Aktentasche im Regen



– An der Bushaltestelle steht ein Mann.

Heute regnet es.

Der Mann trägt eine Aktentasche.

In der Aktentasche ist es trocken und warm.

Der Bus hat Verspätung.

Der Regen wird immer stärker.

Der Mann ist auf dem Heimweg von der Arbeit.

In der Aktentasche sind wichtige Dokumente

und ein Teddybär.

Der Teddybär heißt Willi.

Er ist schon 42 Jahre alt.



– sufnus –


 


Zum Wohle!



 – Tuck, tuck! Was klopft denn da so froh,

als wollt mir wer was sagen?

Seit Tagen tönt das schon –


Oho!


Der Ton kommt aus dem Vertiko –

wird Zeit für ein paar Fragen:


Hallo, der du dort drinnen sitzt,

willst du dich nicht mal zeigen?

Ich sage es mal überspitzt:


Du machst dir was zu eigen,

was eigentlich nur mir gehört

und klopfst hier wie ein Specht –


glaubst du, das sei mir recht?


Was sagtest du?


Ach, nee, wie dreist!

Du meinst, du seist ein Flaschengeist,

vom Stamm der Mirabelle –

ich sei nicht helle, wie du meinst,

weshalb du mit Tuck-Tuck «erscheinst»?


Du weißt aus sichrer Quelle,

mein Oberstübchen sei so leer,

du willst nur Geist mir leihen?


Verdammt nochmal, so gib schon her –

man möge mir verzeihen!



– niemand –



 


in der B-Ebene



 – in der B-Ebene
hängt noch die ganze
stinkende Hitze
eines am Ende
hysterischen Sommers
der jetzt
sein letztes Aufgebot
auf Bahnsteigen versammelt:
erschöpfte Trägerinnen
von Trägerhemdchen
und Radfahrer
die ihren Rädern
eine U-Bahn-Fahrt spendieren


– Christian Fechtner –



 


Rosa Elefanten



Ist das hier

die Realität??


Gestern

hätte ich es

vielleicht noch gewusst,

aber heute


ist da ein Loch,

wo gestern noch

die Zimmerdecke war


und anstatt Wolken

wandern rosa Elefanten

über den Himmel.


– – –


Ist das hier

echt??


Ich hoffe nicht.


Denn Leute zerfallen

vor meinen Augen

zu Scherbenhaufen,


während sie mir Vorträge

über die eigene

Unzerbrechlichkeit halten


und draußen

an den Bahngleisen


knien sie massenweise

auf den Schienen,


um heranrasende Züge

anzubeten.


– – –


Ist das hier

die Wirklichkeit??


Was soll ich sagen?


Gestern

hätte ich es

vielleicht noch gewusst,


aber heute …?


Hört bitte auf zu fragen,


ich weiß es

doch auch nicht!



 – klaatu – 





 


Sommerregen



 – Siehst du, wie die Wolken dräuen,
scheinbar ruhn, sich nicht bewegen,
wie auf Federn Schweres tragen?
Bald schon wird ein Sommerregen
Dich und mich im Heu vertäuen.

Kannst du schon die Brise fühlen,
seltsam leicht, wie Schwalben fliegen,
wenn sie kreisend Mücken jagen?
Lass den Hut im Grase liegen
und den Wind dein Mütchen kühlen!

Komm, wir wolln einander spüren,
zeitlos, nur zur Liebe taugen,
bis wir uns nach draußen wagen,
Du mit nichts als hellen Augen,
ich im Kleid aus Perlenschnüren.



 – Andrea M. Fruehauf –





 willst was schreiben



willst was schreiben

huschpfuschswouuuuush!

so im musenabwesenheitsschreibdringlichkeitsdrang

schnapsidee das (weißt du doch)

kommt ja eh nix dabei raus

außer heißdampfhohlgeschossrohrkrepierern

fliegenschissaufpapieranmutungen

reimkeimbefreites intellektverquastes

freifahrtsversscheinblahblah

besser

du lässt es sein



 – Claudia Neubacher – 







Kleine Rotlichtballade 

 hessisch



 – Du hast Papiere nicht und Ahnen,

Du hast nur einen runden Leib,

Und die Behörden kratzen Kreuze

Betreffs: Festendlicher Verbleib?

 

Du hast in meinem Bett gelegen

Vorgestern Abend im August

Und hast gesagt: «Herr Nachbaa, gelle,

Se maches korrz, isch hob ko Lust.»

 

Und saß ein Vogel vor dem Fenster

Und hatte einen Ehrenplatz -

«Herr Nachbaa, sehn Se, unner Mensche

Iss doch es Edstle so‘n Schpatz,


Der fliescht erum un hockt am Erker

Un guckt enoi un hot ko Geld,

Des issen Schpatz un iss als solscher

Beliebt, gefiddert un gemeld.»

 

Du hast Papiere nicht und Ahnen,

Und übermorgen bist du tot,

Und vor den Fenstern alle Vögel

Spalieren dir im Morgenrot,

 

Und hinter Wolken schreibt ein dicker

Prophet dich ein in die Kartei.

«Herr Nachbaa, sehn Se, unner Mensche,

Do muss mer mindstens Engel sei.»



 – Joe Fliederstein –