Hmhm



– An Regentagen bin ich gern zu Hause
Und schreibe mir ein längeres Gedicht
Und gebe meiner ganz privaten Flause
Durch ein bedeutendes Gesicht – Gewicht.
        
Die erste Strophe füll’ ich mit Natur:
Der Regen prügelt die Kastanienbäume,
Ein alter Schäfer deutet seine Träume,
Und alle Wiesen wechseln die Frisur.

In Strophe zwei folgt dem ein Du–zu–Du:
«Für solches Wetter muss man Kinder haben.»
«Du meinst?» – «Hmhm!» – «Wir sollten einen Knaben?»
«Hmhm!» – «Hmhm, ich ziehe die Gardine zu.»

Ich könnte weiterschildern, dass, und wie das Dass
Dann hinter der Gardine, aber nein,
Nur das: Der Regenknabe wurde was.
Die dritte Strophe soll Fermate sein –

Ich wiederhole mich in Strophe vier:
Die Wolkenknoten werden aufgezogen,
Die Schnecken warten auf den Regenbogen,
Und irgendwo verführt ein Kavalier.

In Strophe fünf geh’ ich mir auf den Leim:
An Regentagen bin ich gern zu Hause,
Der Himmel schickt mich in die Daseinspause,
Ich dümmle, lümmle, leg mich hin und lause
Mir selbst das Fell und suche einen Reim.


– Joe Fliederstein –


 


Krimskrams 



 – Im Wesentlichen hast du, was du brauchst,
Vor allem, wenn du nicht der Jüngste bist.
Dein Hausstand wirkt komplett und trotzdem kaufst 
Du manchmal dies und das, was du vermisst. 


Ein großer Anteil Mist ist wohl dabei, 

Wie du im Lauf der Jahre registrierst. 

Dein Hab und Gut enthält halt allerlei 

Objekte, die du ständig ignorierst. 


Sie lagern teils im Schrank und teils in Kisten. 

Sporadisch räumst du auf, um das, was stört, 

Fein säuberlich und gründlich auszumisten. 


An andren Tagen suchst du ganz beflissen 

Ein Teil, das dir seit eh und je gehört,
Und findest nichts. Du hast es weggeschmissen. 



– Didi.Costaire –



 


Raumgesichter 



 – gestern zeigte mein Zimmer 

sein friedliches Gesicht 

geborgen im weich machenden Licht 

eines Regentages 

verdösten wir
ein paar unordentliche Stunden 

heute morgen steckte die Sonne 

ihre Nase in die dunkelsten Ecken 

und grüßte mit «abgewohnt» 


dem Teppich sträubte sich sogleich die Wolle 

die Tapeten
machten einen Streifen mit
unter dem tastenden Sonnenfinger 

«die eckt an»
meinten die Wände
mit einem aggressiven Ausdruck 
«Fenster zu» rief ich –
der Vorhang hatte nichts dagegen 

Jetzt dösen wir wieder friedlich 

mein Zimmer und ich 



– niemand –



 


Im Fluss der Begegnungen



– eine Kinderstimme
wohnt in dem Hünen
der seinem vorausgeeilten Begleiter
etwas zuruft


kaum im Freien
kappt sie jede Verbindung
zu dem
den das Auge sieht



– Christian Fechtner – 



 


Was bleibt 



– Was wird von mir und dieser Sehnsucht bleiben, 

Wo doch so vieles ungelesen steht?
Was nützt es, meine Seele aufzureiben, 
Wenn niemand auf die Suche nach mir geht? 


Mit Eifer hab ich um das Wort gerungen, 

Von Metrik und Kadenzen oft geplagt; 

Hab Regen, Tod und Teufel gern besungen; 

All das, was mir mein armes Herz gesagt. 


Zum Dichten ist der Mensch nun mal geboren. 

Er schreibt, er leidet, lacht und weint und trinkt. 

Und küsst ihm Καλλιόπη auf die Ohren, 

Verrät sie nicht, ob Hohn, ob Ehre winkt. 


Drum lach ich nur und lass euch Spötter schwafeln – 

Im Himmel werde ich mit Goethe tafeln. 



– Andrea M. Fruehauf 



 


Bitte alle mal herhören 



– Dem Förster trieft das Schmalz aus beiden Ohren, 

Der Gästeblock erstarrt im Kollektiv,
Ein Fachjournal für Außenbordmotoren 
Wird abbestellt. Am Strand bei Tel Aviv 


Gibt’s nun schon seit fast Ende letzten Jahres 

Kein Schöller Eis mehr, nur Cornetto Nuss. 

Nach Auskunft eines Delmenhorster Paares 

Klemmt wieder mal der Rucksackreißverschluss. 


Ein Faschingskrapfen leckt, und währenddessen 

Ist Stromausfall in Ungarns Parlament, 

Ach ja, und um ein Haar hätt ich’s vergessen: 

Der Blutdruckreferenzwert wird gesenkt. 



– Rudolf Anton Fichtl –



 


Beamter auf Abwegen 



– Er ist Beamter, deshalb beamt er 

Sich gern heraus aus der vertrackten 

Behörde für verstaubte Akten,
In seine Actionworld. Dort mimt er 


Den Chef mit großem Apparat 

Und nicht bloß den Abteilungsleiter, 

Bleibt weder Paragraphenreiter 

Noch statisch-sturer Bürokrat. 


Nur Träume haben ihn bewegt. 

Statt Sachverhalte abzuwägen 

Wie auch Belege abzulegen, 

Hat er sein Phlegma so gepflegt. 



– Didi.Costaire –