Drei Mücken im Gulasch

(Kindergedicht)



– Es schwirren drei Mücken durchs offene Fenster,
drei schwarzdicke summende Mückengespenster,
die fliegen durch‘s Zimmer und woll‘n in die Küche,
von dort kommen kirschsüße Tortengerüche.

Die Torte, da steht sie! Die Mücken, sie summseln,
rundumseln die Torte, und alle drei brummseln
im Sturzflug und mitten hinein in die Torte,
was soll man da sagen, ja, hat man da Worte,

drei Mücken, die haben die Landung geschafft
und schwimmen und zappeln im Kirschtortensaft,
so ist es passiert, es ist nicht gelogen,
und tortensatt sind sie dann weitergeflogen,

es roch aus der Küche nach Gulasch, die Mücken,
nach Kirschtorte wollten sie Gulasch verdrücken,
so flogen sie rüber zum Gulaschtopf
und stürzten ins Gulasch, Hals über Kopf.

Man sah sie im Gulaschtopf untergehen,
kein Mensch hat sie jemals wieder gesehen.


– Peter Welk –




Hoch oben



 – In blauer Nacht hängt
ETWAS
und scheint mir auf die Knie –
wenn ich jetzt Mondin sagte
dann wär das eine SIE

Doch es wirkt fett und käsig
drum fällt mir so was schwer
ich werd nun ziemlich bräsig
und sag
das sei ein ER

Ein ER darf nämlich rund sein
doch SIE nur gertenschlank
bei IHM heißt dick gesund sein
bei IHR hingegen krank

Die Wahl zwischen den beiden
bereitet zu viel Stress –
um solchen zu vermeiden
nenn ich das Etwas:

ES

Ein ES scheint mir was freies
von jeglichem Geschlecht –
grad kams mir vor als sei es
dem Ding da oben recht


– niemand –




 Bewegungsmelder



 – Es hat der Mensch den Drang sich zu bewegen,

er sucht im freien Raum das ganze Sein,

der eine will sich zu der andern legen,

ein andrer steigt in Kunstmuseen ein,

die eine joggt um stille Ententümpel,

die andre träumt sich weg im Dachgerümpel,

dann kommt der Tag, sich in ein Grab zu legen,

um Würmer zur Bewegung anzuregen.



– tordilo –



 


plötzliche Sehnsucht



 – plötzliche Sehnsucht
nach den Rändern der Stadt
wo in Siedlungen
einzelne Häuserzeilen
den ganzen Tag in tiefen Schatten liegen


die Außenleuchten
blasse Monde
in bewusstlos dämmernden
Vorgärten



 – Christian Fechtner –



 


Ein paar Sekunden 

beim Sterben


 

– Sie hatte eben Kartoffeln aufgesetzt 

Der Fernseher lief
Als es vorbei war
Fiel sie einfach hin 


Sechsundsiebzig Jahre 

Das ist doch nicht viel 

Doch das blitzende Flimmern 

Vor den Augen
War voller Kreuze 
Ende 


Emmys kalte Schnauze 

Stupste an die beiden Eheringe 

Emmy bellte und lief zur Eingangstür 


Die der Tod eben 

Zudrückte 



– Aron Manfeld –



 


Passanten des Tages



 – der Morgenmann
mit den braunweißen Zwillingshunden
macht seinen Routinestopp
am Rand der Grünfläche


später wühlt eine Kapuzengestalt
mit hastigen Griffen
in einem Einkaufstrolley


zuletzt ein trottendes Schulkind
das ohne Zorn
eine leere Dose
durch den Nachmittag tritt


 – Christian Fechtner –



 


Melonancholisches 



 – Leben möcht ich, statt in Sachsen, 

dort, wo die Melonen wachsen. 

Morgens gäbs schon himmelssüße 

Honigmarmelonenspieße, 

mittags Cantalouperoulade, 

nachmittags in Marinade 

eingelegte Piel de sapo, 

hinterrücks und als da capo 

küsste mich ein Nara-Hase 

galiageil auf Mund und Nase,
führ mich mit dem Obsttransporter 
in die Kneipe, um supporter,
nur mit ihm, für wenig Kohle, 
Wassereismelonenbowle 

auszuschlürfen, heimzugehen,
um mir dabei zuzusehen,
wie ich mich als reifes Weibchen, 
sozusagen Stück um Scheibchen, 

auf dem Silbertisch drapierte … 

Ach, wenn mir das einmal nur passierte! 



 – Andrea M. Fruehauf –