Dezember 07, 2025



Ge bro chen



 – Du kommst zur Welt

zum Geräusch einer Sirene.


Von Geburt an

Warnweste und Sicherheitshelm.


In deinem Kopf

platzt Luftpolsterfolie;


vor den Gedankengängen

flattert Absperrband.


X X X


Du hast

die freie Wahl

zwischen Zwang

und Pflicht.


Jeder Gedanke wird

mit Strichcode

versehen.


Ge broch en

und neu

zusammengesetzt,


empfindest du

völlige Freiheit

beim lustvollen Ablecken

deiner Gitterstäbe.


X X X


Nichts

strebt mehr

nirgendwo hin.


Du wartest auf Alternativen

wie auf

ausgefallene Züge.


Versuchst

ein Leben lang,

deinen Kopf

durch ein Schlüsselloch

zu quetschen.


Biegst deine Gedanken,

bis sie zer brech en.


Zählst bis

in alle Ewigkeit

immer wieder bis Eins


und wartest

gespannt darauf,

was passiert.



 – klaatu –



Dezember 06, 2025



Mein Gartenhaus



 – Ein Gartenhäuschen suchte ich,

um luftiger zu dichten.

Nicht eines inspirierte mich

zum Tanz auf den Gewichten.


Die grade Wand war zu banal

mit ihren rechten Winkeln.

Ihr Einfluss reichte nicht einmal

zu schöpferischem Pinkeln.


So musste es Frank Gehri sein.

Er liebt ja keine Normen.

Ich rief ihn an und lud ihn ein,

und er begann zu formen.


Er zeichnete ein Gartenhaus

mit Korkenzieherwänden.

Dort fließt die Luft jetzt ein und aus,

ein Weitendes zu spenden.


Auch wachsen Bäume grün und licht

durch seine Zimmerdecken,

und alles kann als ein Gedicht

den Garten in mir wecken …



(am 6. Dezember ist Frank Gehry gestorben)



– gummibaum –







Der Wombat


 – Vom Wind gestreichelt liegt die Myrtenheide.

Ein Wombat müht sich, den Bewuchs an Halmen

mit muskulösen Kiefern zu zermalmen.

Ein Kerbtier summt. Die Luft ist weich wie Seide.


So weidet er versonnen, rupft und mümmelt.

Sodann beginnt im dunklen Darmgetriebe

versteckt das peristaltische Geschiebe,

wobei er scheinbar faul im Grase lümmelt.


Es geht hier freilich nicht allein ums Fressen.

Das Eingebrachte gilt es zu verwerten

und in ein praktisches Quadrat zu pressen.


Der Leierschwanz lässt fern sein Lied erschallen.

Wo wären jene, die noch mehr begehrten?

Ein kurzer Druck. Die Würfel sind gefallen.



– Cornelius –



Dezember 05, 2025



Der böse Dichtertroll



 – Ach tausend Träume sind ihm schon verloren 

Gegangen weil er immer Neues will

In geiler Suche nach dem nächsten Thrill

Durchhechelt er die virtuellen Foren


Identitäten hat er manche sieben

Allein im Literaten Paradies

Erst schreibt er zärtlich dann so richtig fies

Spielt Frau in Rente Hallo meine Lieben


Urplötzlich wird er böse selbstverzagt 

Beleidigt schroff die LeserInnen schreit

Bis ihn die doofen Mods verbannen doch


Minuten später wieder da und klagt

Sich selbst hysterisch voller Einsamkeit 

In seinen Schwabbelbauch ein Jammerloch



– Aron Manfeld -



Dezember 04, 2025



Geschenk 


( Senryu )



 – Habemus Pappe
und die Altpapier-Tonne
ist bis oben voll



 – Didi.Costaire – 





Ein kleines Tröpfchen Staunen



 – Ein kleines Tröpfchen Staunen senkt sich sanft ins Kerzenlicht.

Es hört das Singen heller Stimmen durch die Scheibe nicht,

noch ahnt es von den Worten, die der Prediger dort spricht.

Sacht streichelt es das Spiegeln auf dem gläsernen Gesicht

und schreibt mit seiner Seidenspur für dich dieses Gedicht.


Das kleine Tröpfchen Staunen spricht die Sprache, die entsteht,

wenn eines langen Tages Leuchten schwach wird und vergeht.

Es braucht den Ton nicht, keinen Spruch, kein Kreuz und kein Gebet,

nur Achtsamkeit benötigt es. Denn sie ist’s, die versteht:

Im Unscheinbaren wird der Welt Beschaffenheit konkret.


Siehst Du ein kleines Tröpfchen Staunen, schau genauer hin.

Auch wenn es wesenlos erscheint, steckt so viel für dich drin.

Sein Dasein ist ein flüchtiges, und dennoch ein Gewinn:

In seinem steten Schwinden schenkt sein Schimmern dir den Sinn

für jedes Tages oder jedes Jahres Neubeginn.


– Marcus Sommerstange –



Dezember 03, 2025



Moderne Beziehung



 – Ein flaches Kästchen, schwarz lackiert

Das Vorderteil glänzt prächtig

Sie streicht es schnell, ganz ungeniert

Und manchmal auch bedächtig

 

Dann spricht sie in ein kleines Feld

Am Rande der Umrahmung

Wie zärtlich sie den Kasten hält

Ganz nah an der Umarmung

 

Aus einem unscheinbaren Schacht

Ertönen Liebesschwüre

Erstaunlich, was es mit ihr macht

Beziehungskuvertüre

 

Und auch das Auge wird beglückt

Ein Bild durchdringt den Äther

Es folgt der Sprache, wie verzückt!

Sofort und nicht erst später

 

Dann endet dieses Tête-à-Tête

Das körperlose Schmusen

Sie drückt das kleine Sprachgerät

Verliebt an ihren Busen …



– Volker Teodorczyk –