Traumwiesentraum 


– Als ich heute lag im feuchten 
Gras wo blaue Vögel duften 
Bienen grün am Himmel leuchten 
Schmetterlinge brummend schuften 

Flog ein Mondkalb auf mich nieder 
Hob mein Augenlid ein Weilchen 
Sang ein Trinklied brav und bieder 
Und verspeiste flugs ein Veilchen 

Lieblich blinzelnd schlief ich weiter 
Zwitschernd schwiegen meine Lippen 
Gänseblümchen summten heiter 

Und ein Baum fing an zu wippen 
Schmiss mir niesend allez hopp 
Seine Krone auf den Kopp 


Andrea M. Fruehauf 




Die relative Gemeinheit 
der Zeit


– Sie läuft mir davon, wenn ich gerne verweil‘
und zeitlupt, relaxed, wenn es mir pressiert,
malt Grau in die Haare, zieht Zeitfalten mir,
in die ich gern flüchte, sie relativiert

und wurde geboren durch meinen Verstand,
wo wäre sie wohl, wenn ich niemals wär‘?
Mensch Albert, wo ist der Emcquadrant:
Mein Leben rennt ewig dem Licht hinterher.

– Morphea –




Jésus à jour

 

– Lebte Jesus jetzt und hier,

wäre er womöglich queer

und mit seiner langen Mähne

eine Größe in der Szene.

 

Irgendwie ein bisschen schwul,

fänden ihn Diverse cool

und er könnte alle lieben.

Gott, es würde viel getrieben

und im Zweifelsfall auch ab-.

Frömmler brächte das auf Trab,

doch der Heiland schützte eben

erst mal das gebor'ne Leben.

 

Wünsche würden wirklich wahr.

Ach, es wäre wunderbar,

predigte ein Mensch von heute

für das Erdenglück der Leute.

 

Kirchen wären wieder voll,

die Gemeinden nicht so oll,

die beim Beten auf den Bänken

lachten und den Messwein tränken.

Hätte jemand das geglaubt?

Weder spießig noch verstaubt

wüchsen Lust und Sinnesfreude

selbst im letzten Pfarrgebäude.


– Didi.Costaire –





Hartes Los


– Silberrücken Paul ist heute grantig.

Verhasste Konkurrenz schleicht durchs Gebüsch.

Die Miene schaltet von entspannt auf hantig,

schon zuckt sein linkes Lid verräterisch ...


Wie können diese Nichtsnutze es wagen,

sich darzustell'n als wär'n sie weißgott wer;

zum Affen machen mit geschwelltem Kragen!

Der Oberaffe ist noch immer er!


Schon stemmt er sich mit Ächzen auf zwei Beine

und trommelt mit den Fäusten auf die Brust.

Respekt und Ruhm gebühren ihm alleine!

Sie teilen? – Welche Schmach und Machtverlust!


Er brüllt und grollt und peitscht mit Blätterzweigen

durchs Unterholz (und hofft, dass das genügt).

Er weiß: Muss er sich gleich als Platzhirsch zeigen,

wird er vom Lieblingsweibchen scharf gerügt.


Da steht er – Grünzeug wedelnd – unentschlossen;

es kämpft in ihm Verdruss gegen Vernunft.

Ein Wolkenbruch setzt ein – er wird begossen

und trollt sich wie ein Pudel. Doofe Brunft!


– Claudia Neubacher –





Alternative


– Zwei Hühnern aus Lokstedt bei Erfen 

Geht Eiproduktion auf die Nerven 

Sie hassen das Legen

Und sagen verwegen:

«Wir werden statt legen jetzt werfen!»

 

– Volker Teodorczyk –






Kettenrauchertango 


– hören >> 

– So lieben wir ihn den Verbraucher –
Dem Tode nah als Kettenraucher.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch

Von Kringeln eingekettet,

In Düfte eingebettet, 

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch,

Wenn ich in meiner Nähe

Nur Nebelmäuse sehe,

So seh ich in Gedanken

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern,

Umgaukelt mich dein Stern.


Du schönster von den mir bekannten Engeln,

Du Traumstopp zwischen zwei gepafften Stengeln,

Du Fünfminutenseligkeitensüße,

Die ich aus meinem Raucherhimmel grüße,


Wenn ichs vielleicht schon morgen übertreibe

Und mittels Rauchvergiftung mich entleibe,

So schick ich dir von oben blaue Blicke

Und knicke dir von dort aus dann das Herz.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch

Von Kringeln eingekettet,

In Düfte eingebettet, 

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück.


Ich gebe mich dem Rauch

Mit Wonne hin und auch,

Wenn ich in meiner Nähe

Nur Nebelmäuse sehe,

So seh ich in Gedanken

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern,

Umgaukelt mich dein Stern.


