Hunger
– Andrea M. Fruehauf –
– Du, ich fühl mich ungelogen
magisch zu dir hingezogen,
seit ich dich beim Bäcker traf.
Millionen Moleküle
überschäumender Gefühle
rauben mir den Schönheitsschlaf.
Du, ich stopf mir schon seit Wochen
Spritzgebäck und Liebesknochen
in den Aphroditenbauch,
doch es hört nicht auf zu brodeln,
und ich werd vor Freude jodeln,
wenn du sagst, du spürst es auch.
Du, ich möchte mit dir kuscheln,
dir vertraut ins Öhrchen nuscheln:
«Du bist nicht wie Kunz und Hinz!»
Will von deinem Apfel beißen
und für dich Schneewittchen heißen,
denn du bist mein Märchenprinz.
Du, ich würde dir erlauben,
die Regale abzustauben
und ich bügle dir sogar
ohne merkliches Befremden
die türkisgestreiften Hemden
für ‘nen Kuss als Honorar.
Du, ich möchte mit dir streiten,
dich zum Fußballspiel begleiten
nach verlorner Kissenschlacht,
pflück dir bunte Tausendschönchen,
schenk dir Töchterchen und Söhnchen.
Willst du sieben oder acht?
– Claudia Bräutigam –
Lieber Gott, ich sah dich gestern kommen
Gradewegs zur Kneipentür herein.
Anfangs glaubte ich, es könnt ein Irrtum sein,
Denn ich sah dich zwar, doch sah ich dich verschwommen,
Und dein Gang, entschuldige, war mehr ein Wanken,
Und das ließ mich rundherum im Glauben schwanken.
Doch dann hast du zu den Himmelsachsen
Dich ins Lot gebracht und aufrecht kamst du her,
Nichts von Wanken oder Schwanken sah ich mehr,
Vielmehr schiens, als sollten dir jetzt Flügel wachsen,
Und wie dir – mir auch! So dass wir Schleifen flogen
Kneipenauswärts und vereint gen Himmel zogen.
Möglich, dass wir bis zur Himmelspforte kamen,
– Peter Welk –
– Aron Manfeld –
– Der Saft des ausgepressten Lebens einer Apfelsine
tropft auf das H20 das im liquiden Aggregat
in glasumhüllter Leere wartet um sich zu verbinden
und einen letzten Weg in meinen Mund zu finden
Die Füße laufen quiklebendig und recht froh
ins Meer und trennen fleißig Molekülstrukturen
Milliarden Jahre drängen mir durch alle Zehen
um Gischt aus Zeit mir ins geleerte Glas zu wehen
– Morphea –
– Der Tod ist heute wundersamer Laune.
Er schreitet summend über warme Hügel,
Am Hut ein Sträußchen flüsternder Alraune,
Verdreht sich kurz vor eines Steines Spiegel
Und putzt verschmitzt mit munterem Geraune
Dem nächsten Engel einfach so die Flügel.
Des Nächtens hielt er Ernte, welche Wonne!
Er schnitt und mähte, löschte ein paar Kerzen,
Vergatterte die beinerne Kolonne
Wie aufgeräumt, um hie und da zu scherzen.
Er fächelt sich ein Wölkchen vor die Sonne
Und ruht ein wenig, pflegt die alten Schmerzen.
Zum Abschied winkt er einmal noch den Linden.
Sie rauschen leise, ohne je zu klagen,
Und sehen ihn im nahen Wald verschwinden.
Schon bald ertönt sein emsig lautes Schlagen.
Er eilt sich, um aufs Neue zu befinden
Und lässt den Wind die Kunde weiter tragen.
– Andrea M. Fruehauf –