Schatten im April



Am Himmel treiben Daunen,

die Sonne kommt und geht,

und nach des Schicksals Launen

verschwindet und entsteht


mein schweigender Begleiter,

der alles macht wie ich,

als Freund und Wegbereiter

am Boden kriecht für mich.


Er lässt sich gleich entdecken

im milden Frühlingslicht. -

Doch probt es sein Verstecken,

so finde ich ihn nicht …



 – gummibaum –





 Das Grinsemännchen



 – Das Grinsemännchen geht umher,

sein Grinsen ist spektakulär,

geht irgendetwas in die Binsen,

sucht es als heil es zu ergrinsen.


Es grinst den Aufprall aus dem Sturz,

das lange Elend grinst es kurz,

es grinst die tiefste Tiefe seicht,

das Schwerwiegende grinst es leicht.


Es grinst, was mächtig ist und groß,

auf runter und bedeutungslos.

Grinst Tropfen aus dem Regenschauer,

zuweil‘n auch Tränen aus der Trauer.


Es grinst ein Schlecht in jedes Gut,

die Feigheit grinst es in den Mut,

grinst stets ein Zwecklos in den Zweck.

Ich hoff‘, es grinst sich selbst bald weg!



 – niemand –



 


Auktion



 – Ich biete mit, mir läuft der Schweiß

Es bietet laut mein Nebenmann

Der Auktionator nennt den Preis

Den ich noch grad so zahlen kann

 

Der Küchentisch von Pastor Luther

Verschollen war er lang gewesen

Auf diesem strich der Martin Butter

Und schrieb die 95 Thesen

 

Ansonsten war das Ding wohl echt

Und mein Gebot, das reichte glatt

Man nennt mich auch mit Fug und Recht

Den Fachmann, der den Durchblick hat

 

Ich schaut‘ ihn mir von unten an

Dann nahm das Drama seinen Lauf

Da klebte fest ein Zettel dran

«Bei Möbel Schulz ist Schlussverkauf»

 


 – Volker Teodorczyk – 





Der heilsame Ort



 – Mein Zoo hat schattig kühle Wege

und felsig wilde Freigehege.

Reptilien, Vögel und Primaten,

und neuerdings auch Potentaten,

genießen allerbeste Pflege.


Schimpanse, Donald und Gorilla

bewohnen eine Käfigvilla,

in der auch Xi und Kim logieren,

und Orang-Utans dominieren.

Doch reicht als Wärter ein Chinchilla.


Die Mischung macht’s. Das zarte Lausen

der Affen hat die Herrscherflausen

im Fell der heiklen Potentaten

entspannt, und sie sind gut geraten:

Man schaukelt, um nicht aufzubrausen.


Auch Recep drängt mich nun schon länger:

«Wo bleibt mein Potentaten-Fänger?»

Und Wladimir ist wie von Sinnen,

weil wir die Treibjagd nicht beginnen. –

Mein Zoo ist groß, doch es wird enger …



– gummibaum –



 


Aprilscherz


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 – Verschwitzt hast du in meinem Bett gelegen,

Und neben dir lag eine Eintrittskarte,

Ich sah dich links den dicken Zeh bewegen,

Worauf der alte Fensterladen knarrte,


Sich langsam öffnete und offen blieb,

Dein Schatten huschte wehend aus dem Fenster

Und rief zurück: «Huhu, ich hab dich lieb!»

«Ich liebe, wenn es sein muss, auch Gespenster»,


Gab ich dir zu verstehen, «aber ja,

Vor allem die, wie du, mit Eintrittskarte!»

Da war das Ding besprochen und geschah.

(Wobei der alte Fensterladen knarrte.)



 – Peter Welk –





 Die Kuh 

von Bauer Fietjen


( Kindergedicht )


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 – Eine Kuh im Morgenlicht

frisst, was andres tut sie nicht.

Sonne scheint ihr aufs Gehörn,

Nachbars Ochse hat sie gern.


Fliegt ein Vogel hin zur Kuh,

brüllt sie zur Begrüßung «Muh!»

Pfeift der Vogel ihr ein Liedchen,

pfeift auch eins der Bauer Fietjen,


der kommt morgens auf die Wiese,

fragt die Kuh: «Wie geht’s denn, Liese?»

Zärtlich kneift er sie ins Ohr,

hüpft die Kuh ihm dann was vor,


macht Geschlenker mit dem Schwanz

und verjagt den Mückentanz.

Bauer Fietjens Traktor knattert,

ist zur Scheune fortgerattert.


Wenn der Tag zu Ende geht,

hat die Kuh sich umgedreht,

läuft den Sonnenstrahlen nach,

stellt sich unters Scheunendach.


Bauer Fietjen schiebt die Kuh

in den Stall, die Tür schlägt zu.

Liegen da im Stall verknäult

junge Hunde, einer heult.


Schnelle Katzenaugen blinken,

Kuh lässt laute Pupser stinken.

Wenn die Nacht gekommen ist,

träumt sie, dass sie weiterfrisst.


Krabbeln aus den Ecken Spinnen,

kann ein neuer Tag beginnen,

und die Kuh im Morgenlicht

frisst, was andres tut sie nicht.



 – Peter Welk –





Vorausgicht



 – Planung, sagt man, sei das halbe Leben.
Wie zum Beispiel: sich ein Gläschen Wein,
einer Dame einen Edelstein
und dem Chef (dem Arsch) ein Lächeln geben.

Selbst ein Blinder plant die besten Wege
und der Stumme sagt sie sich voraus.
Gute Bürger bauen sich ein Haus
und der Mörder kauft sich eine Säge.

Ganz besonders bei den hehren Zielen
hat der Mensch meist einen Plan im Sinn:
Marktanteile, Maximal-Gewinn,
ein verstecktes Blatt beim Kartenspielen,

Edelhölzer, geile Bodenschätze,
eine gute Lage fürs Projekt,
Friedensabschluss, wenn mit Nutzeffekt,
spaßeshalber nächste Kampfeinsätze.

Fragst du nach der zweiten halben Seite,
bist du sicherlich ein Moralist.
Heuchler, Dummkopf oder Utopist.
Spielverderber. Omen unsrer Pleite.


– Dirk Tilsner –


 


Diagnose: 

Möbelpoliturpsychose 



– Nichts stimmt im Leben mich so froh 

Wie honiggelbe Möbelpo- 

litur. 


Sie rettet meinen Tageslauf:
Ich schau beim Putzen kaum noch auf 
die Uhr. 


Mit ihr pfleg ich den Dielenschrank, 

Sowie die morsche Eichenbank 

im Flur. 


Desgleichen meinen ganzen Stolz, 

Die filigrane Ebenholz- 

figur. 


Und nebenbei verschönert sie 

In puncto Glanz und Fülle die 

Frisur. 


Doch ist mir um das Herz so bang, 

Ich muss ab Montag wochenlang 

zur Kur. 


Was mach ich bloß auf dieser Kur 

Ganz ohne Möbelpolitur 

denn nur? 



– Rudolf Anton Fichtl –