Wärst du doch ein Rauchgeschlängel,

Nähm ich dich am Liebesgängel

Und in stetigem Bemühen,

Könnt ich dich auf Lunge ziehen,


Wärst du doch ein Lustgebilde,

Qualmend und aromamilde,

Könntest du für mich erglühen

Und mir um die Nase blühn.


Weils nicht so ist,

Und du es nicht bist,

Lass ich in blauen Schwaden

Gedankenbilder baden

Von dir geliebtes Stück,

Du Raucherzwischenglück,


Lust am Rauch,

Die tut es schließlich auch,

So seh ich in Gedanken,

Mich dir entgegenwanken,

Geliebte, ach, von fern

Umgaukelt mich dein Stern.



– Peter Welk –



 




Mein Mensch spricht dann und wann genervt vom Hundeblick,
Und dem zu widerstehn, sei kaum zu schaffen.
Das stimmt. Ein Hund, wie ich, kocht mit dem Blicketrick
den Menschen weich und macht ihn dann zum Affen.





wien sommer 
sechster stock 
altbauküche 



– seit einigen wochen 
kann ich dein frühstücksgesicht 
nicht lesen 
geblendet
bin ich vom sonnenlicht
im fenster
auf der anderen seite der straße 
dein umriss noch immer
so vertraut
abfallende schultern
ein sanft geneigter kopf
manchmal weht
das rechteckige segel
aus verwaschenem rosa vorüber
und es raschelt
beim umblättern
dann rieseln verirrte buchstaben
unausgesprochener worte
auf deinen teller
fragmente ungeteilter gedanken
ich blinzle
beim versuch dich zu sehen
doch es glitzert 
nur der honig
der von deiner semmel
zähflüssig 
in die stille tropft


– Claudia Neubacher –







Frühling 


– Dies erogene Brummen 
des Zwölfzylinder V 
lässt demütig verstummen: 
ein Traum metallic-blau. 

In Chrom gehüllte Felgen 
mit Schlappen: 30 Zoll. 
Welch ehrfürchtiges Schwelgen, 
mit einem Wort nur: Toll. 

Der Spoiler küsst die Straße 
bei offenem Verdeck 
und – Gipfel der Ekstase – 
Blondine im Gepäck. 

So rollt im Maserati
vor mir mein Chef, Herr Wolf, 
dahinter ich mit Vati
in meinem alten Golf. 

– Rudolf Anton Fichtl –



 

Midlife-Krise früh um drei 


– Der Dichter kann schon wieder mal nicht schlafen. 
Nicht Virus oder zu viel Bier im Bauch
sind das Problem. Er steht auf keinem Schlauch. 
Er zählte schon Zehntausende von Schafen. 

Ihm geht auch kein Finanzamt auf die Eier. 
Die Dame schläft, und Flöhe hat er nicht. 
Die Arbeit morgen fällt kaum ins Gewicht, 
und die beschränkten Nachbarn – hol' der Geier. 

Ihn quält der Wunsch: Bizarr, verrückt, vermessen, 
Schimäre, die er in den Träumen fängt;
nur ein Gedicht, für sie, an die er denkt, 
obwohl er weiß: Sie hat ihn längst vergessen. 

– Dirk Tilsner 





Winter 



– Ein Flugzeug fliegt in Seitenlage 
Es hält die Position nur vage
An Bord befindet sich der König 
Der Rauschgiftgang von halb Venedig 

Es feiern Dealer, Hintermänner 
Auch der Pilot schnupft wie ein Kenner 
Fühlt sich beschwingt und vogelfrei 
Und greift am Steuerknauf vorbei 

Nun wird der Flug sehr unbequem 
Doch sich beschweren? Und bei wem? 
Und dann am Berg, die Havarie 
So viel an Schnee gab‘s da noch nie 


– Volker Teodorczyk –




 ashes to oceans 


– das Meer es wurde mir geschenkt 
mit allem was sich wellt und kront 
ich atme Salz und spüre mich 
in allem was dort lebt und wohnt 
und eines Tages werde ich 
mit allem was ich bin versenkt 

– Morphea –




Am Himmel



– Inmitten der vollen Ähren,

betupft von den leuchtenden

Sprenkeln des grellroten Mohns,

lagen wir mit dem Donnergrollen,

atmeten Heupferdchenträume

mit dem Wiegen der Halme.


Du wolltest fliegende Fische

zählen. Ich bloß immer wieder

deine Sommersprossen

und die versprengten Galaxien

im endlosen Blau deiner Iris.


«Eins!» riefst du und lachtest.

«Da – zwei!» Und ich versank

in den Spiralarmen deiner Locken.

Ich hätte dir gerne einen gefangen,

doch du hattest die Zeit angehalten.


Irgendwo in der Welt knatterten

Motorräder vorüber, holperten

über das alte Kopfsteinpflaster

der Höhenstraße, und der

auffrischende Wind trug mit dem Duft

von Marillenknödeln und Butterbröseln

das Glück in unser Universum.



– Claudia Neubacher –