September 30, 2025



in ihrem blick



 – in ihrem blick

dieses vereisen der gedanken

die lippen schmal

ein vorhang der rasch fällt


wen brächte dieser

blick wohl nicht ins wanken

spricht er doch wortlos

aus wie sehr man ihr missfällt


verabsäumt - wieder! -

wünsche abzulesen

von dem gesicht das hart

und lieblos strafen kann


so schlägst du hilflos

bloß die augen nieder

spielst deinen part

erstarrt in ihrem bann



– Claudia Neubacher –



September 29, 2025



Fliegen



 – Grad löst vom Baume sich

ein Blatt

zu matt sich daran

festzuhalten

und fällt noch nicht

weil es der Wind

mit Spaß am Spielen hält


Was kostet mich die Welt

scheint wohl sein Denken

drum: Atem los!

und gegenlenken

Zum Hausdach hin –

dort den Kamin umkreisen


Welch frohes Reisen

vor dem Fall

nochmal

und noch einmal

es tun


Danach

– entgegen aller Regeln –

kein plumper Sturz

nur sanftes Segeln

zu Baumes Wurzeln hin

und ruhn



– niemand –



September 28, 2025



 Acht Ratschläge 

zur Beachtung


 

 – Erstens, sei zur Achtsamkeit geraten,
zweitens, schützen Sie sensible Daten,
drittens, Türen immer gut verschließen,
viertens, lassen Sie sich nicht verdrießen, 
fünftens, wer gesteht, muss oftmals sitzen,
sechstens, nie zu lachen, schadet Witzen,
siebtens, wird im Netz viel Mist geschrieben,
achten S' bitte nicht auf Eins bis Sieben!


 

– Stefan Pölt –



September 27, 2025



Sinkflug



In der alten Küchenecke gestern

in ihrer nächtlichen Bunkernische vorgestern

an der heutigen Wand abgesunken.


In ihrem Schlafanzug durch die brennende Stadt mitten in der Nacht

Kriegsväter halten ihre Front die Fronten hielten schon Großväter

auf fröhlichsten Bildern vom Sterben nicht ab.



 – Rachel –



September 26, 2025



Wer kann heut noch …



 – Wer kann heut noch in Frieden wohnen?

Im trauten Dorf selbst summt die Luft.

Wohin man schaut, sind kleine Drohnen.

In alle Zimmer späht ein Schuft.


Ich dachte erst, es seien Bienen,

doch dann hat mich ein Mensch gewarnt,

dass sie entfernten Mächten dienen

und alles filmen, gut getarnt.


Dass sie uns heimlich längst bekriegen,

und fühle jemand sich bedroht

und schlüge um sich wie nach Fliegen,

so schössen sie ihn sicher tot.


Das musste ich erst mal verdauen.

Ich hatte mich ja so geirrt. -

Doch schön, dass wir jetzt Panzer bauen,

damit es nicht noch schlimmer wird …



– gummibaum –



September 25, 2025



Schon Herbst



Schon packt der Herbst die Welt in Watte,

verbirgt am Hang die Wiesenmatte;

die weite Welt, die uns umfängt,

wird wieder klein, vertraut, beengt.


Die Schwalben – eben fortgeflogen!

Der Igel hat sein Haus bezogen

und auch die Menschen zieht’s hinein

zu Kürbisduft und Kerzenschein.


Die Hirsche röhren um die Wette,

im Fuchsfell reitet keck die Klette;

der Mohn versamt sich mit dem Wind,

fliegt fort wie auch das Spinnenkind.


Der Mischwald steht in Blätterflammen,

die Stare finden sich zusammen,

wer bleibt, erfrisst sich Winterspeck

(bald ist das letzte Futter weg!).


Noch bläst der Sturm - die Winterruhe

folgt ihm bald nach. Und aus der Truhe

holt man die warmen Decken vor;

legt sich – dem Igel gleich – aufs Ohr.


Der Nebel webt es in die Zweige:

das volle Jahr geht nun zur Neige.

Die Tage dunkeln; wir beginnen

uns auf das Innen zu besinnen.



 – Claudia Neubacher – 



September 24, 2025

 


Sonetto Siciliano





Ich habe eine Liebste auf Sizilien

(vielleicht, ich weiß es aber nicht genau) …

Ich denk sie mir als zeitentrückte Frau

Inmitten sizilianischer Fossilien:


Da steht ein Krug und vor dem Krug, verführend,

Hockt meine Liebste, schön und fossiliert,

Oft bin ich schon um sie herumstolziert,

Den Mann betonend und Verlangen schürend


Und hoffend, dass sie sich nach mir verzehre;

So, wie auch mich die Gier nach ihr zerquält,

Wenn sie sich manchmal aus Vergangnem schält,


Gedanklich – nackt die Gegenwarten sucht,

Auf Sizilianisch einen Lustfluch flucht

Und unversehens türmt. Ins Ungefähre …


Und zieht mich wie ein Spielzeug hinterher …

(Wenn das nicht typisch sizilianisch wär!)



 – Peter Welk –



September 14, 2025



Ein Gedicht, 

das im Wald beginnt



Dein Glanz

Dein Licht

Dein Tanz im Moos

Als Springkraut

Deiner Weben

Zu Ihnen setz ich mich

Zu deinen Stümpfen

Die mir Rast sind

Verblasst sind

Und wir

Die Felsen

Ein Glanz sind

Ein Licht

Ein Tanz aus Flechten

Aus Fugen

Wirrt es Sprengkraft

Schwirrt es

Klirrt es

Wirft es uns ein

Läuft uns im Bade

Ein Wasser von hier

zum Flusskieselstein


– ubertas –