist er es dann selber,

Manchmal dreht sich auch das Glück.


Beispielsweise wenn ein Schaf guckt

Und den Guckenden erschreckt:

Welcher Teufel hat, so fragt er,

Die Verwechslung ausgeheckt?


Wer ist wer in solchem Falle?

Wo verblieb der Unterschied?

Gilt das Spiegelbild auf Dauer?

Wehe, wenn‘s ein Mitmensch sieht!


Ich als Schaf, ich sage: Macht nichts,

Ich als Schaf seh‘ das nicht eng –

Wenn ein neues Sein jetzt anfängt,

Und der Mensch hinfort als Schaf denkt,

Ist der Schrecken schon geschluckt,

Eh' er in den Spiegel guckt.



– tordilo –



 


Den Schein pflegen



 – Manches will dem Klima schaden,

ja, was tut man denn dagegen?

Vielleicht, statt des Wagens, Waden

durch die Landschaft zu bewegen!


Predigt mancher Rede-Hüne,

völlig in sein Wort vernarrt,

dabei ahnt man, wie durchs Grüne

er die eignen Waderln karrt.


Denn nicht jeder und nicht jede

schwingt real sein Wanderbein.

Denkt manch Schelm nicht an die Rede

jetzt vom Wasser und vom Wein?



– niemand –





Tanz


 
– ich werfe mir deinen blick 
über die schulter
nehme ihn mit
durch meinen tag
und meine stadt
siehst du wie schön sie ist 
ich es bin
wie geistreich
wie hungrig
dein blick rutscht
ich lege ihn zurück
siehst du wie ich gehe
mir die haare
aus deinem blick streiche 
sei milde
raune ich dir zu


– Bianca Venis –


(Interpretation 
Hanna Seiffert)


 


Herbsteinbruch



Am Morgen kann man schon mal frieren

und weiß nicht recht: Was bringt der Tag?

Bis Dienstschluss soll noch viel passieren,

womöglich gibt es Niederschlag.

 

Im Dunstkreis zwischen lau und lausig,

dem Blau und Grau vorm Donnerklang,

da schnappen Menschen mit Know-how sich

die Jacke für den Übergang.



 – Didi.Costaire –



 

Drei Mücken im Gulasch

(Kindergedicht)



– Es schwirren drei Mücken durchs offene Fenster,
drei schwarzdicke summende Mückengespenster,
die fliegen durch‘s Zimmer und woll‘n in die Küche,
von dort kommen kirschsüße Tortengerüche.

Die Torte, da steht sie! Die Mücken, sie summseln,
rundumseln die Torte, und alle drei brummseln
im Sturzflug und mitten hinein in die Torte,
was soll man da sagen, ja, hat man da Worte,

drei Mücken, die haben die Landung geschafft
und schwimmen und zappeln im Kirschtortensaft,
so ist es passiert, es ist nicht gelogen,
und tortensatt sind sie dann weitergeflogen,

es roch aus der Küche nach Gulasch, die Mücken,
nach Kirschtorte wollten sie Gulasch verdrücken,
so flogen sie rüber zum Gulaschtopf
und stürzten ins Gulasch, Hals über Kopf.

Man sah sie im Gulaschtopf untergehen,
kein Mensch hat sie jemals wieder gesehen.


– Peter Welk –




Hoch oben



 – In blauer Nacht hängt
ETWAS
und scheint mir auf die Knie –
wenn ich jetzt Mondin sagte
dann wär das eine SIE

Doch es wirkt fett und käsig
drum fällt mir so was schwer
ich werd nun ziemlich bräsig
und sag
das sei ein ER

Ein ER darf nämlich rund sein
doch SIE nur gertenschlank
bei IHM heißt dick gesund sein
bei IHR hingegen krank

Die Wahl zwischen den beiden
bereitet zu viel Stress –
um solchen zu vermeiden
nenn ich das Etwas:

ES

Ein ES scheint mir was freies
von jeglichem Geschlecht –
grad kams mir vor als sei es
dem Ding da oben recht


– niemand –