Am Ende der bewohnten Welt
– Christian Fechtner –
– Wenn dieselben Leute,
die Texte schön finden,
die ich grauenhaft finde,
wenn dieselben Leute also loben,
was ich unter keinen Umständen für lobenswert erachte,
wenn genau sie meine Texte aber auch loben
und schön finden,
wie grauenhaft schreibe ich dann eigentlich?
– tulpenrot –
– Ich verlasse den Käfig
auf der Höhe
baumbeschnürte Weite
Schwalben malen fedrige Ellipsen in
kamillegesättigte
Luft
meine Lunge pumpt
Schönheit in verbrauchtes Blut
und in mein Herz
stehlen sich seltsam verliebte Triller
zeitlos
wartet die Katze im Blütengrün
Ich steige
wieder in den Käfig
– Andrea M. Fruehauf –
– Ick bin een orjinales Schwerjewicht,
Naturbelassen, im Jeruch vaführend,
Die Sehnsucht scheuer Seelen schürend
Nach Mann. Und ick verleugne nicht
Mein loderndes Verlangen, wenn een Weib
Mir jradezu entgegenkommt und haucht:
«Nimm mir und leg mir hin!» Denn raucht
Der Schornstein überm Haus, und ihren Leib
Seh ick im Rauch zum Anjebot verwirbeln,
Und wenn die Contenanz nicht weiter stört,
Darf mir det Weib im Oberstübchen zwirbeln
Und ick een Mann sein, wie et sich jehört.
– Joe Fliederstein –
– Ein Reiskorn ging auf Reisen
mit anderen im Sack,
wie es in seinen Kreisen
halt üblich ist, und – zack!
schon flog das Korn von Thailand
nach Lissabon, Paris,
Sevilla oder Mailand
ins Einkaufsparadies.
Und käme es aus Aden,
es läg am selben Tag
im ersten besten Laden
in Frankfurt oder Prag.
Nun harrte es für Stunden,
wahrscheinlich aber mehr,
der Kundinnen und Kunden,
doch bald kam irgendwer.
Der kaufte auch noch Brause
nebst Bockwurst, extra lang
und lagerte zu Hause
den Reis im Vorratsschrank.
Dort war es kühl und finster,
und alles stand herum,
der Schwarztee aus Westminster
wie Soda medium.
Danach vergingen Wochen,
bevor der Mann beschloss,
ein Reisgericht zu kochen,
das er zum Wein genoss.
So ist das Schicksal eben.
Ein Reiskorn, das verreist,
das hat kein gutes Leben
und wird profan verspeist.
Dann geht es durch den Magen
samt Darm und Pipapo
und ohne große Klagen
geradewegs ins Klo.
– Didi.Costaire –