Splitter



– früh am Morgen 
schmuggelte der Schienenbus
das Tuten seines Signalhorns
in den Kinderschlaf:
genug für ein paar selige
Sekunden des Auftauchens
zwischen Traum und Traum


– Christian Fechtner –



 


Diagnose: Möbelpoliturpsychose 



– Nichts stimmt im Leben mich so froh 

Wie honiggelbe Möbelpo- 

litur. 


Sie rettet meinen Tageslauf:
Ich schau beim Putzen kaum noch auf 
die Uhr. 


Mit ihr pfleg ich den Dielenschrank, 

Sowie die morsche Eichenbank 

im Flur. 


Desgleichen meinen ganzen Stolz, 

Die filigrane Ebenholz- 

figur. 


Und nebenbei verschönert sie 

In puncto Glanz und Fülle die 

Frisur. 


Doch ist mir um das Herz so bang, 

Ich muss ab Montag wochenlang 

zur Kur. 


Was mach ich bloß auf dieser Kur 

Ganz ohne Möbelpolitur 

denn nur? 



– Rudolf Anton Fichtl –





heben und senken


– nur kurz heute
hob sich
die nebeldecke
der sonne entgegen
gab mir die ahnung
von wärme
auf kühlem laub
und die sicht auf
bewaldete bergrücken
verwandelte krähen
von rufen zu schatten
bevor sie sich senkte
und mit ihr
die stille kam


– Claudia Neubacher –








– Ein Esel stört ein Straßenbild
Und zwar, indem er mittendrin
Herumsteht und sich Esel schilt,
Der störend auf ein Straßenbild
Zu wirken nicht umhin
Und -her kann mittendrin.




Hunger


– Zuckerschneckchen Marmelinde,
kühl mal ab! Und zwar geschwinde!
Noch vor Tag und Taille messen
wirst du fort sein. Aufgefressen.



– Andrea M. Fruehauf –



 


Wenn im Mai …



– Wenn im Mai die Toten lauschen 

und im Grab die Knochen tauschen, 

wenn der Erpel bei der Frieda 

schnäbelt sich ans Brustgefieder, 

wenn die ersten Hummeln bummeln 

und sich unter Mützen schummeln … 

klingt ein Ruf durch alle Lande: 

«Frühlingslust ist keine Schande!» 



– James Blond –



 


Liebeserklärung



– Du, ich fühl mich ungelogen 

magisch zu dir hingezogen, 

seit ich dich beim Bäcker traf. 

Millionen Moleküle 

überschäumender Gefühle 

rauben mir den Schönheitsschlaf. 


Du, ich stopf mir schon seit Wochen 

Spritzgebäck und Liebesknochen 

in den Aphroditenbauch, 

doch es hört nicht auf zu brodeln, 

und ich werd vor Freude jodeln, 

wenn du sagst, du spürst es auch. 


Du, ich möchte mit dir kuscheln, 

dir vertraut ins Öhrchen nuscheln: 

«Du bist nicht wie Kunz und Hinz!» 

Will von deinem Apfel beißen 

und für dich Schneewittchen heißen, 

denn du bist mein Märchenprinz. 


Du, ich würde dir erlauben, 

die Regale abzustauben 

und ich bügle dir sogar 

ohne merkliches Befremden 

die türkisgestreiften Hemden 

für ‘nen Kuss als Honorar. 


Du, ich möchte mit dir streiten, 

dich zum Fußballspiel begleiten 

nach verlorner Kissenschlacht, 

pflück dir bunte Tausendschönchen, 

schenk dir Töchterchen und Söhnchen. 

Willst du sieben oder acht? 



– Claudia Bräutigam –