Frühschicht



– Willi, komm!  noch eine Runde  

kleinet Pils und Appelkorn  

denn um fünf schlägt meine Stunde  

dann beginnt der Mist von vorn  


Willi, komm!  noch eine Lage  

und nich wieder soviel Schaum  

wenn ich jetzt «bezahlen!» sage  

reicht et noch für‘n kurzen Traum  


Willi komm!  noch fünf Minuten  

eine Füllung muss noch rein  

einmal noch die Kehle fluten  

und ich lass dat Drängeln sein  


Willi lass!  nun is et viere  

knapp nach fünfe muss ich raus  

und der Kumpel, der steht Schmiere  

denn ich penn im Stollen aus  



– Volker Teodorczyk – 





 Traumwiesentraum 


– Als ich heute lag im feuchten 
Gras wo blaue Vögel duften 
Bienen grün am Himmel leuchten 
Schmetterlinge brummend schuften 

Flog ein Mondkalb auf mich nieder 
Hob mein Augenlid ein Weilchen 
Sang ein Trinklied brav und bieder 
Und verspeiste flugs ein Veilchen 

Lieblich blinzelnd schlief ich weiter 
Zwitschernd schwiegen meine Lippen 
Gänseblümchen summten heiter 

Und ein Baum fing an zu wippen 
Schmiss mir niesend allez hopp 
Seine Krone auf den Kopp 


Andrea M. Fruehauf 



 

Sonntagvormittag


– leise schwankend
der übermannshohe
Turm mit blonder Spitze:
 
ein Kinderritt
auf Vaterschultern

 
– Christian Fechtner –

 



unsichtbar



– heut war wieder einer jener tage
an denen ich unsichtbar
durch die stadt gehen konnte
inmitten der dichten menschenströme
schlenderte ich neben der zeit
die auslagenscheiben entlang
hangelte meine gedanken
mechanisch mit meinen blicken
von auslegeware zu hausmauer
zu auslegeware zu
hausmauer zu versunken
in mich
unberührbar für die außenwelt
im grau in grau des asphalts
lineare muster
denen ich folgte
bis zu dem punkt
an dem du mich angerempelt hast
und ich erkennen musste
dass ich einsam bin

unter vielen

 
– Claudia Neubacher –




Die relative Gemeinheit 
der Zeit


– Sie läuft mir davon, wenn ich gerne verweil‘
und zeitlupt, relaxed, wenn es mir pressiert,
malt Grau in die Haare, zieht Zeitfalten mir,
in die ich gern flüchte, sie relativiert

und wurde geboren durch meinen Verstand,
wo wäre sie wohl, wenn ich niemals wär‘?
Mensch Albert, wo ist der Emcquadrant:
Mein Leben rennt ewig dem Licht hinterher.

– Morphea –






Kurzbartschnautzer


Da frag noch einer: Welche Rasse ist denn das?
Wenn ich schon Rasse hör! Ich bin zunächst mal Hund
Mit Impfschein, Postanschrift und Kinderpass
Und sowohl innen wie auch außenrum gesund.

Ich kann ein Lamm sein, und ich mach auf Rappelplautzer
(Sie kommen – wörtermäßig kommse mit?)
Ich zähle zum Verein der patentierten Kurzbartschnautzer,
Und wer mich Pinscher nennt, spürt meinen Biss im Schritt.

Zwar bin ich erst seit kurzer Zeit auf Achse,
Noch Fräulein und nur angedeutet bärtlich.
Auch steh ich mir noch selber auf der Haxe.

Wenn mir ein Hundekerl das Maul verdreht und zärtlich
Mich in die Enge treiben will, dann spuck ich Töne,
Dann schmeiß ich mich per Haxendreh ins Gras.

Alles in allem bin ich eine Wunderschöne,
Ich bin für jede Schandtat gut,
Ich tu, was kein Vernunftshund tut,
Ich mach den Unschuldshund, auf dass man mich verwöhne,
Bloß rassemäßig hab ich wirklich nix am Hut.


– Peter Welk –




Mal wieder nur ein Tag vorbei


– Mal wieder nur ein Tag vorbei getan
Was man von mir erwartet schleich ich um
Mich selbst herum wie eine Katze krumm
Um eine Schale voller Lebertran


In mir schreit alles geh doch endlich fort
Such etwas das dich hoch zur Sonne hebt
Mit dir im Küssen durch den Himmel schwebt
Aus deiner Jugend kennst du noch den Ort

Da auf dem Tisch lockt Lachs auf Vollkornbrot
Gefühle kommen und vergehen schnell
Wer weiß ob Neues nicht ein neuer Tod

Nur ist und draußen wird es langsam hell
Mal wieder steht am Ende nur das Wort
Doch für ein paar Sekunden flog ich fort


– Aron Manfeld –




Jésus à jour

 

– Lebte Jesus jetzt und hier,

wäre er womöglich queer

und mit seiner langen Mähne

eine Größe in der Szene.

 

Irgendwie ein bisschen schwul,

fänden ihn Diverse cool

und er könnte alle lieben.

Gott, es würde viel getrieben

und im Zweifelsfall auch ab-.

