Juli 09, 2025

 


Stille Wasser



 – Im schönen Wonnemonat Mai

verspürte einst ein Hammerhai,

dass Amors Pfeil auch dorthin dringt,

wo Neptun wild den Dreizack schwingt.


Ein Kribbeln zog ihm durch die Flossen,

doch nicht für einen Artgenossen:

Sein Blick hing schon seit manchen Wochen

verzückt an einem Nagelrochen.


Gespickt mit spitzen Dornfortsätzen,

war dieser schwierig einzuschätzen.

Zudem: Besagter Hai war neu

in jener Gegend und recht scheu.


Der Rochen, gleicher Herzensneigung,

war selbst ein Meister der Verschweigung.

So lebten beide still betrübt,

im Bandeknüpfen ungeübt.


Gezeiten wogten auf und nieder,

der Wind, die Möwen sangen Lieder,

und zwischen Hai und Nagelrochen

war immer noch kein Wort gesprochen.


Der Hammer traf den Nagel nicht,

so dass - der Schluss vom Lied ist schlicht -

das Paar, einander vorbestimmt,

nun doch getrennte Wege schwimmt ...



 – Cornelius –



Juli 08, 2025



 wenn du mich rufst



 – wenn du mich rufst
halte ich ein und den Puls
im Takt deiner Wogen
mein Kompass zeigt wieder
traumwärts geradezu ins Herz
der Weite die mir freie Sicht
und Horizont verspricht
das unverfälschte Spiel der Elemente und
auch Trost in deinen Liedern voller Gischt
all das was ich an Land nicht finde

wenn du mich rufst, kehre ich heim
zu mir
als Teil von dir und
jedem Wesen das durch deine Tiefen zieht
auf dieser Reise ist mein Kurs
schon längst bestimmt
ich lass mich treiben



 – Dirk Tilsner –



Juli 07, 2025



Kätselmus



Sonnenvorhofgeflimmer

ein Einknickmoment

Kopfüberparcours


Deine Fingerbeere zeichnet

in blickdichten Credogärten Méline

ein züngelndes Herzchen


dass jener der mitliest

verstandesumstandserleichtert

uuh hmmmm


Kätselmus


ist doch unmöglich … nicht wahr …

soo ein weicher Vokal …



 – sufnus –



Juli 06, 2025

 


Im Wind



 – Du kannst nicht vor dir selber fliehen

und nimmst dich mit auf fernen Wegen,

wie Wolken übers Wasser ziehen,

mal weiß und manchmal voller Regen.


Die Luft ist voll von ihrem Knistern,

sie türmt sich bis zum Wolkenbauschen,

du hörst die Wellen leise wispern,

bist frei und möchtest niemals tauschen.


Und auf den Meeren fliegen Schiffe,

sie ziehen mit dir in die Weite,

umfahren Lande, steile Riffe.


Du suchst nach deiner andren Seite,

erlebst die Schönheit, hörst das Klagen -

auf das dich viele Morgen tragen!



 – Heike –



Juli 05, 2025



Die Posaunen von Jericho


«Witze aus der Bronzezeit» 



 – Die Wissenschaft sorgt manches Mal für Staunen.

Jüngst war die Presse von der Meldung voll:

Vor Jericho erklangen die Posaunen,

so gilt es nun als sicher, in d-Moll.


Man forschte in den heiligen Berichten,

hat Josua, Kapitel sechs, studiert.

Vers zwanzig half, die Dunkelheit zu lichten.

Dort steht: Die Mauern wurden d-molliert …



 – Cornelius –





als um nach hause



 – fettige schiebetür

die fingerabdrücke kann man noch riechen

und dazwischen das ziehende

licht wie ein schlauch aus seide

und innen eine stadt aus briefen gebaut

die straßen aus quecksilber

tragen sich selbst aus ihrer haut

und münden dein mund rostrote zärtlichkeit

ich habe dich vermessen vertraut

ist deine fingerkuppe am rand des himmels

es ist fast wie ein zerbröseln

du bist ein star aus violett blauen wasserfällen

ein metall aus zuckerguss

so selten wie eine umarmung

nach hinten.



– seefeldmaren –



Juli 04, 2025

 


Sommer 2118



 – Herrlich war des Sommers Größe,

die vor hundert Jahren prangte.

Anders als die Wüstenblöße,

die Europa bald erlangte.


Damals lag man noch an Seen,

und erging sich nachts auf Festen.

Heute blühen hier Kakteen

zwischen bleichen Knochenresten.


Nur ein Dichter kann durch Tränen,

die er trinkt, noch überdauern,

während Geier und Hyänen

schon vor seiner Höhle lauern …



 – gummibaum –