Verdacht
Meine Stiefcousine Christel
trieb sich lange Zeit in Bristol
auf den Straßen rum – ich denk, sie
ist der ominöse Banksy.
– Stefan Pölt –
– gewöhnt an heimatlosigkeit
die wie der eselsschrei
am abend
mich einhüllt sitze ich
am wohlbekannten tisch
und auch mein lächeln ist euch
wohlbekannt
noch werde ich dazugezählt
hebe noch das glas
auf die gesundheit
und das glück
spreche noch
mit alten worten
doch wart ich auf den wind der mich
gemeinsam mit dem schrei des esels
verweht in einen abend
auf den kein morgengrauen folgt
– charlotte van der mele –
– so gerne fall ich
in dein butterblumenlächeln
betracht ich deine altersweisen
hände um zu wissen: suchte
ich ein wenig tiefer noch ich
fände dort die wurzel deiner
stets bescheidnen wärme - wünschte:
sie zu fächeln sie einzuatmen so
als lauen sommerwind unter
dem zelt der sterne brächte
mich dir zurück als jenes
enkelkind und jene nächte
in denen wir zu zweit
dem dunkel trotzten jene
tage als wir einander
mehr warn als genug uns
singend in den wäldern
neu erfanden. es versanden
jedoch die erinnerungen
das wovon wir so durchdrungen
dass wir damals tanzten
dort wo andere bloß
standen ach, wir fanden
wunder unter jedem toten blatt
nun such ich es - jahrzehnte
später - auf dem bild von dir
schwarzweiß und matt
– claudia neubacher –
– Wenn wir nun die Fakten checken,
zählen wir auf unsren Wegen
all‘ die vielen nackten Schnecken,
die das Bild des Sommers prägen.
Sind wir dann bei 24,
ist der nächste Check schon fertig:
Manches neue T-Shirt spannt sich,
und der Träger lächelt bärtig.
Nackig oder angezogen,
ob es trocken oder nass war –
dieses Jahr führt jeder Bogen
hin zum Modewort «unfassbar».
– Didi.Costaire –
– Sieht‘s der Mond auch jeden Abend,
Guckt er doch zum Fenster rein,
Drinnen flackert rot die Lampe,
Und man wechselt einen Schein.
Eine Hose wird in Falten
Über einen Stuhl gelegt,
Während sich ein tiefer Seufzer
Zwischenmenschlich fortbewegt.
Eine Spinne lässt sich fallen,
Und ein Seidenfummel fällt,
An der Wand im Schnörkelrahmen
Guckt ein Engel in die Welt.
Eine Fülle von orangen-
farbener Verkäuflichkeit
Legt sich auf das Vorgeprüfte
Und erwartet den Bescheid.
Ein Gebet auf schmalen Lippen
Wird im Himmel überhört,
Und ein Schicksal steht im Zimmer
Irgendwie herum und stört.
Ein ermunterndes: «Was ist denn!»
Aus der Ecke mahnt zur Lust,
Und das Schicksal fährt zusammen
Und entscheidet: «Franz, du musst!»
Sieht‘s der Mond auch jeden Abend,
Guckt er doch zum Fenster rein,
Drinnen fällt beherzt ein Schicksal
Auf ein anderes herein.
– Joe Fliederstein –
– Dirk Tilsner –