Waldesfrust



 – Der Wald hat alles eingebüßt,

vom Wind zerzaust, vom Sturm gekämmt,

steht er im letzten Flatterhemd

und fragt sich langsam wie das ist,

in Winters Heim zu überleben.


Sein Zustand ist nicht mehr der beste,

die Äste knacken, an den Zweigen

will sich auch kaum noch Leben zeigen –

der Horizont, ein weißes Laken.


Sein Dasein, das in vollen Zügen

er einst genoss, ist wohl vorbei –

denken zwei Wolken, die grad schweben.

Es wundert sie, dass er kaum wettert,

hat er für solch ein karges Leben

doch eine Menge hingeblättert!



 – niemand –



 


Nafets 



 – König Nafets aus Ägypten, 

um genau zu sein Gizeh, 

suchte lange nach Gelübden 

seiner Vorfahrn an Gott Re. 


Er und seine Suchtrupps fanden 

schließlich Schriften nah der Sphinx. 

Nafets hat sie nicht verstanden, 

denn er las von rechts nach links. 


nehpylgoreiH eid re ßeil murD .

nefürp netrhelegtfirhcS ned nov 



 – Stefan Pölt –



 


Der November



 – Der November, kahle Bäume,

grau und nass ist diese Welt.

Leute leben nun für Träume

oder schlicht fürs Weihnachtsgeld.



 – Didi.Costaire –



 


Ostpark



graues Spätoktoberlicht
voll unbestimmter Erwartung


über laubgefleckten Wiesen
Tiefflug von Nilgänsen
die einander jagen
ausdauernd und mit scharfen Schreien



 – Christian Fechtner –



 


Gespenstergeplänkel


 – hören >>


 – Verschwitzt hast du in meinem Bett gelegen,

Und neben dir lag eine Eintrittskarte,

Ich sah dich links den dicken Zeh bewegen,

Worauf der alte Fensterladen knarrte,


Sich langsam öffnete und offen blieb,

Dein Schatten huschte wehend aus dem Fenster

Und rief zurück: «Huhu, ich hab dich lieb!»

«Ich liebe, wenn es sein muss, auch Gespenster»,


Gab ich dir zu verstehen, «aber ja,

Vor allem die, wie du, mit Eintrittskarte!»

Da war das Ding besprochen und geschah.

(Wobei der alte Fensterladen knarrte.)



 – Peter Welk –





unsichtbar



– heut war wieder einer jener tage
an denen ich unsichtbar
durch die stadt gehen konnte
inmitten der dichten menschenströme
schlenderte ich neben der zeit
die auslagenscheiben entlang
hangelte meine gedanken
mechanisch mit meinen blicken
von auslegeware zu hausmauer
zu auslegeware zu
hausmauer zu versunken
in mich
unberührbar für die außenwelt
im grau in grau des asphalts
lineare muster
denen ich folgte
bis zu dem punkt
an dem du mich angerempelt hast
und ich erkennen musste
dass ich einsam bin

unter vielen

 
– Claudia Neubacher –




Frühschicht



– Willi, komm!  noch eine Runde  

kleinet Pils und Appelkorn  

denn um fünf schlägt meine Stunde  

dann beginnt der Mist von vorn  


Willi, komm!  noch eine Lage  

und nich wieder soviel Schaum  

wenn ich jetzt «bezahlen!» sage  

reicht et noch für‘n kurzen Traum  


Willi komm!  noch fünf Minuten  

eine Füllung muss noch rein  

einmal noch die Kehle fluten  

und ich lass dat Drängeln sein  


Willi lass!  nun is et viere  

knapp nach fünfe muss ich raus  

und der Kumpel, der steht Schmiere  

denn ich penn im Stollen aus  



– Volker Teodorczyk –