Gesetzt den Fall



Gesetzt den Fall, ich hieße Hubert

und fänd das Leben ziemlich öd,

und ferner hieß ich auch noch Schubert,

sprich: Hubert Schubert. Das wär blöd.


Gesetzt den Fall, ich hätte Schuppen

und Nagelpilz am großen Zeh,

dann wär das Riesenquatsch, denn Schuppen

und Nagelpilz hab ich ja eh.


Gesetzt den Fall, ich wär mein Bruder,

wer wäre dann, so frag ich mich,

jetzt wird’s allmählich immer kruder,

wer wäre währenddessen ich?


Gesetzt den Fall, ich wär ein Rettich

und übte täglich Kontrabass

in einer Gärtnerei, dann hätt ich …


Ich glaube, wir beenden das.



– Rudolf Anton Fichtl –





 Im Bunde



– Im Vorgarten steht eine Rose

(ihr Rot sticht hervor aus dem Schmutz

der Hausmauer) in einer Pose,

als suche sie Rückhalt und Schutz,


vor jeglichem Wetter und Lage.

Die andern Gewächse stehn krumm,

gebeutelt bei Nacht wie bei Tage,

die Rose haut scheinbar nichts um,


kein Regen, kein Wind und kein Schauer,

nicht eines der Blättchen, das fällt,

als lebten hier Rose und Mauer

in einer gesonderten Welt.



– niemand –



 


Roxane


Song aus – Weit übers Meer und dann links 
Swing-Spiel für einen Schauspieler und einen Pianisten

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Roxane, meine Schöne, du, ich konnte
Nicht länger warten,
Du, ich flieg schon mal voraus,
Gestern Abend warst du alles,
Warst die Sehnsucht, warst die Zeit …
 
Hinter allen Zeiten warst du,
Und beim Wolkenschieben warst du
Aller Unsinn, alle Schönheit,
Du, ich fliege eine Acht …
 
Unter mir schwimmt eine Insel,
Flieg ich weiter, flieg ich tiefer?
Alle Farben seh ich unten,
Farben, die ich noch nicht kenne …

 Ach, Roxane, meine Schöne,
Seh ich dich da unten wedeln
Mit den Händen, meine Schöne?
Du, ich fliege erst mal weiter,
Immer weiter, immer weiter ….

Irgendwo lass ich mich tief und tiefer fallen,
Und dann lieg ich zwischen Muschelkalk und Quallen …

Irgendwo malt mir die Sonne einen Fleck
In den Sand, dort bleib ich, oder ich lauf weg …
 
Irgendwo bin ich vielleicht nach links gebogen,
Oder hab mich an Lianen hochgezogen …

Irgendwo erwartet mich ein Inselstück,
Und dort sitz ich dann eventuell im Glück …


– Peter Welk –


 


Senryu #1 



Die Zeit schlägt Wellen 

Ich setz Segel in den Sturm 

Das Festland kentert 



– Morphea –



Treffpunkt Alexandrowka 

(für Heike) 


– Erinnerst du dich? Weißt du noch? Na klar!

Die Zeiten, die wir unbeschwert verbrachten. 

Wenn‘s manchmal nichts zu lachen gab, wir lachten! 

Weil dann die graue Werkstatt bunter war. 


Wir kamen ziemlich weit, und offenbar 

Auf Wegen, die wir nicht im Traum bedachten. 

Das Altern kann man dabei so betrachten: 

Wo sich heut‘ Wolken spiegeln, störte Haar. 


Verdammt lang her! Ein Fetzen Jugend reißt 

Sich täglich los von uns. Nichts wird sie halten. 

Quatsch! Wer zu früh flennt, den bestraft ... Das heißt: 


Trotz ein paar Kilo mehr und Lächelfalten, 

Das Foto mit uns beiden drauf beweist, 

Im Grunde sind wir ganz und gar die Alten! 



– Dirk Tilsner –





Zum Abschied 



– Sie beugte sich am Bahnsteig vor 

Und flüsterte ihm was ins Ohr; 

Kein Liebesgruß, sie hauchte nur: 

«Denk morgen an die Müllabfuhr!» 



– Stefan Pölt –





Und alles angelt 



– Und wiederum hat alle Welt 
Sich durch der Wochentage Kreis gehangelt. 
Damit es sich gesund erhält,
Fährt alles raus aufs Land – und alles angelt. 


Du folgst im Schatten der Allee
Dem Kind, das fröhlich mit Gefährten rangelt. 
Du sitzt auf einer Bank am See,
Wo alles sich vergnügt – und alles angelt. 


Ein Schwan das Haupt ins Wasser tunkt, 

Er ruht in sich – das ist es, was dir mangelt: 

Es fehlt dir jener feste Punkt,
Um den sich alles dreht – und alles angelt. 



– Martin Möllerkies –