wenn du mich rufst
– Dirk Tilsner –
– Dirk Tilsner –
– Du kannst nicht vor dir selber fliehen
und nimmst dich mit auf fernen Wegen,
wie Wolken übers Wasser ziehen,
mal weiß und manchmal voller Regen.
Die Luft ist voll von ihrem Knistern,
sie türmt sich bis zum Wolkenbauschen,
du hörst die Wellen leise wispern,
bist frei und möchtest niemals tauschen.
Und auf den Meeren fliegen Schiffe,
sie ziehen mit dir in die Weite,
umfahren Lande, steile Riffe.
Du suchst nach deiner andren Seite,
erlebst die Schönheit, hörst das Klagen -
auf das dich viele Morgen tragen!
– Heike –
«Witze aus der Bronzezeit»
– Die Wissenschaft sorgt manches Mal für Staunen.
Jüngst war die Presse von der Meldung voll:
Vor Jericho erklangen die Posaunen,
so gilt es nun als sicher, in d-Moll.
Man forschte in den heiligen Berichten,
hat Josua, Kapitel sechs, studiert.
Vers zwanzig half, die Dunkelheit zu lichten.
Dort steht: Die Mauern wurden d-molliert …
– Cornelius –
– fettige schiebetür
die fingerabdrücke kann man noch riechen
und dazwischen das ziehende
licht wie ein schlauch aus seide
und innen eine stadt aus briefen gebaut
die straßen aus quecksilber
tragen sich selbst aus ihrer haut
und münden dein mund rostrote zärtlichkeit
ich habe dich vermessen vertraut
ist deine fingerkuppe am rand des himmels
es ist fast wie ein zerbröseln
du bist ein star aus violett blauen wasserfällen
ein metall aus zuckerguss
so selten wie eine umarmung
nach hinten.
– seefeldmaren –
– Herrlich war des Sommers Größe,
die vor hundert Jahren prangte.
Anders als die Wüstenblöße,
die Europa bald erlangte.
Damals lag man noch an Seen,
und erging sich nachts auf Festen.
Heute blühen hier Kakteen
zwischen bleichen Knochenresten.
Nur ein Dichter kann durch Tränen,
die er trinkt, noch überdauern,
während Geier und Hyänen
schon vor seiner Höhle lauern …
– gummibaum –