Juni 30, 2025

 


Gesang der Oliven 

im Pizzaofen



 – An den Hängen der Abruzzen

hingen ohne großen Nutzen,

freilich auch zu niemands Schaden -

dies bedenke Euer Gnaden -

wir vereint an unserm Baum.

Damals ahnten wir es kaum,

dass man würde uns berücken

und uns von den Zweigen pflücken.

 

Eine unbekannte Hand

riss uns aus dem Heimatland,

hat uns erst die Haut entfernt

und gefühllos dann entkernt.

Eine flache Rührteigscheibe

ist nun unsre letzte Bleibe,

wo wir zwischen Formfleischschinken

im Tomatenmark versinken.

 

Um uns her brennt schon die Luft

in der heißen Ofengruft.

Bald durch eines Gastes Mund

gleiten wir in seinen Schlund,

müssen eine nach der andern

durch die Speiseröhre wandern,

lassen uns in seinem Magen

wehrlos dann zu Grabe tragen.

 

Solltest dieser Gast du sein,

horche in dein Herz hinein,

ob du uns dies antun willst,

wenn du deinen Hunger stillst.

Wie du dich nun auch entscheidest,

ob du's tun willst oder meidest -

wir am Ende hier vom Lied

wünschen guten Appetit!



 – Cornelius –



Juni 29, 2025



Grabenabzug



 – Im Rinnstein fließt

Ein Meer dahin

Gejagt von Regenschirmen



Ein Fußtritt noch



 – ubertas –



Juni 28, 2025

 


Lass uns raus!



 – Eine Hand voll Dichtung sprach verdrossen:

Mensch, was haben wir dir nur getan,

dass du uns in Bücher eingeschlossen

hast, die keiner lesen will und kann,


weil es kaum wen gibt, der noch die Schlüssel

zum «hermetisch Abgeschlossnen»  hat.

Hättest du uns vielleicht nur ein bissl

weniger verrätselt und anstatt


ins Regal zu stelln, für hehre Künste

einer reichlich abgehobnen Schicht,

wo wir gammeln …

[Siehste, Mensch, nun grinste,
denn selbst du verstehst das alles nicht.]


Greift mal eine Hand nach uns, erhoffen

wir uns Freiheit, Interresse, Luft,

doch kaum sind wir paar Sekunden offen,

ist schon die Begnadigung verpufft.



 – niemand –



Juni 27, 2025

 


fast nur umkreis


für L., 2025



 – nicht viel –

vielleicht das

was sich nicht entscheidet

zwischen anwesenheit

und luft


eine wärme

die du spürst

aber niemandem zuordnen kannst


die signatur einer anemone

etwa in höhe

deines kehlbeins


nicht mehr

als das verschweigen

eines schritts


der sich

gegen das entfernen

nicht wehrt


ich wäre

gern der grund

für dein vergessen

dass du alleine bist


im sommer

wäre ich so viel baum wie nötig

und sonst: fast nur umkreis


damit du bleibst

im gedächtnis der erde

wo es nach dir atmet

(oder etwas in ihr das

bestimmt ist für dich)


 – seefeldmaren –



Juni 26, 2025

 


Kakadu-Romanze



 – Es kommt der Inka-Kakadu

aus Tralien, nicht aus Peru.

Er thront im Eukalyptusbaum

fernab von jedem Ballungsraum


und deklassiert den Wiedehopf

mit seinem bunten Federschopf.

(Mag sein, dass dieses Prunkgewand

bei seinem Namen Pate stand.)


Sein Ruf hallt wie ein Pausengong

von Billabong zu Billabong.

Die Antwort folgt nicht minder laut,

erhört ihn eine Inka-Braut.


Sie fliegt mit angelegter Haube

in seine Eukalyptuslaube.

Dann schnäbeln beide Schopf an Schopf.

(Zu jedem Deckel passt ein Topf.)



– Cornelius –



Juni 25, 2025



Leserlos und zwanghaft 


(lieber keepe ich die Scheiße real)



 – Verschicke Lyrik-Dickpics

im Tausch für Dopamin-Kicks.

Geheule und Gewichse

im endlosen Remix.


Nix deep,

doch aus Prinzip Creep,

noch ein nutzloses Mitglied

dieser Freak-Boutique,


wo bei Kritik jeder gleich quiekt,

wie ein Schwein,

das man am Schwanz zieht.


***


Oh nein,

Dir fehlt die Fantasie?

Zum Glück gibt es

Chat-GPT.


Künstlich nicken Köpfchen

am laufenden Bändchen

und wir treten auf der Stelle

wie ein Tippkick-Männchen.


Die Lyriklandschaft

ist längst gebrandschatzt

und wir ihre Zukunft:


Leserlos und zwanghaft.


Abgeschlafft, bald abgeschafft.

Ein Himmelskörper,

der sich blöd am Arsch kratzt.


Ich riech doch bis hier,

wie ihr schon verwest!

Versucht bitte nicht zu sterben,

während ihr den Absatz lest.


***


Macht euch lieber

euren eigenen Reim.

Das hier ist Battlerap

aus dem Behindertenheim.


Ich produziere Content,

vor dem man davonrennt,

sitze heulend am Schreibtisch,

während das Haus brennt.


Kostenlose Dichtung

ohne Kaufverpflichtung.

Für nur null Cent:

zwei Bit-Talent-Shit.


Ein Klick

und wir sind quitt.


***


Sorry, liebe Geldeintreiber,

bin anonymer Lyrikschreiber!


Könnte mit Reimen auf Kodein

auch Millionen verdienen,

doch lieber keepe ich die Scheiße real


- einer muss ja

die Klischees bedienen.


Mir doch egal,

ich bleib auf meiner Schiene

und schreib nur noch für mich

und den Geist in der Maschine.


 – klaatu –