Restwärme
– Ein Text liegt offen.
Kein Schutz. Kein Glanz.
Nur das,
was nicht mehr schweigt.
Die ersten kamen mit weißen Handschuhen,
schnitten sich an Adjektiven.
Sie sagten:
„Interessant.“
Sie sagten:
„Strukturell fragwürdig.“
Dann fraßen sie nur den Anfang.
Der Rest blieb liegen,
wie ein Satz zu viel.
Später schlichen die Hungrigen heran.
Zungen aus Blech,
Augen wie leere Fußnoten.
Sie rochen nichts,
doch kauten gründlich.
Ein Mädchen pflückte sich ein Verb,
steckte es sich hinters Ohr.
Ein Alter schluckte eine Metapher
und schwieg den ganzen Abend.
Ich sah dir zu,
wie du das letzte Stück Bedeutung
vom Knochen löstest.
Mit den Fingern.
Langsam.
Fast zärtlich.
Und als nichts mehr blieb,
setzten wir uns
auf das warme Pflaster
und schrieben den nächsten.
– N. Valen –