Was bleibt 



– Was wird von mir und dieser Sehnsucht bleiben, 

Wo doch so vieles ungelesen steht?
Was nützt es, meine Seele aufzureiben, 
Wenn niemand auf die Suche nach mir geht? 


Mit Eifer hab ich um das Wort gerungen, 

Von Metrik und Kadenzen oft geplagt; 

Hab Regen, Tod und Teufel gern besungen; 

All das, was mir mein armes Herz gesagt. 


Zum Dichten ist der Mensch nun mal geboren. 

Er schreibt, er leidet, lacht und weint und trinkt. 

Und küsst ihm Καλλιόπη auf die Ohren, 

Verrät sie nicht, ob Hohn, ob Ehre winkt. 


Drum lach ich nur und lass euch Spötter schwafeln – 

Im Himmel werde ich mit Goethe tafeln. 



– Andrea M. Fruehauf 



 


Bitte alle mal herhören 



– Dem Förster trieft das Schmalz aus beiden Ohren, 

Der Gästeblock erstarrt im Kollektiv,
Ein Fachjournal für Außenbordmotoren 
Wird abbestellt. Am Strand bei Tel Aviv 


Gibt’s nun schon seit fast Ende letzten Jahres 

Kein Schöller Eis mehr, nur Cornetto Nuss. 

Nach Auskunft eines Delmenhorster Paares 

Klemmt wieder mal der Rucksackreißverschluss. 


Ein Faschingskrapfen leckt, und währenddessen 

Ist Stromausfall in Ungarns Parlament, 

Ach ja, und um ein Haar hätt ich’s vergessen: 

Der Blutdruckreferenzwert wird gesenkt. 



– Rudolf Anton Fichtl –



 


Beamter auf Abwegen 



– Er ist Beamter, deshalb beamt er 

Sich gern heraus aus der vertrackten 

Behörde für verstaubte Akten,
In seine Actionworld. Dort mimt er 


Den Chef mit großem Apparat 

Und nicht bloß den Abteilungsleiter, 

Bleibt weder Paragraphenreiter 

Noch statisch-sturer Bürokrat. 


Nur Träume haben ihn bewegt. 

Statt Sachverhalte abzuwägen 

Wie auch Belege abzulegen, 

Hat er sein Phlegma so gepflegt. 



– Didi.Costaire –



 


So der Plan 



Was werde ich nicht alles machen, 

Wenn ich erst mal gestorben bin! 

Mir kommen da schon tausend Sachen, 

Die noch zu tun sind, in den Sinn. 


Der Tod entbindet mich von Pflichten, 

Dann hab ich endlich Zeit am Stück 

Zum Lesen, Faulenzen und Dichten – 

Ruft mich die Pflicht, ruf ich zurück: 


Ich bin für keinen zu erreichen 

Und mache nur noch, was ich will! 

Das ist der Vorteil von uns Leichen – 

Für uns stehn alle Uhren still. 



– Stefan Pölt –







Fado-Abend



der unscheinbare herr dort auf dem stuhl – 

sieh nur die finger (!) zupfen
staunen in den saal 
irgendjemand räuspert sich umsonst
die stille siegt
nun spannt sich alles auf
in ihrer brust
es zittern
lid und lippen im akkord
verharrt der puls
ein letztes mal
aus ihrem innern steigt bestimmend eine erste 
woge moll ... darauf die zweite ... dritte (wuchtig jetzt)
dann reißt ein strom
aus abschied und erinnerung
das publikum ins meer
der weichen trauer
... kalt und fremd jeder Ort ...
später singt sie überkommt
sie wieder sehnen nach 
dem duft von salz und kardamom
an seinem hals
am nebentisch die dame wischt sich eine träne 
die letzte woge bricht
applaus 


– Dirk Tilsner – 





Am Meer 



– Das letzte Haus liegt hinter uns. Dem Knick 

Der Straße folgend sind wir bald im Grünen. 

Auf krummen Pfaden geht es durch die Dünen, 

Dann weitet sich auf einmal unser Blick. 


Da liegt der Strand, gestreckt und menschenleer, 

Die See ist grau, nur in der Ferne blasser. 

Wir stapfen vorwärts, stehen jetzt am Wasser 

Und schauen auf das wildbewegte Meer. 


Da hebt sich eine Woge aus der Rinne 

Und baut sich auf und nähert sich dem Strand, 

Und brausend schwillt sie an, betäubt die Sinne 

Und steht vor uns als eine große graue Wand, 


Hält ein Momentchen inne –
Und bricht dann und schlägt donnernd auf den Sand. 



– Martin Möllerkies –



 





Sirenengesang



 Liebster Herbert, manchmal träume

Ich entschlossen vor mich hin:

Dass ich Herrenwäsche säume,

Dass sich mir die Kellerräume 

Deines Daseins öffnen mögen,

Dass wir dort zusammenzögen

Wie die Siebenschläferpärchen

In den alten Liebesmärchen,

Dass ein Kellereckchen heimelt,

Dass sich ein Gedichtchen reimelt,

Und du liest die lieben Zeilen,

Und du musst dich nicht beeilen,

Kannst in Ruhe mich bedichten

Und derweil die Dinge richten,

Die da noch zu richten wären,

Wenn wir uns im Ungefähren 

Nackt und unsichtbar verlören,

Ach, ich will es nicht beschwören,

Doch, ich ahn’ es, das Verpackte 

Schön ist‘s, schöner ist das Nackte,

Denn ich sah sie in Gedanken

Oft in Nacktheit: Deine schlanken

Herrenbeine neben meinen

Und mit meinen sich vereinen.

Herbert, pst! Das leicht Gesagte

Ist das besser nie Gewagte,

Weil: Mein Vater will den Fritz,

Der zwar schon den Alterssitz

Eingenommen hat, jedoch

Pfeift er auf dem letzten Loch.

Wenn er mir auch nicht gefällt,

Sitzt der Fritz doch auf dem Geld,

Und ich könnt ihn bald begraben

Und so die Millionen haben …


Du nimmst unterdessen dir 

die dicke Liese,

Denkst an mich, Geliebter, 

und entjungferst diese …



– Joe Fliederstein –