April 17, 2025

 



Salatumblättert



 – Herr Pott, als er die Welt betrat,

War fertig hergestellt und tat

Die Umgestaltung allen Seins

Als nichtig ab: «Das ist nicht meins,

Ich will die Welt nicht umgestalten,

Ich will sie, wie sie ist, behalten.


Und was ich bin, will ich nicht ändern,

Was soll ich denn in andern Ländern,

Ich will nicht denken und verreisen,

Ich bleibe einfach auf den Gleisen,

Wie sie das Schicksal ausgelegt.»

Herr Pott hat sich nie mehr bewegt.


Er war nie krank, war nie gesund,

Und so wie er, war auch sein Hund,

Nie hat er sich etwas gefragt,

Nie aber und vielleicht gesagt,

Die andern Menschen nahm er hin

Als irgendetwas mittendrin

Im Dasein. Und ansonsten wähnte

Er sich am Leben. Aß. Und gähnte.


Und als er dann gestorben ist,

Hat niemand den Herrn Pott vermisst,

Er starb vergreist für sich allein

Und wurde sterbend noch zu Stein.

Und lebt jetzt weiter, eingewettert

Als Gartenzwerg, salatumblättert.



– Peter Welk –



April 16, 2025

 


Frühling 



– Dies erogene Brummen 

Des Zwölfzylinder V 

Lässt demütig verstummen: 

Ein Traum metallic-blau. 


In Chrom gehüllte Felgen 

Mit Schlappen: 30 Zoll. 

Welch ehrfürchtiges Schwelgen, 

Mit einem Wort nur: Toll. 


Der Spoiler küsst die Straße 

Bei offenem Verdeck 

Und – Gipfel der Ekstase – 

Blondine im Gepäck. 


So rollt im Maserati
Vor mir mein Chef, Herr Wolf, 
Dahinter ich mit Vati
In meinem alten Golf. 


– Rudolf Anton Fichtl –



April 15, 2025

 


Löwenlamento



 – Es war einmal ein Krokodil,

Das lebte irgendwo

In Afrika am Nil, gleichviel,

Vielleicht sogar am Po.


Und eines Tages kam ein Leu

Zum Krokodil und sprach:

«Ich bin ein Leu und wasserscheu,

Und das bedrückt mich, ach!»


Das Krokodil zog ein Gesicht

Und sprach: «Das Wasser tut

Mir gut, ich fürcht das Wasser nicht.»

Dann kroch es in die Flut


Und schob sich einer Nilkuh zu,

Der Leu hat sich gestreckt,

Denn Lust auf eben diese Kuh

War auch in ihm geweckt.


Das Krokodil schlang mit Genuss,

Hat lange dran geschlemmt,

Den Kuhschwanz hat der große Fluss

Am Leu vorbeigeschwemmt.


Der rief die Löwengötter an,

Die Erde hat gebebt:

«Wer nicht ins Wasser gehen kann,

Der hat umsonst gelebt!»


Er sah dem Schwanz entsagend nach,

Wie der im Nil verschwand,

Zog heimwärts in die Wüste, ach,

Starb wasserscheu im Sand.



 – Peter Welk –



April 13, 2025



Megalodon



– Wenn ich den Urzeithai erwähne,

so weine ich stets eine Träne.

Nur Wirbel noch und große Zähne

sind von ihm übrig, und vom Mahl

(er fraß am liebsten Bartenwal)

nur Knochen, die er nicht zerriss,

mit einer Spur von seinem Biss.


Er schwamm vergnügt in warmen Meeren

mit seinem hundert Tonnen schweren,

doch schlanken Leib, und beim Vermehren

kam oft ein süßes Zwillingspaar

(die Schwangerschaft ging fast ein Jahr),

das dann im Kinderstübchen saß,

damit kein Elternteil es fraß.


Die Babys, die vier Meter maßen,

weil sie als Föten Föten aßen,

verloren Zähne und vergaßen

es gleich, weil schon ein neuer kam

(ein Wechsel, der kein Ende nahm).

Die Zahnfee strich bei jedem Hai

rund 40000mal vorbei.


Ich würde alles darum geben,

die Tiere wieder zu beleben.

Für sie ein Flachmeer auszuheben,

wär mein Pläsir. Ich baute stolz

(aus Panzerglas und Ebenholz)

für sie, zur Aussicht auch nicht dumm,

ein Miozän-Aquarium …



– gummibaum –





Warte



 – Warte

Wölkchen

Nimm mich mit

Wär dir keine Last

Federleise

Trügst du mich

Ohne Ruh und Rast

Dass wir segeln

Mit dem Wind

Über unser Meer

Und zum Regnen

Gäb ich gar

Meine Tränen her



 – Andrea M. Fruehauf –



April 12, 2025



Schlafen zu zweit



 – Vater schnarchte, schlief alleine,

doch im Urlaub sparten wir.

Von den Zimmern ging das eine

an die Mutter und das Kleine,

und so lag ich bei dem Stier.


War auch erst noch nichts zu hören,

blähten sich die Nüstern bald,

und sein Pfeifen, Grunzen, Röhren

war durch gar nichts mehr zu stören,

selbst mein Wimmern ließ ihn kalt.


Morgens saß dann seine Masse

ausgeruht im Speisesaal.

Mutter sah auf meine blasse

Haut und hob die Kaffeetasse:

«Kind, nun iss, du bist zu schmal.»



– gummibaum –



April 11, 2025



Frühlingserwachen



 – In den Straßen (I)


Ich denk, ich schnupper Frühlingsluft,

doch riecht sie wie im Winter.

Ein Auto rast, sein Gas verpufft –

und Hunderte dahinter.


Der Lenz steht da, mir ist, er hat

ein Rümpfen um die Nase -

er bietet frischen Duft der Stadt,

sie schenkt ihm ihre Gase.



In den Hinterhöfen (II)


Der Lenz will sich im Hinterhof

verdienten Beifall holen.

Dem Menschen ist sein Gang zu doof –

der setzt auf Grill und Kohlen.


Hier hat der Lenz es wirklich schwer –

mir deucht, ihm ist zum Heulen.

Er schenkt der Welt sein Blütenmeer,

und die grillt Puten-Keulen.



Auf dem Land (III)


Der Lenz zieht zum Bereich der Bauern,

den Blümchenduft noch in den Nüstern,

da lässt ihn ein Geruch erschauern,

draufhin hört man entsetzt ihn flüstern:


«Bin Freund der Landschaft und der Stille,

jedoch kein Fan von jedem Mist.

Ich sag auf türkisch: Güle! Güle!»

Was wohl mit Tschüss! identisch ist.



 – niemand –