Von Dieben, Räubern und Mördern



 – Die Steppe ziert, nach altem Brauch,

gelegentlich ein dürrer Strauch.

Und was, wenn nicht?, hör’ ich euch fragen.

Dann hat der Strauchdieb zugeschlagen.


Zitronentee schmeckt gut, doch passen

Zitronen meistens nicht in Tassen.

Drum braucht der Mensch in jedem Alter

die Dienste der Zitronenfalter.


Im Sommer kann man, statt zu schwitzen,

bequem auf einer Parkbank sitzen.

Und wenn die Parkbesucher stehen?

Dann gilt: Ein Bankraub ist geschehen.


Der Mörder kam, das Opfer schlief.

Doch als der Mörder lauthals rief,

hat er zu Tode es erschreckt:

Ein schwerer Rufmord war perfekt.


Was tönt der Glockenschlag so dumpf?

Was riecht es nach getrag’nem Strumpf?

Hier kommt die Antwort auf die Fragen:

Die Käseglocke hat geschlagen.


Von der Geliebten angestiftet,

hat einer seine Frau vergiftet.

Der Polizei entgeht das nicht:

Jetzt steht er vor dem Pilzgericht.


Im Haushalt darf ein Dieb nicht fehlen:

Im Notfall geht er für uns stehlen.

Doch mancher Dieb ist schlicht zu groß:

Ein Taschendieb – das wär’ famos.



– Martin Möllerkies –



 


Sommerschnee



 – Rasiere mich und trinke schwarzen Tee.

Zwei Tauben kämpfen draußen um den Platz,

Genau wie wir es taten, ferner Schatz:

Am Ende war die Liebe Sommerschnee.


Die Kissen riechen immer noch nach dir,

Nach Kirschbaum, der auf Meereswiesen wächst …

In dich hineingetaucht bin ich, verhext

Von deiner kalten Wärme, schien es mir


Als sei die Welt nur für uns beide da …

Obwohl: In Wirklichkeit ist das nicht wahr!

Du warst für mich doch bloß nur zum Gebrauch!


Auch wenn mein Mund seit Tagen trocken ist …

Den Spiegel trifft mein Zigarettenrauch.

Ob du wohl wieder deinen Exmann küsst?



 – Aron Manfeld –



 


Impressionen eines Sommers 



– Der Saft des ausgepressten Lebens einer Apfelsine 

Tropft auf das H2O das im liquiden Aggregat
In glasumhüllter Leere wartet um sich zu verbinden 
Und einen letzten Weg in meinen Mund zu finden 


Die Füße laufen quicklebendig und recht froh 

Ins Meer und trennen fleißig Molekülstrukturen. 

Milliarden Jahre drängen sich durch alle Zehen 

Die Gischt aus Zeit mir ins geleerte Glas zu wehen. 



– Morphea – 



 


… sieben Jahre später



 – Die Stümpfe schwarz, sie gleichen Leichensteinen 

Auf einem Grabfeld in Verlassenheit.
Die Toten selbst beklagen stumm ihr Leid,
Als Spukgestalten mit verkohlten Beinen. 

Nur zögernd macht sich wieder Farbe breit. 

Die Blüten hier und dort, so will es scheinen, 

Wird irgendwann ein grüner Teppich einen. 

Die alte Weberin, sie lässt sich Zeit. 


Der neue Wald, er wird vom Wind getragen, 

Im Schoß der Asche sachte Stöße wagen, 

Bis eines Tages erste Blätter winken. 

Dann wird er sich gebären und in Kreisen 


Die unzählbaren Wunder in ihm speisen 

Und schließlich Licht in seinen Wipfeln trinken. 



 – Dirk Tilsner –


 


Versuch über die Angst



Die Alten stellten sich

die Angst feinstofflich vor

Georges Ungar quälte Ratten

in dunklen Labyrinthen

mit Strom


Ihre pürierten Gehirne

injizierte er Mäusen um diese

das Fürchten zu lehren

wie ich gestern

vor dem Einschlafen las



– sufnus –







Ach, ihr …



 – Ihr habt mich lange klettern lassen

Am Regenrohr zu euch hinauf,

Die Nachbarsleute auf den Gassen

Besprachen meinen Lebenslauf,


Der dritter Stock mit einem Griff

Ins Leere enden würde, weil

Ich Griff für Griff ein Tönchen pfiff,

Nicht wie ihr denkt per Hinterteil,


Im Gegenteil, ich pfiff das Lied

Vom süßen Lohn nach langer Pein,

So musste denn mein Appetit

Im Dachgeschoss gewaltig sein!


Und, ach, der eure war es minder nicht …!

(Darüber schreibe ich euch

nächstens ein Gedicht.)



 – Joe Fliederstein – 


 


sommernachtsgeschehen



 – von ferne klingt im nachhall bienensummen

es streckt ein weitrer heißer tag die müden glieder

und schickt im ersten kühlen hauch uns ein verstummen

er überlässt der nacht die große bühne wieder


im flug zerteilen fledermäuse abendlüfte

hinaus zieht's jene die in nächten gerne schwärmen

und hin an schwere geißblatt- und lavendeldüfte

an sinnestaumel sich das herz zu wärmen


nun heißt's die milden stunden gut zu nützen

die pflanzen sammeln tau die menschen träume

und unken sich an letzten waldrandpfützen

zikaden kleiden weiden mit geschäume


es fallen perseiden ungesehen

ein glühwürmchen allein funkt noch signale

schon bald endet das sommernachtsgeschehen

in sanftem morgenrot und erstem sonnenstrahle


es kriechen nachtschatten zurück in ihre ecken

die fledermaus hängt längst im dachgestühle

und vogelsang tönt laut aus dichten hecken

in ein paar stunden schon herrscht wieder sommerschwüle



 – Claudia Neubacher –