Oktober 22, 2025



Lebenswandel 


(Schüttelreime)


– Kernig war ich meist und forsch,

heute bin ich feist und morsch.

Wenn mit meinen ollen Sechzig

Dinge laufen sollen, ächz ich.

  

Mir gefällt's, mich hinzusetzen

statt ganz ohne Sinn zu hetzen.

Bloß zur Faulheit steh ich Erbe

der Flaneure (eh ich sterbe).

  

Doch man rät mir: »Biege deine

Muskeln, Sehnen, die Gebeine!

Mach es immer wieder, gleich,

so nur bleiben Glieder weich.

  

Aktiviere die Gelenke!«

Weil ich an die Liege denke,

bilde ich den Reim zur Hast

und der lautet: Heim zur Rast.

  

Selten soll ich feiern, buttern,

niemals wie die Bayern futtern,

lieber täglich Möhrchen essen

und's Gewicht samt Öhrchen messen.

  

Nun, ich mag's mit Fetten lieber

und bin im Buletten-Fieber,

trinke gern auf Festen Bier,

eins zwei drei, am besten vier.

  

Seit den frühen Jugendtagen

kann man mich mit Tugend jagen.

Aber halt mal, war nicht gar ... ?

Vieles hier ist gar nicht wahr.



– Didi.Costaire –



Oktober 21, 2025



Wiedergeboren



 – Er grinst und schreit

Über dem Boden schwebend

Der Dämon auf der Jagd

Jagd nach meiner Seele


Wendeltreppe Bahnhofsviertel

TRANCE 24/7

Pavel, Axt, Yok Yok, Musti, Reizgas MK 2

Crowd aus Junkies, Fetzerei, Tritt in die Fresse


Betrüger der Nächte, gelber Lambo

Ruhrpottadresse, Scheine, Ibesh

Escada-Tücher aus Seide

Der Dämon stößt eine Drohung aus


Von oben Frieden

Auf der Straße 38 mal gestorben

Todeskrämpfe waren einst der

Freizeitpark des Dämons


Dreckspension Alpha, Schweiß, Sirenen

Sie kommen dich holen!

Aus demselben Bett in dem

Ein kranker Mensch, Hand in

Hand mit Gott, dir Tränen schenkte


In der Zeit vertrockneter Gefühle

Im Reich der Kruste


5 Tage lange Gedichte

Immer überarbeiten

Getrieben vom Dämon

Ritt auf der Seele


Heute ist der Schweiß vertrocknet

Blick vom Strand auf die Wüste

Nicht umgekehrt

Vom Dämon befreit


Lichtfarben

Herzschwanger

Liebeslustig

Golden und proper


Wiedergeboren

Hmmh



– Max Neumann –



Oktober 20, 2025



Mit jedem Schritt ins Meer



 – Ich kam im Abstieg

durch Kiefernhaine

zum Strand.

Der Tag verschwand

in meiner aufgehenden Hand,

und das Schweigen der Steine

bekam einen

Herzschlag.


Der Sand –

derselbe Sand, in den

Gott seine Müdigkeit grub –

trug nun auch meine.

Und meine Beine

fallen.

Das Meer legt seine Stirn

an meine.


Ich möchte mich ins Blaue krallen,

schwirren durch seine

dunkelblauen Hallen,

alleine,

leer und doch so voller

Gestirn.


Ich trete in das Blau, das keine

Richtung kennt, das meine

Strandung Heimkehr nennt.

Und eine dunkelbraune, kleine

Strandfrau kennt mich besser,

als mein Vater

mich je kannte.


Hier sind sie alle nahe Verwandte,

und sie kennen dich

in- und auswendig.

Bloß die Welt verlernt mich

gänzlich

mit jedem Schritt ins Meer.



– Dionysos von Enno –



Oktober 19, 2025



Am Sprichwort gescheitert



 – Mein Nachbar hing zum vierten Mal.

Ich sah sein Ende kommen.

Doch diesmal hab ich ihn am Schal

zu spät vom Ast genommen.


Er dachte sich, wild aufgeknüpft

an meiner schönen Linde,

dass er wie stets dem Tod entschlüpft,

wenn ich ihn röchelnd finde.


Und dass ich wieder durch die Tat

erschreckt auf einmal gerne

den Löwenzahn am Maschendraht

vor seinem Beet entferne.


Doch leider war ich nicht so frei,

das Sprichwort zu umgehen.

Auch guter Taten sind nur drei.

Die waren schon geschehen …



– Gummibaum –



Oktober 18, 2025



Lösche das Feuer
mit einem Schuss Chardonay



/\
/-\
/----\
/---------\
/--------------\
/------------------\
/---------------------\
/------------------------\
/----------Das Holz--------\
/--------in diesem Haus-------\
/---------atmet nicht nur----------\
/------------------------------------------------------\
|------------------es hustet, lebt und zahlt Steuern.----------------------|
|----------------------------------------------------------------------------------------|
|--In seinen Mauern führen die Mäuse grausige Musicals auf---|
|----------------------------------------------------------------------------------------|
|--------------und unten im Keller steppt die Depression-------------|
|------------------------wie Fred Astaire auf Ketamin.----------------------|
|-----------------------------------------------------------------------------------------|
|----------Tote Weihnachtsmänner verstopfen den Kamin,----------|
|---während auf dem Dach die Resthoffnung damit kokettiert,--|
|-einen doppelten Rittberger von der Regenrinne zu vollführen.|
|------------------------------------------------------------------------------------------|
|--------------Aus den Fenstern zwischen den Zimmern----------------|
|------------------------zischen vereinzelt Flammen--------------------------|
|------------------------------------------------------------------------------------------|
|--------------------------ich stehe pfeifend am Brandherd----------------|
|-----------------------und mache uns Bratkartoffeln.----------------------|
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– klaatu –


Oktober 17, 2025



unschärfe



 – das kratzen an holz

am nächsten morgen

neue spuren sprenkel

von rot da und dort

noch eine kerbe


im spiegel halb blind

wieder das huschen doch

ein docht genügt nicht

für das tiefe schwarz

der ecken


und in den ohren

welch ein brausen

es weht heran gischtet

im kopf zerschellen

die gedanken


nichts wird gestalt

alles verfließt zu

schwarz vor schwarzem

grund und dann

das greifen


wie von klammen

fingern



– claudia neubacher –