Unterm Strich


(Fatras)


 

 – In jeder stummen Seele
reift längst die rote Zahl.

In jeder stummen Seele
erinnern die Befehle
der Zeit ans Wahllokal.
Die Stimme der Querele
zertrümmert die Kanäle,
denn nichts ist so normal
wie Löcher im Portal.
Dank seiner Parallele
versinkt der Ton im Saal,
und im Verlies der Kehle
reift längst die rote Zahl.



 – FrankReich –





Au, wei! 

Sprach der Papa Gei



 – Kind, was hast du nur für Nöte,

du monierst gern mein Geschrei,

willst, dass ich voll Zauber flöte?

Dabei bin ich, Papagei,


nicht die Nachtigall am Weiher!

Muss ich mich denn dafür schäm,

dass ich gern mit Mama geier –

haben alle Nachwuchs-Eier

mit den Eltern ein Problem?


Papagena, Tochter, Täubchen,

gestern, auf der Palme, saß

neben dir ein Typ mit Häubchen,

der dir aus der Kralle fraß.


Schnabuliert habt ihr, mit Wonne

und ich hörte all den Stuss,

den er dir versprach. Oh, Sonne,

stehst du jetzt auf Kakadus?


Diesem Kerl fehlt manches Schräubchen,

dazu dieser Siegerton.

Mieser Überflieger, Täubchen –

Der wird nicht mein Schwiegersohn!



 – niemand – 



 


Halbwertszeit



 – Im Urlaub fuhr Familie P.

nach Norden mit dem Pkw

und lebte dann in Dänemark

am See im Holzhaus recht autark.

 

Sie aßen täglich gut und frisch

aus eignem Fang gegrillten Fisch

und außer Störungen durch Mücken

schien die Erholung gut zu glücken.

 

Am Urlaubsende nach drei Wochen

sind sie zur Heimfahrt aufgebrochen

und endlich nach sehr vielen Staus

erreichen sie das eigne Haus.

 

Es schmerzt nach langer Fahrt der Nacken,

doch gilt es, Koffer auszupacken

und jede Menge Tragetaschen

verschmutzter Wäsche wegzuwaschen.

 

«Oh Gott!», ein spitzer Schrei der Mutter.

Die Blumen sind jetzt Trockenfutter,

dafür ist das Parkett gegossen –

ein Fenster war nicht gut verschlossen.

 

Beim Abarbeiten ihrer Post

bekommen sie fast Schüttelfrost.

Nur Rechnungen sind in den Briefen

und die Erhöhung von Tarifen.

 

Sie fühlen sich sofort gestresst,

ein Mäusenest besorgt den Rest.

Im Nacken immer noch ganz steif

sind sie schon wieder urlaubsreif.



 – Stefan Pölt –



 


Verzehrende Liebe



 – Die Liebe ist beileibe nicht

bloß eine reine Leibespflicht,

jedoch mit vollem Bauch

geht die Liebe auch.


Und willst du mit mir Liebe wagen,

dann führt die Liebe durch den Magen,

dann lieb ich dich mit Haar und Haut,

denn gut geliebt, ist halb verdaut!


Wen immer ich zum Liebsten wähl,

den liebe ich: from nose to tail.

Es zielt darum mein Liebesplan

von Shangri-La nach Ämirstan,


und zur Erhöhung deiner Reize

lieb ich dich ohne Würz' und Beize

und nehme bei der Liebeskür

zu guter Letzt dich ganz zu mir.


Dann sind wir zwei ein Unikum:

du innendrin, ich drumherum.



 – sufnus –




 

Tageslaunen



 – Heute trug der Tag bei sich

einen Sack mit Launen -

als ihm eine draus entwich,

konnte ich nur staunen.


Plötzlich wirkte er so hell,

anders als am Morgen.

Könnte ich, eventuell,

mir davon was borgen?


Fragte ich, erneut erstaunt

über meinen Geber

und bemerkte, gut gelaunt:

Läuft durch meine Leber,


jetzt noch nicht mal eine Laus -

welch ein Tageswunder!

Mittags gab, in meinem Haus,

mir der Tag dann Zunder.


Noch ein Läunchen, liebes Kind?

Fragte er, geschliffen.

Ich, wie große Kinder sind,

hab gern zugegriffen.


Bald war meine Laune da,

aber eine miese.

Der Tag grinste: Oh, la, la,

ohne Expertise


lässt sich niemand darauf ein -

fehlt es an Gespür?

Da warf ich, in meiner Pein,

ihn schnell aus der Tür.


Abends stand, mit seinem Sack,

er erneut und sprach:

Hab ein Läunchen, nach Geschmack -

greif doch zu, komm, mach!


Und so griff, zum letzten Mal,

ich zum Angebot -

diesmal eine gute Wahl,

denn im Abendrot


saßen wir zwei, Hand in Hand -

haben viel gelacht.

Bis der gute Tag entschwand,

tief im Schwarz der Nacht.



 – niemand –



 


Fremdenfeindlich?



 – Bin weder Schmied noch Leichtathlet

Bei jedem Lauf komm ich zu spät

Und Luftballons kann ich kaum tragen

Du darfst gern Schlappschwanz zu mir sagen

 

Und schäm‘ mich trotzdem nicht und esse

Nur fleischlos und am liebsten Kresse

Ich stochre gerne im Salat

Mit roter Beete, bissfest, zart

 

Wie liebe ich den Löwenzahn!

Schön angemacht, im Hungerwahn

Dazu noch Möhren, nur die schlanken

Das ist gesundes Kräftetanken

 

Was meine Lust noch mehr erregt

Ist frischer Spargel, selbst erlegt

Ach, wie’s beim Schälen lustig flutscht!

Als Nachtisch wird er nur gelutscht

 

Doch Steak vom Rind nach Gaucho Art

Bulgur Gerichte, fluffig zart

Cevapcici? Da geh ich laufen!

Doch Baklava, die würd‘ ich kaufen

 

Auch hass‘ ich Döner und auch Sushi

Couscous Salat von Nachbars Uschi

Zigeunerschnitzel, all den Mist

Doch bin ich deshalb ein Rassist?



 – Volker Teodorczyk –



 


Reif und reifer



Gut ist es, wenn wir früh begreifen:

Im Leben geht's darum zu reifen!

Der Mensch befindet sich auf Erden

Nur zu dem Zwecke, reif zu werden.


Bereits mit sechs wirst du gepackt:

Schulreife heißt der erste Akt!

Steht später dir der erste Steife,

Spricht man von der Geschlechterreife.


Dann geht's um Bildungsgrade pur:

Erst mittelreif, dann Abitur.

Danach – ob Studium, ob Lehre –

Ist man jetzt reif für die Karriere.


Bald kommen Frau und Kinder dran:

'Nen güld'nen Reif steckst du dir an,

Und ständig wirst du reif und reifer

Und leider täglich etwas steifer.


Und eh' man's noch so recht begreift,

Ist man dann völlig ausgereift

Und wird am Ende etwas faulig.

Das ist dann weniger erbaulich.



 – Fritz Pfeiffer –