Im Park


 – Raureifmorgen, erster Klang
sehnsuchtsweicher Kehlen
tönt, sich Winters Abgesang
vorlaut zu vermählen.


Ahornriesen wiegen stolz
Zauberparasiten,
und der Wind im Sandelholz
kost die ersten Blüten.

– Andrea M. Fruehauf –





Hilferuf

 
 
 – Ich melde mich verstört von meinem Platz
im Himmel für Gelegenheitspoeten,
hier dacht‘ ich das Gemurkse abzubeten
aus Schnörkeln, Blechmusik und Kaffeesatz,

das erdenwärts mir die Kollegenrunde
im öffentlichen Wortverkehr entbot
bis gestern. Und ich ihr. Nun bin ich tot,
und dem Großreinereimen schlägt die Stunde,

so meine Hoffnung. Aber, denkste, Blechpoet,
hier oben reimen sie auf Teufel komm!
(der kommt nicht, weil er selbst auf Reime steht)
die Engel hält der freie Rhythmus fromm …

Ich will hier raus! In einen andern Himmel!
Hört denn hier niemand mein Sonettgebimmel?


– tordilo –


 


Liebesspiel 



 – ein Eichhörnchen jagt
ein anderes Eichhörnchen 
wild durchs Gerippe
des Alleebaums:
zwei nackte Herzen kurz vorm Überschlag
in der toten Brust des Winters 



 – Christian Fechtner – 





Heut

 

– Hat er sich selbst verloren 

der Winter 
weggebrochen jede Härte 
das Eis im Blick 
vertaut 

Wie er behutsam
durch die Hasel geht
die grünen Kätzchen
liebevoll
in seinem Atem wiegend

ist er ein Mädchen 
ein Mädchen
ist der Winter heut


– niemand –



 

Gleiche Gier für alle!



– Paul Pütter ist vom Wesen her ein Reh,

ein scheues, wie es durch Romane springt

die Bächlein lang, derweil die Lerche singt;

und manchmal hüllt Paul Pütter auch der Schnee


in Jahreszeit und Stillvergnügen ein.

So pulst Paul Pütters Leben vor sich hin.

In seinem Schädel pulsen dick und dünn

die schönen Frauen zu Gesang und Wein,


wenn nach dem Winter ihn der Narrentrieb

zu Frohsinn und Enthemmung ruft, dann platzt

in Pütters Sein ein Knoten, Irrsinn kratzt

die scheue Seele auf … (wie Goethe schrieb:


Zum Rosenmontag juckt‘s in Zahn und Finger,

es schrumpft der brave Mann zum Lustmaulschlinger.) 



– tordilo –


 

Schneewittchens Rosenmontag



– Frau Schmidtchen geht zum Karneval als Flittchen.

Frau Schmidtchen ist ein Ausbund an Moral

normalerweise dort im Zillertal,

wo man sie kennt als Zillertalschneewitchen,


das couragiert den Zillertaler Kerlen

den Weisel gibt, wenn diese sie umgurren,

dann hört man Schmidtchens Kicherkatzenknurren:

Sie werfe vor die Säue keine Perlen,


es sei denn …! (Und es ist im Karneval,

dass im Schneewittchen seltne Säfte gären,

die rosenmontags ihm das Herz beschweren,

dann pfeift Schneewittchen hörbar auf Moral.)


Dann haut‘s Frau Schmidtchens Haltung in den Keller,

ihr schwillt ein Giergesicht plus Lustpropeller.



– tordilo –





 Neujahrsmorgen


 – Noch sitzt der Nebel im Genick,
noch trübt er nass den scheuen Blick,
verhüllt, was unschön und auch fein.
Ich könnte einfach glücklich sein.

Ein Reiher schreitet durch den Bach,
er sucht bedächtig, äugt gemach
nach Nahrung und nach Unterschlupf.
Ich esse meinen Gugelhupf.

So leise atmet dieser Morgen,
hält Glück und Unglück noch verborgen,
versteckt die Freuden und die Leiden.
Ich ahn’ das Schattenbild von beiden.

– tulpenrot –