Frömmler brächte das auf Trab,

doch der Heiland schützte eben

erst mal das gebor'ne Leben.

 

Wünsche würden wirklich wahr.

Ach, es wäre wunderbar,

predigte ein Mensch von heute

für das Erdenglück der Leute.

 

Kirchen wären wieder voll,

die Gemeinden nicht so oll,

die beim Beten auf den Bänken

lachten und den Messwein tränken.

Hätte jemand das geglaubt?

Weder spießig noch verstaubt

wüchsen Lust und Sinnesfreude

selbst im letzten Pfarrgebäude.


– Didi.Costaire –





Hartes Los


– Silberrücken Paul ist heute grantig.

Verhasste Konkurrenz schleicht durchs Gebüsch.

Die Miene schaltet von entspannt auf hantig,

schon zuckt sein linkes Lid verräterisch ...


Wie können diese Nichtsnutze es wagen,

sich darzustell'n als wär'n sie weißgott wer;

zum Affen machen mit geschwelltem Kragen!

Der Oberaffe ist noch immer er!


Schon stemmt er sich mit Ächzen auf zwei Beine

und trommelt mit den Fäusten auf die Brust.

Respekt und Ruhm gebühren ihm alleine!

Sie teilen? – Welche Schmach und Machtverlust!


Er brüllt und grollt und peitscht mit Blätterzweigen

durchs Unterholz (und hofft, dass das genügt).

Er weiß: Muss er sich gleich als Platzhirsch zeigen,

wird er vom Lieblingsweibchen scharf gerügt.


Da steht er – Grünzeug wedelnd – unentschlossen;

es kämpft in ihm Verdruss gegen Vernunft.

Ein Wolkenbruch setzt ein – er wird begossen

und trollt sich wie ein Pudel. Doofe Brunft!


– Claudia Neubacher –



 

Ypsilon


– Gegrübelt hab ich, gründlich überlegt: 

Was soll das Ding in unsrem Alphabet? 

Es steht mal für ein J, meist für ein Ü, 

Und oxydiert von Fall zu Fall zum I. 

By Anglizismen gibt’s anbuy ein EI. 

Ein eigener Akzent ist nie dabye. 


Ob Schwyzerdütsch (recht zünftig!), ob Ägyptisch: 

Das Ypsilon wirkt statt vernünftig kryptisch, 

Fast zynisch im Vergleich zum Lied der Schlümpfe. 

Weswegen pfeift die Nymphe denn auf Strümpfe? 

Sie liebt es ohne überflüss‘ge Hülle, 

Verbindet Party-Mythos mit Idylle. 


Trypsin verhindert Trübsinn, und der Dürre, 

Der mürrisch wird, behilft sich erst mit Myrrhe. 

Dann braucht der Typ ‘ne Psychoanalyse 

Nebst einer Yacht mit Pantry. Yeah! – Kombüse 

Hingegen klingt nicht glücklich, sondern damisch, 

Doch rhythmische Gymnastik sehr dynamisch. 


XY entlarvt die üblen Tricks. 

Hellenen haben nix, vergöttern Nyx. 

Tja, schmissen sie das Ypsilon hinaus ... 

Es säh‘ auch für die Lürik düster aus. 


– Didi.Costaire –





Alternative


– Zwei Hühnern aus Lokstedt bei Erfen 

Geht Eiproduktion auf die Nerven 

Sie hassen das Legen

Und sagen verwegen:

«Wir werden statt legen jetzt werfen!»


– Volker Teodorczyk –






Kettenrauchertango 


– hören >> 

– So lieben wir ihn den Verbraucher –
Dem Tode nah als Kettenraucher.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch

Von Kringeln eingekettet,

In Düfte eingebettet, 

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch,

Wenn ich in meiner Nähe

Nur Nebelmäuse sehe,

So seh ich in Gedanken

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern,

Umgaukelt mich dein Stern.


Du schönster von den mir bekannten Engeln,

Du Traumstopp zwischen zwei gepafften Stengeln,

Du Fünfminutenseligkeitensüße,

Die ich aus meinem Raucherhimmel grüße,


Wenn ichs vielleicht schon morgen übertreibe

Und mittels Rauchvergiftung mich entleibe,

So schick ich dir von oben blaue Blicke

Und knicke dir von dort aus dann das Herz.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch

Von Kringeln eingekettet,

In Düfte eingebettet, 

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch,

Wenn ich in meiner Nähe

Nur Nebelmäuse sehe,

So seh ich in Gedanken

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern,

Umgaukelt mich dein Stern.


Wärst du doch ein Rauchgeschlängel,

Nähm ich dich am Liebesgängel

Und in stetigem Bemühen,

Könnt ich dich auf Lunge ziehen,


Wärst du doch ein Lustgebilde,

Qualmend und aromamilde,

Könntest du für mich erglühen

Und mir um die Nase blühn.


Weils nicht so ist,

Und du es nicht bist,

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück,


Lust am Rauch,

Die tut es schließlich auch,

So seh ich in Gedanken,

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern

Umgaukelt mich dein Stern.



– Peter Welk –