Am Küchentisch
An
einem heißen Sommertag
bei
weit geöffneten Fenstern
mit
Blick auf den Gartenteich
und
plötzlich
ist der ganze Raum
erfüllt
vom
glitzernden Flügelschlag
einer
Libelle
– Einst ging die Liebe durch den Magen
Und ward bald der Verzweiflung nah,
Sie konnte einfach nicht ertragen,
Was sie auf diesem Wege sah.
Durch den Verdauungsbrei hier staksen,
Soll ich (das sei ja wohl ein Scherz!)
Und nach dem Gang noch mächtig wachsen?
Ab morgen gehe ich durchs Herz!
Im Herzen war ihr auch nicht wohler,
Das sie mit hohem Blutdruck schlug.
Sie rief dem Menschen: Komm und hol er
Mich raus! Hab von dem BUMM genug!
Jetzt irrt sie durch des Hirnes Rinde
Und hofft, in dessen Labyrinth,
Dass sich ein guter Ausweg finde –
Kann sein, dass sich auch keiner find‘!
– niemand –
– Vor seinem Schauspiel lässt er gerne warten,
Verzehrt, das Bühnenbild in einen Garten.
Bei seiner Pracht brauchst du nur zuzulangen.
Schlaraffenland! Aus jeder Blüte spritzt
Ambrosia und flutet dich in Schüben.
Der Liebreiz, der am Tag dein Blut erhitzt,
Hält dich im Arm der lauen Nacht gefangen.
Im Rausch bemerkst du kaum wie das Gefilde
Sich einfärbt und allmählich Glanz verliert.
Noch tanzt du unbeschwert, bis aus dem trüben
Gewölk ein Paukenschlag den Schluss taktiert.
Der Abend, kühler jetzt, ermahnt zur Milde.
– Dirk Tilsner –
– «Es gibt ein Vorbild, das mein Werk befeuert»,
So hör ich manchen jungen Dichter sprechen.
«Ich will ihm folgen, statt mit ihm zu brechen.
Wenn das gelingt, hab ich genug erneuert.»
Um solche Dichter mach ich einen Bogen.
Denn steht beim Schreiben nur das Alte Pate,
Sei mutig, Dichter, und zerschlag die Formen
Und lache Hohn den hergebrachten Normen:
Sonette schreiben ist total bescheuert.
– Martin Möllerkies –
– Vielleicht zählt Unsereins zum alten Eisen,
Vielleicht soll morgen schon Verschrottung sein,
Vielleicht schlägt Unsereins die letzten Schneisen
Und drängt sich einmal noch ins Leben rein.
Ich war zum letzten Mal vor tausend Jahren
Verliebt in eine längst vergessne Frau,
Ich weiß nicht mehr, ob wir im Himmel waren,
Wir wollten hin, das weiß ich noch genau.
Ich bin kein Mann von Welt und von Erfahrung,
Ich geh tagaus tagein im gleichen Hemd,
Und alle Wunder einstiger Behaarung
Hat mir die Zeit für immer weggekämmt.
Ich denke gern an jene Glücksmomente,
Da ich noch sagen konnte: Fünfzig – und?
Es geht dein Geist noch lange nicht in Rente,
Du brauchst noch lange keinen Ausgehhund!
Jetzt, da die Siebzig angefangen haben,
Nehm ich den Hund als gottgegeben an
Und lass mich gerne mit dem Hund begraben,
Wenn ich mich einmal noch verlieben kann.
– Peter Welk –
– Sie stand im Leben ihren Mann
Mitunter trotzig und auch stur
Nun schmiegen sich sechs Enkel an
So zog das Leben manche Spur
Sie schleppt sich mehr, als dass sie geht
Einst sprang sie über Zaungestänge
Nun steht die Lebensuhr auf spät
Ein Phänomen, wenn’s noch gelänge
Ihr müder Blick spricht tausend Bände
Und wie zerklüftet ihr Gesicht
Wie faltenreich sind ihre Hände
Doch sie verlor die Anmut nicht
Nicht ihren Stolz, nicht ihren Mut
Ihr graues Haar, wie es sie krönt!
Kein Farbton stand ihr je so gut
Die Zeit hat es gekonnt getönt
Doch nun verlässt sie Wille, Mut
Sich weiter einzubringen
Im Lebenskampf, doch tut’s auch gut
Mal nicht mehr kämpfen, ringen
Sie ist gefasst und steht bereit
Am dunklen Einweggleis
Dann steigt sie ein, es ist soweit
«Macht’s gut» vernimmt man leis … .
– Volker Teodorczyk –