Anders 



– Es hilft kein Leugnen und kein Lügen. 

Ich muss mich der Bestimmung fügen. 

Ja, ich mag Blut und selten Bier. 

Ich bin ein einsamer Vampir. 


Bei Kurzen sag ich selten nein. 

Einsfünfzig sollten sie schon sein. 

Erobere auch Bluter gerne.
Nach Longdrinks seh ich Mond und Sterne. 


Und auch mein Sohn ist gut geraten. 

Er übt schon mal an Fleischtomaten. 

Und wirft sich dann in Beißerpose 

Beim Lochen der Kondensmilchdose. 



– Volker Teodorczyk –



 


Die Eloquenz der Augenbrauen 



– Die Lockerheit von Stahlbeton 

Wird angeregt durch Explosion, 

Durch Beben oder Kriegsbestand – 

Ansonsten bleibt er steif-verspannt. 


Dem Zartgefühl der Kettensäge 

Steht meistens irgendwas im Wege, 

Zur vollen Blüte kommt es nur 

Beim Fräsen einer Eisfigur. 


Die Poesie der Kläranlage 

Entzieht sich jeder Gegenfrage, 

So bleibt auch weiterhin der Wert 

Der Lyrik völlig ungeklärt. 


Versagensangst der Pädagogik 

Besiegt man nicht mit reiner Logik, 

Vielmehr mit Können und Niveau. 

Warum? Das ist halt einfach so! 


Die Eloquenz der Augenbrauen, 

Um noch den Titel einzubauen, 

Hat spätestens ihr Coming-Out, 

Sobald sich was zusammenbraut. 



– Stefan Pölt –



 


Splitter



– früh am Morgen 
schmuggelte der Schienenbus
das Tuten seines Signalhorns
in den Kinderschlaf:
genug für ein paar selige
Sekunden des Auftauchens
zwischen Traum und Traum


– Christian Fechtner –



 


Diagnose: Möbelpoliturpsychose 



– Nichts stimmt im Leben mich so froh 

Wie honiggelbe Möbelpo- 

litur. 


Sie rettet meinen Tageslauf:
Ich schau beim Putzen kaum noch auf 
die Uhr. 


Mit ihr pfleg ich den Dielenschrank, 

Sowie die morsche Eichenbank 

im Flur. 


Desgleichen meinen ganzen Stolz, 

Die filigrane Ebenholz- 

figur. 


Und nebenbei verschönert sie 

In puncto Glanz und Fülle die 

Frisur. 


Doch ist mir um das Herz so bang, 

Ich muss ab Montag wochenlang 

zur Kur. 


Was mach ich bloß auf dieser Kur 

Ganz ohne Möbelpolitur 

denn nur? 



– Rudolf Anton Fichtl –





heben und senken


– nur kurz heute
hob sich
die nebeldecke
der sonne entgegen
gab mir die ahnung
von wärme
auf kühlem laub
und die sicht auf
bewaldete bergrücken
verwandelte krähen
von rufen zu schatten
bevor sie sich senkte
und mit ihr
die stille kam


– Claudia Neubacher –








– Ein Esel stört ein Straßenbild
Und zwar, indem er mittendrin
Herumsteht und sich Esel schilt,
Der störend auf ein Straßenbild
Zu wirken nicht umhin
Und -her kann mittendrin.




Hunger


– Zuckerschneckchen Marmelinde,
kühl mal ab! Und zwar geschwinde!
Noch vor Tag und Taille messen
wirst du fort sein. Aufgefressen.



– Andrea M. Fruehauf –