Dezember 20, 2025



Auf Kollisionskurs



 – Ein Mensch, der sich Gedanken machte

und einmal um die Ecke dachte,

bekam fürs Leben einen Schreck,

denn sein Gedanke stieß ums Eck


mit einem anderen zusammen.

Es blieb zum Glück bei leichten Schrammen.

Der Denker dachte außer Haus

von da an stets geradeaus.



– Cornelius  



Dezember 19, 2025



Beim U-Bahn-Fahren



 ein- und ausgeschaltet
das Lächeln einer jungen Frau
im Hin und Her
zwischen einem gesprächigen Schräg-Gegenüber
und dem Handy in ihrer Hand


(als huschte mit den Drehungen ihres Kopfs
das Leuchten
fast im Sekundentakt
vom Bildschirm in ihr Gesicht
und wieder zurück)



 – Christian Fechtner – 


Dezember 18, 2025

 


Nostalgie auf Schienen



 – In gesellschaftlichem Kreise

wird das Wörtchen «Puff» ganz leise

nur genannt, da jedermann

Liebeslust und Liebeslaster

gegen eine Menge Zaster

käuflich dort erwerben kann.


Wird das Wort jedoch verdoppelt

und ans Schienennetz gekoppelt,

dann erscheint mit viel Elan

unter Dampf die hochgelobte,

altbewährte, krafterprobte,

treue Puff-Puff-Eisenbahn.


Mit ein wenig Sachverständnis

reift so langsam die Erkenntnis:

Zweimal Puff erfreut unbändig,

einmal Puff ist unanständig.



  In Erinnerung an 


 – Günter Nehm –




Dezember 17, 2025



mittelmeer



 – wir kreisten um den schlaf

seine dunkle rotation


die nächtliche furcht

wie obst ein nährboden zu werden

brutstätte, mückenlarven im blut


draußen die bloße hypothese: meer

schwarze kubatur, stumm geschaltet


drinnen ein metallischer zustand, angeregt

wir klinken uns ein in den lärm

tauchen hände blind in die mechanik

verankert im takt der fähre


endlich liegen, vollkommen symmetrisch

schwer und kühl wie das ausgelegte silber

wie die unberührten, gefalteten handtücher.



– Kol Deda –



Dezember 16, 2025

 


Gespräch mit dem Stein



 – Ich klopfe an die Tür des Steins.

«Ich bin's, mach auf.» (W. Szymborska)



Die Haltbarkeit klebt außen an den Dingen

als Zweck und Wert am Weltenmobiliar,

will auch der Sinnsuchgeist ins Tiefe dringen,

das Schöne zeigt sich oberflächlich wahr.


Und bohrt sich einer durch die Daseinsrinde

und hofft im Untergrund auf reichen Lohn

(die Kindernarretei vom Such-und-finde):

Er stößt auf Dreck und ein Das-gibt-es-schon.


Wir Außenseiter ohne Innenleben!

Wir steh‘n mit mehr als einem Bein im Sein,

zwar möchten wir zum Kern der Dinge streben,

doch graben uns nur in uns selber ein.



 – sufnus –



Dezember 15, 2025

 


Dachtänzer



 – Leise schleicht ein Pantomime,

schleicht sich vorwärts, auf dem Dach.

Ob sich solch ein Schleichen zieme?
Drüber denkt man doch nicht nach,

wenn man einen lecker Happen,

durch ein Schnappen haben kann.

Na, da hält man doch die Bappn
und pirscht sich genussvoll an.

Und der Happen dreht den Rücken

jenem Schleicher auch noch zu

(sowas muss man einfach pflücken!)
dabei singt das Tirilu

noch ein Liedchen frei nach Noten

welches es allein nur spürt.

Listig strecken sich zwei Pfoten –
Flatter, husch! Aus! Angeschmiert!

Vogel weg mit Brief und Siegel!

In dem Ohr noch den Gesang,

rutscht auf glatten Daches Ziegel
Richtung Erde was entlang.

Vorsicht, beim Herunterschweben,

Kater, dass da nicht was bricht!

Die besagten «Sieben Leben»

sind im Grund nur ein Gerücht!



 – niemand –



Dezember 14, 2025



Auf einer Liegebank



 – Auf einer Liegebank am Wald

ruht eine kindliche Gestalt

und wägt auf ihrem Angesicht

des kahlen Herbstes schönes Licht.


Die Jacke blau und weiß der Schal,

die Haare blond, die Lippen schmal.

Sie lächelt stumm, man sieht es kaum,

als ginge sie durch einen Traum.


Sie schließt die Lider und genießt,

wie weich die Ruhe sie umfließt,

das Holz der Bank sie trägt und hält

und sie ein Teil ist dieser Welt …



 – gummibaum –